Hamburg. Hockeystürmer Alexander Otte wagt im Alter von 33 Jahren zur Hallensaison erstmals Sprung zu Hamburger Topclub

In der Reh-Bar an der Ottenser Hauptstraße spielen sie morgens um zehn die größten Countrysongs von Johnny Cash in Dauerschleife, und das hebt Alexander Ottes Laune auf ein Höchstmaß. Nicht dass er eine Stimmungsaufhellung nötig gehabt hätte, denn eigentlich läuft gerade alles so, wie es sich der 33-Jährige vorgestellt hat. Aber Cashs Welthit „I Walk The Line“ könnte ein Leitmotiv sein für das, was der Hamburger Hockeystürmer in dieser Saison vorhat, deshalb wirkt es fast so, als wäre die Musik passend zum Gespräch bestellt worden.

„To walk the line“, das bedeutet übersetzt, sich an Regeln zu halten. Mit dem Zusatz „to walk a fine line“ wird ausgedrückt, sich auf schmalem Grat zu bewegen. Und genau das tut Alexander Otte, der in einem Alter, in dem die meisten Hockeyspieler nicht mehr aktiv sind, zum ersten Mal in seiner Laufbahn zu einem der drei Hamburger Topclubs gewechselt ist. Die Hallensaison 2015/16, die an diesem Wochenende (siehe Infokasten) startet, wird der Torjäger für den Club an der Alster bestreiten. Der Entschluss dazu reifte bereits im Februar, nachdem er beim Bronzegewinn bei der Hallen-WM in Leipzig Torschützenkönig geworden war. Interesse gab es danach auch vom Harvestehuder THC und dem Uhlenhorster HC, doch Otte entschied sich für Alster, „weil die sich am intensivsten um mich bemüht haben“.

Beim Zweitligisten TG Heimfeld, wo er im Feld als Spielertrainer aktiv ist, wird er seinen Vertrag bis Sommer 2016 erfüllen, er versucht auch, in so vielen Spielen wie möglich in der Halle an der Seitenlinie zu stehen. Aber dem Großflottbeker THGC, für den er in den vergangenen Jahren in der Halle regelmäßig Bundesliga-Schützenkönig wurde, gab er in dieser Saison einen Korb. „Ich wollte mir später nicht vorwerfen müssen, es nicht noch einmal ganz oben versucht zu haben. Und nachdem die WM für mich so gut gelaufen ist, war ich mir sicher, dass ich den Schritt wagen muss“, sagt er.

Bei Alster möchte er nicht nur, wie er es während seines Sportstudiums in Köln für fünf Jahre beim Düsseldorfer HC konnte, um den nationalen Titel mitspielen. „Ich möchte auch neue Facetten in meinem Spiel entdecken und auf ein höheres Level kommen“, sagt Otte, der sein Geld als selbstständiger Fitness- und Personaltrainer verdient (Instagram: alex.otte). Auch wenn sie ihn als klassischen Torjäger geholt haben, stehe für ihn nicht im Mittelpunkt, die Marke der Vorjahre zu erreichen. „Hier sind auch andere Spieler, die viele Tore machen können. Wenn ich als Vorbereiter Nutzen bringen kann, dann tue ich das gern“, sagt er.

Dank Ottes Verpflichtung wird Alster als einer der Titelfavoriten gehandelt

Seine Verpflichtung hat Alsters Herren, die in der vergangenen Saison im Halbfinale an Rot-Weiß Köln scheiterten, zum Titelfavoriten gemacht. „Alster hat nun mit Otte als Knipser ein Topteam, dahinter müssen der UHC und wir uns um Platz zwei im Norden streiten“, glaubt HTHC-Cheftrainer Christoph Bechmann. Der Titelverteidiger hat mit Tobias Hauke, der wegen seiner Verpflichtungen im Nationalteam und der indischen Profiliga die Hallensaison auslässt, und den in die Niederlande abgewanderten Benjamin Stanzl und Johan Björkman die drei wichtigsten Spieler aus der ersten Fünf der vergangenen Meistersaison verloren. Dem UHC fehlen die Nationalspieler und Indien-Legionäre Moritz Fürste und Florian Fuchs.

„Ich denke auch, dass wir einen kleinen Vorteil haben, auch wenn ich die drei großen Hamburger Clubs immer noch auf Augenhöhe sehe“, sagt Alexander Otte. Die ersten Eindrücke der knackigen 14-Tage-Vorbereitung bestärkten ihn in seiner Wahrnehmung. Am vergangenen Sonntag gewann Alster das prestigeträchtige Vorbereitungsturnier, den Levantehaus-Cup. „Ich habe mich sehr gut ins Team eingewöhnt, bin sehr herzlich aufgenommen worden und glaube, dass alles gut zusammenpasst“, sagt er.

Ob er nach Ablauf seines Vertrags in Heimfeld komplett zu Alster wechselt, dann auch im Feld angreift oder sogar in den Trainerstab rückt – Zukunftsmusik. „Das ist für mich derzeit kein Thema. Ich bin für alle Gespräche offen, möchte aber noch fünf Jahre spielen“, sagt er. Sein individuelles Ziel ist die Qualifikation für die Hallen-EM in Prag (15. bis 17. Januar), das Mannschaftsziel ist das Erreichen der DM-Endrunde in Lübeck (6./7. Februar). Alexander Otte ist bereit, dafür Linien zu überschreiten und seine Grenzen zu verschieben.