Hamburg. Der frühere Meistertrainer Martin Schwalb soll offenbar die HSV-Handballer nach dem Absturz wieder aufrichten

Für Mittwoch vergangener Woche hatte Jürgen Hunke Kenner der Hamburger Handballszene zum Meinungsaustausch eingeladen. Wie lässt sich der Sport in der Stadt wiederaufbauen, nachdem der Handball-Sport-Verein Hamburg seine Spielberechtigung in der Bundesliga verwirkt hat? Neuanfang in der Dritten Liga? Oder sollte man doch auf das Angebot des Zweitligisten SV Henstedt-Ulzburg eingehen, eine Spielgemeinschaft zu schmieden? Über diese Fragen wurde bei dem Unternehmer, Sport- und Kulturmäzen kontrovers diskutiert.

Jetzt ist klar: Der HSV, dessen insolvente Betriebsgesellschaft inzwischen aufgelöst ist, will sein Glück selbst versuchen. Helfen soll ein alter und sehr Bekannter: Martin Schwalb. Der langjährige Trainer und Publikumsliebling ist offenbar bereit, den Verein beim Wiederaufbau zu unterstützen. Zusammen mit Vereinsgeschäftsführer Gunnar Sadewater ist Schwalb, 52, bereits bei möglichen Sponsoren vorstellig geworden.

Fest steht: Einer wie er mit seiner Popularität kann dem Verein Türen öffnen. Bei den Fans war Schwalb schon beliebt, bevor er den HSV 2011 zur Meisterschaft und 2013 zur Champions League geführt hat. Auch als Präsident und Geschäftsführer hat er bereits gewirkt. Den HSV bezeichnete Schwalb bis zuletzt als seinen Herzensverein, obwohl er im Unfrieden schied: Im Juli 2014 wurde er entlassen, nachdem er bei Geldgeber Andreas Rudolph in Ungnade gefallen war. Noch am selben Tag erlitt Schwalb einen Herzinfarkt.

Mit dem Handball blieb er seither als Experte für den Champions-League-Sender Sky verbunden. Erst das Ende der Ära Rudolph hat sein Comeback beim HSV möglich gemacht. Offenbar kann sich Schwalb sogar eine Rückkehr auf die Trainerposition vorstellen.

Der Weg zurück in den Spitzenhandball ist in jedem Fall weit. Eine Spielgemeinschaft mit Henstedt-Ulzburg hätte ihn abgekürzt – aber nach Ansicht einiger auch den Ruch der Retorte aufgefrischt, der dem HSV noch lange nach dem Umzug aus Bad Schwartau 2002 anhing.

Stattdessen soll der Neuaufbau aus eigener Kraft gelingen – in der Dritten Liga, die für die eigene U-23-Mann­schaft als Tabellenführer der Oberliga schon in Sichtweite ist. Sollte ihr der Aufstieg misslingen, könnte der HSV trotzdem die Aufnahme in die Dritte Liga beantragen. In diesem Fall müsste sich der Deutsche Handball-Bund dazu durchringen, eine weitere Mannschaft absteigen zu lassen.

Doch der Verdacht, dass die inzwischen aberkannte Bundesliga­lizenz auf einem unvollständigen Antrag beruht, hängt wie ein Damoklesschwert über den Zukunftsplänen. Noch wollen die meisten Clubs, die durch den Rückzug des HSV aus der Bundesliga finanzielle Einbußen zu beklagen haben, nichts unternehmen – weil schlicht nichts zu holen ist. Sollte der e. V. nun mit frischem Geld ausgestattet werden, drohen Schadenersatzklagen – und damit die Insolvenz.

Auch eine Spielgemeinschaft mit einem neuen Verein wäre keine Lösung. Zwar hat Hunke schon einen Namen ins Spiel gebracht: Hamburger Handball-Verein, kurz HHV. Doch im Fall einer Auflösung des HSV darf dessen Spielklassenrecht für die Dritte Liga laut DHB-Spielordnung nicht auf den neuen Club übergehen. Es wäre das endgültige Ende des HSV.

Deshalb wollen sich die Hamburger bei allen potenziellen Klägern um eine Carte blanche bemühen: eine schriftliche Zusicherung, auf rechtliche Schritte zu verzichten. Auch hierbei könnte der Sympathieträger Schwalb helfen. Dass er sich zuletzt mit seinem langjährigen Gönner Rudolph überwarf, könnte ihn zu einer glaubwürdigen Figur des Neuanfangs machen.

Der soll auch formell vollzogen werden. Eine Mitgliederversammlung wird in Kürze einberufen. Auf der Tagesordnung steht die Wahl eines neuen Aufsichtsrats, der wiederum einen Nachfolger für den wohl scheidenden Präsidenten Karl Gladeck bestellen würde.