Immer mehr Fußballprofis, auch beim HSV, nutzen Social-Media-Profile für Werbung. Oft verstoßen sie dabei gegen das Gesetz

Man kennt die Bilder mittlerweile. Manchmal dauert es nur ein paar Minuten. Ziemlich sicher aber werden sie folgen. Die Grüße der Fußballprofis in den sozialen Netzwerken nach einem gewonnenen Spiel. Gerne leicht bekleidet in der Kabine, mit Vorliebe auch auf der Heimreise aus dem Flugzeug. „Danke für Eure Unterstützung“, heißt es dann meist, wenn HSV-Spieler wie Lewis Holtby oder Pierre-Michel Lasogga an ihre Hunderttausenden Fans und Follower auf Facebook, Twitter oder Instagram schreiben. Spätestens seit der Weltmeisterschaft 2014, als die Jubel-Selfies aus der deutschen Kabine um die Welt gingen, gehören die Social-Media-Profile zu den wichtigsten Marketing-Ins­tru­menten der Fußballstars.

Immer häufiger kommt es dabei allerdings vor, dass neben verschwitzten Trikots auch Grillgeräte, Kopfhörer oder Spielekonsolen abgebildet werden. Was die Sportler häufig nicht wissen: Immer häufiger verstoßen sie mit diesen Postings gegen das Telemediengesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. „Die Grundregel lautet: Kommerzielle Werbung muss immer als solche erkennbar sein“, sagt Stephan Bahner von der Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. Der Fachanwalt für Medienrecht beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der zunehmenden Schleichwerbung in Social-Media-Profilen der Fußballprofis und anderen Prominenten.

Bahner beobachtet, wie die Grenzen zwischen kommerzieller Kommunikation und Werbung bei diesem sogenannten „Influencer Marketing“ verschwimmen. „Ein Fußballprofi will sich promoten und zu diesem Zweck vielleicht sogar Einblicke in sein Privatleben geben. Wenn er etwas toll findet, kann er das auch zeigen“, sagt Bahner. „Wenn er aber eine Gegenleistung dafür erhält, promotet er ein Produkt und macht Werbung dafür. Wenn das nicht aus den Umständen erkennbar ist, muss er das kennzeichnen.“

Doch insbesondere die Kennzeichnung von Werbung in Postings ist nicht klar geregelt. Soweit ersichtlich gab es noch keinen Fall, der in Deutschland gerichtlich verhandelt wurde. Noch nicht. In England sorgte der Fall Wayne Rooney für Aufsehen. Der Nationalstürmer von Manchester United hatte bereits 2012 in einem Twitter-Eintrag auf seinen Ausrüster Nike verlinkt, ohne den Tweet als Werbung zu kennzeichnen. Die britische Werbeaufsicht (ASA) hatte Rooney daraufhin der Schleichwerbung bezichtigt. Seitdem ist es in England üblich, Einträge dieser Art mit dem Hashtag #ad für advertisement (Werbung) zu versehen. In der Regel reicht es, den Namen des Unternehmens oder des Produkts zu nennen. In Deutschland wird unlauteres Wettbewerbsverhalten von der Wettbewerbszentrale oder Verbraucherschutzverbänden verfolgt. „Das Thema scheint aber nicht auf deren Radar zu sein“, sagt Medienanwalt Bahner.

Bei der Kennzeichnung der Werbeeinträge bewegen sich die Fußballer daher in einer Grauzone. „Wenn Johan Djourou nur seine Nike-Schuhe in die Kamera hält und vielleicht noch das Modell mit #Magista markiert, ist das problematisch. Da er aber wie auch Matthias Ostrzolek die Kennzeichnung #nike benutzt, geht das meiner Meinung nach in Ordnung“, sagt Bahner über zwei Instagram-Einträge der HSV-Profis. „Ob auch ein Richter meiner Meinung ist, lässt sich kaum vorhersagen.“ Allein der Umstand, dass es sich bei den Produkten um die ihres Sponsors handelt und ihre Fans das wissen, reiche nicht aus, sagt Bahner. „Es muss ein deutlicher Hinweis erfolgen, damit jeder das erkennen kann.“

Dass Ostrzolek und Djourou in den sozialen Netzwerken für ihren privaten Sponsor Nike werben, obwohl der HSV einen Ausrüstervertrag mit Adidas hat, macht die Einträge doppelt problematisch. In der vergangenen Saison hatte sich Ostrzolek mit dem Verein gestritten, weil er ohne Ausnahmegenehmigung in Nike-Schuhen spielte. Mittlerweile hat sich der HSV mit Ostrzolek geeinigt. Einen Freifahrtschein für Nike-Werbung in sozialen Medien hat der Verteidiger damit aber nicht erhalten. „Die Spieler sind auch in sozialen Netzwerken Repräsentanten des Vereins, daher beobachten wir, was dort passiert“, sagt HSV-Sportchef Peter Knäbel. „Kritische Fälle sprechen wir umgehend an, um unsere Partnerschaften zu schützen“, so Knäbel. Entscheidend sei das Umfeld. Zeigt sich ein Spieler etwa im Nike-Shirt, darf er das Foto nur im privaten Rahmen veröffentlichen.

Und auch dann geht der Sportler das Risiko der Schleichwerbung ein. Wirbt HSV-Stürmer Pierre-Michel Lasogga mit einem Foto auf seinem Balkon für einen Grill, ist das zunächst unproblematisch. Trägt er dabei ein T-Shirt seines Sponsors Nike, ohne das zu kennzeichnen, könnte er im Zweifel juristische Probleme bekommen, sollte ein Wettbewerber dagegen klagen. Da er unter den Eintrag den Hashtag #nike­ schrieb, habe er laut Medienanwalt Bahner aber alles richtig gemacht. HSV-Ausrüster Adidas teilt auf Nachfrage mit, die Thematik zu beobachten, Anlass für ein rechtliches Vorgehen sieht das Unternehmen aber nicht. Dafür seien werbende Postings der Nike-Spieler wie Holtby, Lasogga oder Djourou noch nicht auffällig genug.

In Zukunft könnte sich das ändern, denn die Entwicklung der werbenden Fußballprofis in sozialen Netzwerken steht noch am Anfang. „Die Profile der Profis entwickeln sich immer mehr zu Werbeplattformen“, sagt Stefan Mellin. Der Social-Media-Experte arbeitet für kaliber5, eine Hamburger Agentur, die sich um digitale Dienstleistungen für Spitzensportler kümmert und mehrere Fußball-Nationalspieler zu ihren Klienten zählt. Die Entwicklung auf dem Social-Media-Markt sieht Mellin kritisch, aufzuhalten sei sie nicht. „Die Profile sind ein perfektes Instrument, um Produkte zu platzieren“, sagt Mellin. „Der Sinn der Imageförderung geht dabei aber etwas verloren.“