Hamburg. Barcelonas Präsident Josep Bartomeu zu Besuch in Hamburg

    Einen besseren Blick auf das bunte Treiben des Hafengeburtstags gab es kaum: Auf der Dachterrasse des Hard Rock Cafés an den Landungsbrücken saß geballte Fußballprominenz bei Steaks mit Kartoffelbrei. Josep Maria Bartomeu, 53, weilte nicht in seiner Funktion als Präsident des FC Barcelona in der Stadt, sondern als Chef des Unternehmens Adelte, das Passagierbrücken für Kreuzfahrtschiffe verkauft – natürlich auch in Hamburg. Doch der HSV-Vorsitzende Dietmar Beiersdorfer nutzte auf Vermittlung von HSV-Präsident Jens Meier die Gelegenheit zu einem mehrstündigen Austausch mit Bartomeu. In den Gesprächen ging es unter anderem um Nachwuchsarbeit. Ein Gegenbesuch in Barcelona wurde fest vereinbart.

    Hamburger Abendblatt: Herr Bartomeu, wie oft waren Sie schon in Hamburg?

    Josep Maria Bartomeu: Sicher schon zehn-, zwölfmal, aber das erste Mal während des Hafengeburtstags. Sehr beeindruckend, ich wusste nicht, welche Ausmaße die Feierlichkeiten haben.

    Neue Spieler für den HSV haben Sie aber nicht im Gepäck? Vergangenes Jahr gab es ja Gespräche über Alen Halilovic.

    Bartomeu (lacht): Nein, nein.

    Wie gut kennen Sie den HSV denn?

    Bartomeu: Ich weiß einiges. Hamburg ist der einzige Club, der immer erstklassig war. Ein bedeutender Verein mit vielen Mitgliedern und einer großen Stadt dahinter. Ich wünsche Ihnen, dass wir sie bald wieder in der Champions League begrüßen dürfen.

    Danke für die frommen Wünsche. Es dürfte noch etwas länger dauern...

    Bartomeu: Du weißt nie. Denken Sie an Englands neuen Meister Leicester. Im Fußball ist alles möglich.

    Auch, dass Barcelona ausnahmsweise nicht die Champions League gewinnt....

    Bartomeu: Zwei Siege in der Primera División, und wir sind spanischer Meister. Sollten wir dann noch die Copa del Rey gegen den FC Sevilla gewinnen, wäre es eine fantastische Saison.

    Auch ohne Europas Titel?

    Bartomeu: Ich empfehle Ihnen einen Blick in die Geschichtsbücher. Das Double zu gewinnen, ist uns erst sechsmal gelungen. Aber selbstverständlich lautet unser Anspruch, vor jeder Saison ein Team zu formen, das in der Lage ist, alles zu gewinnen.

    Im Finale der Champions League sind zwei spanische Teams vertreten, Sevilla kann zum dritten Mal in Folge die Europa League gewinnen. Ist die Primera Division derzeit die beste Liga Europas?

    Bartomeu: Natürlich! Für mich sogar die beste Liga der Welt. Mit sehr wettbewerbsfähigen Teams und Spielern, auch wenn die englische Premier League derzeit mehr Geld generiert.

    England ist Ihr größter Rivale?

    Bartomeu: Für Barcelona definitiv, nicht nur bezogen auf die Einnahmen sondern auch auf die internationale Aufmerksamkeit.

    Abgesehen von den Millionen: Was macht den Unterschied aus zwischen einem guten und einem sehr guten Team?

    Bartomeu: Reich zu sein bedeutet ja nicht, automatisch alles gewinnen zu können. Im Sport treffen Talent, Strategie und nicht zuletzt Philosophie aufeinander. Die Sportgeschichte ist vollgestopft mit Beispielen für Überraschungen. Ich nenne noch mal Leicester. Oder den Titel von Atlético Madrid in Spanien 2014 – mit einem geringeren Etat als beispielsweise Barcelona. Für uns ist es elementar, unsere Philosophie vom Fußballspiel von der Jugend an zu lehren.

    Welche Rolle können die Bayern und Dortmund in Europa spielen?

    Bartomeu: München ist für mich einer der weltbesten Clubs, und auch Dortmund gehört zu den Top zwölf in Europa. Wir verfolgen die deutsche Liga sehr genau. Was Organisation, Management und nachhaltiges Wirtschaften betrifft, sind die Vereine beispielhaft.

    Ihr früherer Trainer Pep Guardiola hat es nicht ins Finale geschafft. Jetzt wird in Deutschland über seine Arbeit diskutiert. Ihre Meinung?

    Bartomeu: Ich bewundere Pep als Coach – und er hat bei Bayern München einen sehr guten Job bemacht. Dreimal das Halbfinale der Champions League zu erreichen, ist schwierig, glauben Sie mir. Auch mit Barcelona stand er immer mindestens im Halbfinale der Champions League, zweimal holte er den Titel. Das sagt einiges aus über seine Arbeit als Coach.

    Sie konnten die Arbeit von Carlo Ancelotti bei Real Madrid verfolgen. Passt er als Nachfolger zu den Bayern?

    Bartomeu: Pep ist als Trainer ein Genie, der sicher auch in Manchester viele Dinge verändern will. Carlo hingegen ist ein intelligenter Coach und clever genug, die guten Dinge zu behalten und seine eigenen Elemente hinzuzufügen.

    Haben Sie Ihren besten Spielern schon Ketten angelegt, wenn Guardiola sie zu seinem neuen Club Manchester City locken will?

    Bartomeu: Absolut nein! (lacht) Wir haben keine Angst, unsere Spieler sind sehr glücklich bei uns. Ich freue mich für City-Sportdirektor Txiki Begiristain, der ja früher auch viele Jahre für Barcelona gespielt hat. Pep und er werden ein starkes Duo bilden.

    Sie bewegen jede Saison Millionen um Millionen. Barca hat inzwischen einen Umsatz von über 600 Millionen Euro. Wo ist die Grenze erreicht?

    Bartomeu: Ganz ehrlich? Ich sehe kein Limit. Fußball ist weltweit die Sportart Nummer eins, wir haben in den sozialen Netzwerken 235 Millionen Follower. Barcelona ist ein globaler Club und will das auch fördern. Jeden Tag gewinnen wir mehr Sympathisanten.

    Sie sind bis 2022 als Präsident gewählt. Was wollen Sie mit Barcelona erreichen?

    Bartomeu: Im sportlichen Bereich gehen wir viele Projekte an wie die Erneuerung unseres Stadions oder eine Arena für Basketball. Als eine unserer Hauptaufgaben sehe ich aber genauso an, über unsere Stiftung Kindern zu helfen. In 2015 haben wir weltweit über eine halbe Million Kinder unterstützt, ob in ihrer Ausbildung oder beim Sport. Einen Teil unserer Einnahmen in die Gesellschaft zu investieren und Solidarität zu leben, das gehört zu Barcelona wie das Streben nach Titeln.