Halle/Westfalen. Zverev hatte den Rekordchampion Federer besiegt. Im Finale gegen Mayer konnte der Hamburger aber nicht an seine Leistung anknüpfen.

„Grashüpfer“ Florian Mayer hat sein Comeback nach monatelanger Verletzungspause mit dem größten Erfolg seiner langen Tennis-Karriere gekrönt. Der Rasenspezialist aus Bayreuth setzte sich im Finale des ATP-Turniers von Halle/Westfalen gegen Youngster Alexander Zverev 6:2, 5:7, 6:3 durch. Der Teenager aus Hamburg wartet damit weiter auf seinen ersten Titel auf der Profitour.

Mayer verwandelte nach 1:55 Stunden nicht immer hochklassigem, aber stets spannendem Tennis seinen fünften Matchball zum zweiten Turniersieg seiner Laufbahn und sank vor Glück auf die Knie. Den ersten hatte er 2011 beim kleinen Sandplatzturnier in Bukarest gefeiert. Erst im April war Mayer nach einem Sehnenanriss an den Adduktoren und sieben Monaten Auszeit auf die Tour zurückgekehrt. Das Jahr 2014 hatte er wegen einer Schambeinentzündung beinahe komplett verpasst und sich zum Fitnesstrainer ausbilden lassen.

"Das hat mir heute total viel Spaß gemacht. Ich war nicht sicher, ob ich überhaupt weiterspiele, jetzt stehe ich hier als Sieger. Das kann ich noch nicht fassen", sagte Mayer.

Der Teenager aus Hamburg war nach seiner zweiten Finalniederlage auf der ATP-Tour sichtlich enttäuscht. Nach dem grandiosen Halbfinalsieger über Rekordchampion Roger Federer hatte sich Zverev große Hoffnungen auf seinen ersten Profititel gemacht.

Dennoch zeigte der 19-Jährige Größe in der Niederlage und gratulierte Mayer fair: "Du hast phantastisch gespielt und verdient gewonnen." Mayer sprach seinem jungen Kontrahenten Mut zu: "Ich habe meinen ersten Titel erst im fünften Anlauf geholt. Mach dir keine Sorgen. Dir gehört die Zukunft."

Wieder in den Top 100

Durch den Triumph bei den Gerry Weber Open streicht Mayer 386.925 Euro Preisgeld ein und springt am Montag von Platz 192 auf 80 - das Karriereende, über das sich der 32-Jährige in den vergangenen Monaten Gedanken gemacht hatte, ist vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben.

Zverev darf sich nach seinem zweiten Finale - das erste hatte er im Mai in Nizza gegen den Österreicher Dominic Thiem verloren - mit 181.720 Euro Preisgeld und der nächsten Stufe im ATP-Ranking trösten. In Wimbledon (ab 27. Juni) gehört er erstmals zu den 32 gesetzten Spielern. „Das ist wichtig in einer jungen Karriere“, sagte Zverev.

Gegen Mayer knüpfte er nicht an die berauschende Leistung seines Halbfinalerfolgs gegen den Schweizer Rekordchampion Roger Federer an. Vor den Augen seiner Familie - Vater Alexander senior, Mutter Irina, Bruder Mischa und Oma Natalia saßen in der Box - startete Zverev nervös und gab seinen Aufschlag durch zwei Doppelfehler zum 2:4 ab. Frustriert schmiss er den Schläger.

Mayer mit der besseren Taktik

Der zweimalige Wimbledon-Viertelfinalist Mayer nutzte Zverevs Unmut mit all seiner Routine und Klasse auf dem schnellen Platz aus. Mit seinem Rückhand-Slice zwang er den 1,98 m langen Schlaks Zverev tief in die Knie und bewies, dass seine unorthodoxe Spielweise besonders auf Rasen noch immer mit dem hohen Tempo der nächsten Generation mithalten kann.

Im zweiten Satz bäumte sich Zverev, unterstützt von der Mehrzahl der 11.500 Zuschauer, noch einmal auf und wehrte sogar zwei Matchbälle ab. Doch Mayer blieb seiner Taktik treu. Die fehlende Schlaghärte kompensierte er wie schon im Halbfinale gegen Thiem, indem er Zverev über den gesamten Platz schickte.

Dabei war Mayer stinksauer nach Ostwestfalen gereist, weil er von den Turnierveranstaltern trotz seiner Verdienste um das deutsche Herrentennis keine Wildcard erhalten hatte. „Das regt mich richtig auf, darüber bin ich wirklich enttäuscht“, hatte der ehemalige Weltranglisten-18. nach seinem Auftaktsieg gesagt. Mit seinem „Protected Ranking“, einer Ausnahmeregelung der ATP für lange verletzte Spieler, rückte Mayer ins Hauptfeld. Bis zu diesem Jahr war Mayer in Halle fünfmal im Viertelfinale gescheitert.