Borussia Dortmund hatte alle Möglichkeiten, doch am Ende gewinnt der FC Liverpool mit Trainer Klopp und zieht ins Halbfinale ein.

Erst ein Traumstart, dann ein Albtraum: Borussia Dortmunds Hoffnung auf den Europapokalsieg ist gegen Jürgen Klopp im Hexenkessel Anfield Road auf brutale Weise geplatzt. Im zweiten Rendezvous mit seinem Meistertrainer verspielte der BVB im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League beim FC Liverpool zweimal eine Zwei-Tore-Führung und schied durch ein 3:4 (2:0) aus.

"Mein rechter Arm tut weh, ich weiß gar nicht warum. Es war sehr intensiv, aber eine große Nacht. Das war europäischer Fußball at its best", sagte ein fassungsloser Klopp bei Sky England: "So etwas passiert selten, aber wenn, ist es umso unglaublicher." BVB-Coach Thomas Tuchel saß der Schock tief in den Knochen, mit leiser Stimme analysierte er bei Sky: "Es fühlt sich sehr bescheiden an, wir sind gerade sehr leer. Wir waren dicht vor einem großen Meilenstein, Liverpool in Anfield zu bezwingen."

Dortmund in Liverpool

Der FC Liverpool gewinnt gegen Borussia Dortmund nach Rückstand noch 4:3
Der FC Liverpool gewinnt gegen Borussia Dortmund nach Rückstand noch 4:3 © REUTERS | Carl Recine
Borussia Dortmund führte bis kurz vor Schluss gegen den FC Liverpool
Borussia Dortmund führte bis kurz vor Schluss gegen den FC Liverpool © dpa | Bernd Thissen
Pierre-Emerick Aubameyang bei seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0
Pierre-Emerick Aubameyang bei seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0 © dpa | Bernd Thissen
Und dem anschließenden Jubel
Und dem anschließenden Jubel © Getty Images | Clive Brunskill
Und auch Trainer Thomas Tuchel jubelt
Und auch Trainer Thomas Tuchel jubelt © Getty Images | Shaun Botterill
Henrikh Mkhitaryan hatte das 1:0 geschossen
Henrikh Mkhitaryan hatte das 1:0 geschossen © dpa | Bernd Thissen
Gonzalo Castro im Duell mit  Emre Can
Gonzalo Castro im Duell mit Emre Can © Getty Images | Clive Brunskill
Shinji Kagawa im Spiel gegen Liverpool
Shinji Kagawa im Spiel gegen Liverpool © Getty Images | Clive Brunskill
Liverpools  Trainer Jürgen Klopp
Liverpools Trainer Jürgen Klopp © dpa | Peter Powell
Später dann der jubelnde Klopp
Später dann der jubelnde Klopp © REUTERS | Carl Recine
Die Atmosphäre im Stadion war trotz des langen Rückstands der Liverpooler herausragend
Die Atmosphäre im Stadion war trotz des langen Rückstands der Liverpooler herausragend © REUTERS | Darren Staples
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Die erste Niederlage im 19. Pflichtspiel des Jahres 2016 war ganz besonders schmerzhaft. Henrich Mchitarjan (5.) hatte nach dem 1:1 im Hinspiel das stürmisch bejubelte Auswärtstor erzielt, Pierre-Emerick Aubameyang (9.) legte zur Freude der 3000 Fans des anfangs brillanten BVB umgehend nach.

Dann begann das Spiel zu kippen: Divock Origi (48.) brachte den Reds nach Vorarbeit des später verletzten deutschen Nationalspielers Emre Can die Hoffnung zurück, auch das 1:3 durch Reus (57.) konterten die Gastgeber: Coutinho traf (66.). Tore von Mamadou Sakho (78.) und Dejan Lovren (90+1.) schockierten den BVB und Thomas Tuchel. Klopp blieb beim entscheidenden Treffer reglos stehen, die Fans flippten dagegen förmlich aus, zündeten Bengalos und sangen die berühmte Hymne "You' ll never walk alone". Die Reds bekommen ihre letzte Hürde vor dem Finale in Basel am 18. Mai am Freitagmittag zugelost.

"Nach dem 3:1 haben wir aufgehört, Fußball zu spielen und Schiss bekommen"

"Wir haben gedacht, das Ding ist durch. Nach dem 3:1 haben wir aufgehört, Fußball zu spielen und Schiss bekommen. Wir haben das Ding hergeschenkt", sagte BVB-Kapitän Mats Hummels bei Sport1. Nationalspieler Marco Reus war ratlos: "Wir müssen das über die Bühne bringen. Es ist schwer, das in Worte zu fassen."

In ganz Liverpool herrschte am Donnerstag Euphorie. "Viele Tausend Leute haben uns auf dem Weg zum Stadion zugejubelt, ich hatte Gänsehaut", berichtete Klopp kurz vor dem Anpfiff bei Sport1 und Sky. In der Mathew Street, Keimzelle der Beatles, sangen die Fans beider Vereine gemeinsam vor dem legendären Cavern Club. Später brannten rund um die Anfield Road bengalische Feuer.

Nach einer Schweigeminute für die 96 Opfer der Hillsborough-Katastrophe von 1989 begann der BVB die Jagd nach dem nötigen Tor - erneut ohne Ilkay Gündogan, der auf der Bank saß. Ansonsten kehrten nach der großen Rotation für das Derby bei Schalke 04 (2:2) alle Stars in die Startelf zurück.

Fans singen Sieg herbei

Als die Zuschauer gerade das beeindruckende Schweigen verdaut hatten, traf der BVB mit seinem ersten ernsthaften Angriff. Aubameyang scheiterte nach einer Flanke von Gonzalo Castro an Reds-Torhüter Simon Mignolet, Mchitarjan schob den Abpraller nach 245 Sekunden ins Tor. Vier Minuten später schickte Reus dann Aubameyang steil, und es stand 0:2.

Thomas Tuchel, in einer Coaching-Zone mit Klopp, jubelte wie wild. Anfield dagegen, vor allem die unglaublich laute Tribüne The Kop, war schockiert. Die Fans sangen trotzdem weiter, obwohl Origi (17./25.), Alberto Moreno (18.) und Adam Lallana (21.) beste Gelegenheiten für die Gastgeber vergaben. Der BVB geriet heftig unter Druck. Er überstand diese Phase mit viel Glück, hätte aber auch selbst noch zwei weitere Tore erzielen können. Es ging turbulent auf und ab, auch nach der Pause.

Das 1:2 ließ das Stadion fast überkochen. In feuriger Atmosphäre stemmte sich der BVB gegen die wütenden Liverpooler Angriffe, Entlastung gab es selten.

Das Spiel kippte, das Tor von Reus linderte den Druck nur für einige Minuten. Liverpool gab sich nie geschlagen, Klopp und die Fans trieben die Mannschaft unablässig an. Der überragende Origi hatte mindestens ein weiteres Tor auf dem Fuß, letztlich sorgten Coutinho, Sakho und Lovren für die Sensation.

Statistik

Liverpool: Mignolet - Clyne, Lovren, Sakho, Moreno - Milner, Can (80. Lucas Leiva) - Lallana (62. Allen), Firmino (62. Sturridge), Coutinho - Origi. - Trainer: Klopp

Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Sokratis, Hummels, Schmelzer - Weigl - Castro (82. Gündogan), Kagawa (77. Ginter) - Mchitarjan, Aubameyang, Reus (83. Ramos). - Trainer: Tuchel

Schiedsrichter: Cüneyt Cakir (Türkei)

Tore: 0:1 Mchitarjan (5.), 0:2 Aubameyang (9.), 1:2 Origi (48.), 1:3 Reus (57.), 2:3 Coutinho (66.), 3:3 Sakho (78.), 4:3 Lovren (90.+1)

Zuschauer: 45.000 (ausverkauft)

Beste Spieler: Can, Origi - Castro, Kagawa, Reus

Gelbe Karten: - Hummels (2), Piszczek, Schmelzer

Erweiterte Statistik (Quelle: deltatre):

Torschüsse: 21:10

Ecken: 11:2

Ballbesitz: 55:45 %