Hamburg. Paradox: Der Reiter-Weltverband torpediert die Global Champions League, akzeptiert aber die Global Champions Tour. Was dahintersteckt.

    Wenn an diesem Freitag um 18 Uhr die mit 200.000 Euro dotierte Global Champions League ihre Hamburg-Premiere erlebt, präsentiert sich der internationale Springreitsport von paradoxer Seite: Die sonst in Klein Flottbek aktiven Parcoursbauer, Richter und Tierärzte müssen das Feld für gut zwei Stunden räumen. Ersatzweise tritt neues Personal auf den Plan. Vernunft sieht anders aus.

    Hintergrund dieser absurden Konstellation ist ein handfester Streit zwischen dem Reiter-Weltverband FEI und den privaten Veranstaltern der Global Champions Tour mit dem früheren Profi Jan Tops aus den Niederlanden an der Spitze. Die locken die Stars allein in dieser Saison mit fast 20 Millionen Euro Preisgeld. Der Weltverband spricht von einer illegalen Privatisierung des Sports und befürchtet einen Attraktivitätsverfall der eigenen Turniere – weil denen die Weltbesten wegen der finanziell starken Konkurrenz immer öfter fernbleiben.

    Gerichtsprozesse laufen, einstweilige Verfügungen sind unterwegs

    Die millionenschwere und vom Schweizer Uhrenhersteller Longines unterstützte Global-Champions-Serie ist in Flottbek am Freitag und Sonnabend mit 500.000 Euro dotiert, einem Mehrfachen der Derbyprämien. Während das Einzelspringen der Global Champions Tour vom Weltverband offiziell genehmigt ist, wird die jetzt neu geschaffene Mannschaftswertung der Global Champions League torpediert. Für Außenstehende ist der Unterschied schwer nachvollziehbar.

    Gerichtsprozesse laufen, einstweilige Verfügungen sind unterwegs. Beteiligen sich Richter, Tierärzte und andere Funktionäre an der League, sollen sie mit Sperren belegt werden, auch für die Olympischen Spiele. Der Zoff gärt schon lange und droht den Springreitsport zu spalten. Mancher befürchtet Verhältnisse wie beim Boxen mit unterschiedlichen Organisationen, Regularien und Wettbewerben. Das ist so, als würde es in einem Jahr mehrere Fußball-Weltmeisterschaften geben – von unterschiedlichen Ausrichtern.

    „Eine Spaltung wäre furchtbar“, sagte Derbychef Volker Wulff, „wir müssen weiter an einem Strang ziehen.“ Beide Widersacher sollten die möglichen Konsequenzen überdenken, sich „zügig an einen Tisch setzen“ und eine Lösung finden. Vom Weltverband erwarte er „mehr Flexibilität“.

    Deutsche Reiterliche Vereinigung unterstützt die Position des Weltverbandes

    Die Deutsche Reiterliche Vereinigung FN, eine Art Bundesverband der Springreiter, unterstützt die Position des Weltverbandes. Ihr bleibt auch gar nichts anderes übrig. „Die Global Champions League ist ein nicht genehmigter Wettbewerb, der an allen internationalen Regeln vorbeigeht“, sagte der FN-Vorsitzende Soenke Lauterbach (Warendorf) dem Abendblatt. „Diese Serie schöpft den Rahm des Systems ab, Trennt sich aber letztlich davon.“ Dieses System funktioniere dauerhaft nur, wenn alle zusammenstehen. Fraglos sei die Situation „komisch und total unglücklich.“

    Aus dem zehnköpfigen A-Kader Deutschlands springt neben Marco Kutscher auch die Hamburgerin Janne Friederike Meyer in der neuen Champions League mit. Neben dem für Freitag ausgelobten Preisgeld von 300.000 Euro, in den weltweit 15 Etappen mithin zusammen drei Millionen Euro, werden am Ende weitere vier Millionen Euro Prämien verteilt. Die 35-Jährige sattelt die Stute Charlotta aus dem Besitz des Bankiers Jürgen Fitschen. In der Global Champions Tour am Sonnabend dirigiert sie den zehn Jahre alten Fuchswallach Goja über den Parcours. Auch er ist in ihrem neuen Reitstall in Pinneberg untergebracht. Gute Leistungen in Klein Flottbek steigern die Möglichkeit, im Sommer bei Olympia in Rio reiten zu können.

    „Das Theater ist irrelevant“, sagte Janne Meyer dem Abendblatt, „weil die weltbesten Reiter zu den Stationen der Tour anreisen, also ohnehin vor Ort sind.“ Die League verändere die Lage folglich nicht. Ebenso wie die anderen vier Mitglieder ihrer Mannschaft „Shanghai Swans“ trägt sie nicht eine klassische Reitjacke, sondern einen bunten Dress ähnlich einem Poloshirt. Auf dem Rücken stehen – wie beim Fußball – die Namen der Aktiven. Und beim Einritt wird eine für jedes Team individuelle Musik gespielt. „Ich sehe durch die neue League keine Konkurrenz zu den Nationenpreisen“, sagt Achaz von Buchwaldt, zweifacher Derbysieger und Grandseigneur der Reiterei. „Daher verstehe ich die Aufregung nicht.“ Aus seiner Sicht spricht nichts gegen eine moderne Präsentation des Reitsports. Man solle miteinander reden und nicht vor Gerichte ziehen.

    Reiten: Die wichtigsten Turnierserien

    Neben den Einzelspringen geht es in Flottbek auch um Wertungen für unterschiedliche, teilweise hoch dotierte Serien. Am lukrativsten ist die Global Champions Tour, die weltweit 15 Stationen umfasst. Hierzulande steht die einzige Etappe in Hamburg auf dem Programm. Im Gegensatz zu diesem Einzelspringen ist die neu geschaffene Global Champions League ein multinationaler Mannschaftswettbewerb. Zwölf Teams mit je fünf Reitern machen mit.

    Die seit 2001 organisierte Riders Tour umfasst sechs Etappen ausschließlich in Deutschland. Eine dieser Wertungsprüfungen ist das Deutsche Derby.