Düsseldorf. Bekommt Rio de Janeiro die Lage vor den Sommerspielen in den Griff?

Unter Sportlern wächst die Besorgnis, doch der leitende deutsche Olympiaarzt sieht wegen der Zika-Virus-Epidemie in Brasilien vor den Sommerspielen in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) keinen Grund für Angst und Panikmache. „Wir haben glücklicherweise noch etwas Zeit und verfolgen die Entwicklung aufmerksam“, sagte Bernd Wolfarth.

Viele Athleten machen sich Sorgen, da neben Zika auch die Zahl der am Dengue-Fieber erkrankten Menschen – das Virus wird von derselben Moskitoart übertragen – sehr stark gestiegen ist. 2015 wurden 1,6 Millionen Dengue-Infektionen in Brasilien festgestellt, ein Anstieg um 178 Prozent im Vergleich zu 2014. Insgesamt 843 Menschen starben an dem Virus – im Jahr davor waren es 473. Außerdem soll es bereits 1,5 Millionen Zika-Fälle geben. Betroffen sind vor allem schwangere Frauen. Das Zika-Virus kann Fehlbildungen im Mutterleib auslösen. Im brasilianischen Winter, der zur Zeit der Rio-Spiele herrscht, ist die Moskitogefahr aber deutlich geringer.

Unter den deutschen Leichtathleten ist die Ausbreitung des Zika-Virus heißer Gesprächsstoff. „Erst gestern war das im Training wieder ein Thema. Wir haben ein bisschen Bammel, ob die Maßnahmen greifen und was passieren kann. Es gibt da gewisse Ängste“, sagte Stabhochspringerin Silke Spiegelburg, Olympiavierte von London und zweimalige EM-Zweite in der Halle. Die Leverkusenerin hat sich schon Informationen über die Gefahren des Dengue-Fiebers eingeholt. Bei der Junioren-WM 2002 auf Jamaika war sie daran erkrankt. „Ich wusste erst gar nicht, was das war, und habe quasi zwischen zwei Fieberschüben das Finale bestritten“, sagte Spiegelburg.

Der Deutsche Leichtathletik-Verband plant unmittelbar vor den Sommerspielen ein Trainingslager in Brasilia. Die Hauptstadt gehöre nicht zu den „ausgewiesenen Gefahrbereichen“, sagte DLV-Teamleiter Siegfried Schonert. Präventionsmaßnahmen seien dennoch in Abstimmung mit Olympiaarzt Wolfarth in Vorbereitung. „Wir warten jetzt mal ab, wie die brasilianischen Behörden reagieren. Da sind große Unternehmungen im Gange, die Epidemie einzudämmen“, sagte Wolfarth.

Bis zum 22./23. April, wenn sich alle Verbandsärzte und das medizinische Personal zum Olympia-Vorbereitungsseminar treffen, solle die Strategie für das Infektionsproblem stehen. Da es keine Impfung gegen das Zika-Virus gebe, werde der Fokus auf die Stich-Prophylaxe gelegt. „Dabei geht es um den mechanischen Schutz in den Athletenzimmern durch Gitter an den Fenstern und Mückenschutzmittel“, erklärte Wolfarth.

Vor den Olympischen Winterspielen im Februar 2010 in Vancouver habe es eine ähnliche Lage der Beunruhigung gegeben, nachdem der Ausbruch der Schweinegrippe im September und Oktober 2009 in Deutschland große Besorgnis auslöste. „Da waren Horrorszenarien aufgezogen, und im Januar 2010 war der Zauber vorbei“, erinnerte sich Wolfarth. Er wird Athleten, Verbandsärzte und Trainer umfänglich aufklären und ständig über die von der Uni Saarland eingerichtete Homepage zu „Infektionen und Leistungssport“ informieren.