Hamburg. Deutsche Hallenhockeyteams gehen stets als Favorit in Turniere. Der Europacup in Hamburg verspricht dennoch Spannung

Dem Höhepunkt ihrer Hallensaison nähern sich die Hockeyherren des Harvestehuder THC auf dem Zahnfleisch. Nachdem sich die beiden Engländer George Farrant und Brendan Creed aus beruflichen Gründen abmeldeten und Paul Pongs (Bandscheibenvorfall) sowie Leon Willemsen (Handbruch) verletzt ausfallen, geht Cheftrainer Christoph Bechmann mit einem Rumpfkader in den Europapokal der Landesmeister, den der HTHC an diesem Wochenende in eigener Halle an der Barmbeker Straße austragen darf (siehe Infokasten).

Dennoch weiß der Coach, dass für sein Team nichts anderes zählt als der Titelgewinn. Seit der Wettbewerb 1990 eingeführt wurde, kam der Sieger nur viermal aus einem anderen Land. „Natürlich sind deutsche Mannschaften im Hallenhockey immer Favorit, und auch wir werden diese Rolle annehmen. Es wird aber eine richtig harte Aufgabe“, sagt Bechmann, „denn die anderen Länder haben deutlich aufgeholt.“ Diese These – Deutschland ist Favorit, aber die anderen werden immer stärker – hört man seit Jahren vor internationalen Hallenhockey-Großevents. Aber stimmt das überhaupt?

Valentin Altenburg, seit Mitte November Herren-Bundestrainer, hegt Zweifel. „Grundsätzlich glaube ich nicht, dass die deutsche Vormachtstellung in Gefahr ist. Punktuell haben andere Nationen aufgeholt, und die Ergebnisse sind nicht mehr so deutlich wie früher. Aber wenn deutsche Teams mit ihren besten Spielern antreten, gewinnen sie noch immer jedes Hallenturnier“, sagt der 34-Jährige.

Auch Heino Knuf, Sportdirektor im Deutschen Hockey-Bund (DHB), glaubt an die deutsche Dominanz: „Sie ist geringer geworden, dennoch hat sich bei der EM im Januar wieder gezeigt, dass wir selbst mit einem dezimierten Kader noch souverän den Titel geholt haben.“ Zwar gebe es in ganz Europa Bestrebungen, das Hallenhockey zu forcieren, es fehle aber an den Strukturen, um nachhaltige Erfolge zu erzielen.

Grundsätzlich muss im Hallenhockey differenziert werden zwischen National- und Vereinsmannschaften. Auf Länderebene haben sich Nationen wie Österreich, Polen, Tschechien oder auch Russland auf die Variante unterm Dach spezialisiert, weil sie mit sechs statt elf Spielern wie im Feldhockey größere Erfolgschancen ausgemacht haben. Diese Nationen spielen bei EM- und WM-Turnieren seit längerer Zeit hervorgehobene Rollen. So sind Österreichs Herren beispielsweise Vizewelt- und Vizeeuropameister. „Das liegt aber auch daran, dass sie gerade eine goldene Generation haben“, sagt Altenburg.

Auf Vereinsebene dagegen haben die Wiener Arminen, die am Wochenende in Hamburg antreten, kaum eine Chance, da die beiden besten Österreicher, Michael Körper und Xaver Hasun, in Diensten des HTHC stehen. Immerhin gibt es in Österreich, ebenso wie in der Schweiz, Polen und Tschechien, einen regelmäßigen Ligenspielbetrieb, der den Clubteams zugutekommt. „Die Eingespieltheit ist ein entscheidender Faktor“, sagt Knuf.

Deshalb sei es keine Überraschung, dass jene Länder mit Ligenbetrieb beim Europapokal einen Vertreter stellen, während der Champion aus dem Land des aktuellen Weltmeisters fehlt. „Die Niederlande spielen ihren Hallenmeister wie Spanien und England in Turnierform an zwei Wochenenden aus. Daher spielen Hollands Clubs international keine große Rolle, während die Nationalmannschaft einen eigenen Hallenkader hat und sich auf Turniere entsprechend akribisch vorbereiten kann.“ So etwas gibt es in Deutschland nicht.

Hallenhockey ist in Deutschland ein wichtiger Faktor für die Ausbildung

Die Stärke der deutschen Vereine sieht Altenburg in der Tatsache begründet, dass der Verband dem Hallenhockey als Ausbildungssport weiter einen hohen Stellenwert beimesse. „Außerdem ist der Spaßfaktor sehr hoch, weil die Atmosphäre in den Hallen super ist“, sagt er. Knuf unterstreicht, dass der DHB auch in Zukunft auf die Halle als wichtige Variante setzen werde: „Das Spiel auf engem Raum, den Torabschluss sowie technische und taktische Varianten erlernen unsere Talente in der Halle. Außerdem wären wir gewappnet, wenn der Weltverband irgendwann doch bei Olympia die Elfervariante durch Hockey 5 ersetzt.“ Über diese Pläne hatte das Abendblatt im Februar 2015 berichtet, neue Entwicklungen gibt es dort derzeit nicht.

Auch wenn HTHC-Chefcoach Bechmann das sinkende Niveau in der Bundesliga beklagt und im Vergleich zur Meistersaison 2015 die derzeit in Indiens Profiliga engagierten Topspieler Tobias Hauke, Benjamin Stanzl und Johan Björkman verloren hat, rechnet Bundestrainer Altenburg mit einem Durchmarsch des Gastgebers. „Jede Mannschaft, die in Deutschland die Endrunde um die deutsche Meisterschaft erreicht, würde den Europapokal gewinnen“, glaubt er. Der HTHC allerdings hatte in der Nordgruppe als Dritter den Viertelfinaleinzug verpasst. Aber ein bisschen mehr Spannung kann einem Turnier nur guttun.