Lyon. Der Stürmer erzielt beide Treffer zum 2:1 gegen Irland. Duffy sieht erste Rote Karte des Turniers

Seine Mitspieler bedankten sich noch auf dem Platz bei ihm, Kollege Dimitri Payet küsste ihm sogar den linken Schuh. Antoine Griezmann hatte Frankreich vor dem Aus gegen tapfere Iren bewahrt und die Équipe tricolore ins Viertelfinale der Heim-EM geschossen. Der Bayern-Schreck drehte beim 2:1 (0:1)-Sieg der französischen Nationalmannschaft mit einem Doppelpack binnen 225 Sekunden den frühen 0:1-Rückstand. Die Iren waren mit einem Foulelfmeter von Robbie Brady nach 119 Sekunden in Führung gegangen. Die französischen Fans sangen beim Verlassen des Stadions die Marseillaise und riefen immer wieder: „Vive la France“. Frankreich lebt!

Mit Gruß an die wenige Monate alte Tochter Mia ließ sich Griezmann feiern. Als der Schlusspfiff ertönte, fiel vom „Man of the Match“ die Last spürbar ab. „Man hat gesehen, wie schwer es gegen die Iren ist. Wir genießen das jetzt einfach. Ich weiß, was ich draufhabe, und wenn es zählt, bin ich da“, sagte der Doppel-Torschütze. Schnell verschwanden die siegreichen Franzosen in der Kabine, die tapferen Iren genossen die letzten EM-Minuten traurig, aber stolz vor ihren singenden Fans.

„Wir hatten im zweiten Abschnitt mehr Präsenz im Angriff, zuvor waren wir nach dem Rückstand doch etwas verspannt. Danach haben wir das Stadion zum Vibrieren gebracht. Das ist nicht leicht, in einem solchen Turnier das Spiel zu drehen. Wir sollten auch weiter ein wenig verrückt und leidenschaftlich sein“, sagte Trainer Didier Deschamps.

Die Partie hätte für die Franzosen nicht schlimmer beginnen können. Die letzten Klänge der Marseillaise waren kaum verstummt, da hallte ein gellendes Pfeifkonzert durch das Stade de Lyon. Nach einer ungestümen Attacke Paul Pogbas an ­Shane Long entschied der italienische Schiedsrichter Nicola Rizzoli auf Strafstoß. Brady, der sein Team mit dem Siegtreffer im letzten Gruppenspiel gegen Italien überhaupt erst ins Achtelfinale köpfte, ließ Frankreichs Torwart Hugo Lloris keine Chance, der Ball prallte vor den Tribünen mit den irischen Anhängern vom Innenpfosten ins Tor. Frankreich lag zum ersten Mal bei dieser EM zurück. Es war das zweitschnellste Tor der EM-Geschichte und für die Gastgeber der zweite Gegentreffer im Turnier – wieder vom Elfmeterpunkt. Den schnellsten Treffer bei einer EM-Endrunde erzielte der Russe Dmitri Kiritschenko 2004 beim 2:1-Erfolg über den späteren Europameister Griechenland.

Deschamps hatte auf die Startelf des Eröffnungsspiels (2:1 gegen Rumänien) gesetzt und nahm im Vergleich zum letzten Gruppenspiel drei Veränderungen vor: Unter anderem kehrten N’Golo Kanté, der die zweite Gelbe Karte sah und im Viertelfinale ebenso fehlen wird wie Adil Rami, und Olivier Giroud ins Team zurück.

Franzosen gewinnen erstes K.-o.-Spiel seit 16 Jahren

Nach dem Rückstand verstärkte die Équipe tricolore ihre Offensive und kam dank Griezmann und Pogba zu einigen Torgelegenheiten, doch Irlands Torhüter Darren Randolph war erneut ein sicherer Rückhalt. Auf der anderen Seite nutzten die Boys in Green jede Möglichkeit zur Entlastung und hatten durch Daryl Murphy (21.), Shane Duffy (41.) und James McClean (52.) gute Konterchancen.

Mit Kingsley Coman für Kanté stärkte Deschamps zur zweiten Halbzeit das Angriffsspiel. In der 58. Minute wurden die Franzosen für ihr Engagement belohnt: Nach einer Flanke von Bacary Sagna erzielte Griezmann mit seinem zweiten Kopfballtreffer im Turnier zunächst das 1:1. Nur drei Minuten später war der Offensivspieler nach Kopfballablage Girouds erneut zur Stelle und brachte die Franzosen, die seit der EM 2000 kein K.-o.-Spiel mehr gewinnen konnten, in Führung. Griezmann hatte schon in der Champions League gegen den FC Bayern entscheidend getroffen. Nach der Roten Karte für ein Foul von Duffy waren die Iren besiegt. André-Pierre Gignac hatte in der Schlussphase noch Pech mit einem Lattentreffer.

„In der Pause war es ganz schön laut bei uns in der Kabine. Wir haben uns angeschrien, weil wir wussten, dass wir besser spielen müssen. Das hat geholfen“, verriet Griezmann.

Frankreich: Lloris – Sagna, Rami, Koscielny, Evra – Pogba, Kanté (46. Coman, 90.+3 Sissoko), Matuidi – Griezmann, Giroud (73. Gignac), Payet.
Irland: Randolph – Coleman, Keogh, Duffy, Ward – McCarthy (72. Hoolahan), Hendrick – Brady, McClean (68. O’Shea) – Long, Murphy (65. Walters).
Tore: 0:1 Brady (2., Foulelfmeter), 1:1 Griezmann (58.), 2:1 Griezmann (61.). Schiedsrichter: Rizzoli (Italien). Zuschauer: 56.279. Rote Karte: Duffy nach einer Notbremse (66.). Gelbe Karten: Kanté (2), Rami (2) – Coleman, Hendrick (2), Long (2). Statistik: Torschüsse: 25:6, Ecken: 9:1, Ballbesitz: 63:37 Prozent, gewonnene Zweikämpfe: 104:78.