Hamburg. Der einstige Erfolgsclub steckt mal wieder in finanziellen Schwierigkeiten. Die Folgen könnten bald sichtbar werden

Beim Thema Handball kommt Matthias Rudolph gern ins Plaudern. Dann fachsimpelt er darüber, ob die Bundesliga früher zu stark war oder jetzt womöglich nicht stark genug, warum die Vereine es so schwer haben, Zuschauer und Sponsoren zu finden, über diesen Spieler und jenen Trainer. Wenn aber die Sprache auf die wirtschaftlichen Probleme des Handball-Sport-Vereins, kurz HSV Hamburg, kommt, an dessen Spielbetriebsgesellschaft Rudolph immerhin die Mehrheitsanteile hält, dann wird der Apothekenbetreiber einsilbig: „Da müssen Sie den Geschäftsführer fragen.“

Christian Fitzek ist um diesen Job derzeit nicht zu beneiden. Am vergangenen Donnerstag lud er Gläubiger und Förderer ein, um über die angespannte Situation zu sprechen. Den Verein drücken seit Langem Schulden in siebenstelliger Höhe, mindestens wohl eine Million Euro. Die Rückzahlung erfolgt aus den laufenden Einnahmen – was es dem Club wiederum erschwert, laufende Ausgaben zu begleichen.

Fitzek legte den Gläubigern deshalb nahe, auf Forderungen zu verzichten. Im Gegenzug wolle der HSV weitere Kosten einsparen und die Einnahmen steigern. Für eine schnelle Lösung aber kann wieder einmal nur Rudolphs Bruder Andreas sorgen. Der Medizinunternehmer hat seit 2004 bereits einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in den HSV investiert. „Ohne weitere Zuwendungen von ihm kommen wir nicht über die Runden“, sagt Fitzek, „wir haben große Probleme.“

Die bekannten Fakten sind alarmierend genug. Zum wiederholten Mal ist der HSV mit Spielergehältern und Hallenmiete im Rückstand. „Eine Situation, die wir in den vergangenen Jahren immer wieder hatten“, wie Fitzek einräumt. Für Mittelmann Allan Damgaard ist die erste Ablöserate über 25.000 Euro längst fällig. Für Hospitality-Leistungen beim EHF-Pokal-Finale im Mai in Berlin stehen noch 15.000 Euro aus – eine Mahnung wurde vor 14 Tagen zugestellt. Wenigstens die Mitarbeiter der Geschäftsstelle erhalten ihr Geld regelmäßig, wie in der letzten Existenzkrise vor anderthalb Jahren.

Zwischenzeitlich sollen die Konten sogar gesperrt gewesen sein, nachdem der frühere Investor Frank Spillner, der den HSV im Sommer 2014 als Interimspräsident durch die schwerste Krise geführt hatte, Forderungen von gut 160.000 Euro eingetrieben hat. Mietzahlungen für die Barclaycard Arena sollen deshalb bisweilen in bar beglichen worden sein. Deren Betreiber hatte bereits bei der Insolvenz der damaligen Spielbetriebsgesellschaft Omni Sport 2004/05 auf Geld verzichtet.

Nun könnte der HSV sogar sein Markenzeichen verlieren: die Raute, deren Nutzung sich der Verein nach der Gründung 2002 vom Hamburger SV erkauft hat. Der hat seinem kleinen Nachbarn zwar den Mietzins von jährlich 36.000 Euro bis Saisonende gestundet. Doch wenn der offene Posten am 30. Juni nicht beglichen ist, müssen sich die Handballer möglicherweise ein neues Logo suchen. Ein Preisnachlass ist nicht in Aussicht, zumal die Zeiten, da die Handballer mit großen Titeln auf die Marke einzahlten, trotz achtbarer Erfolge auf absehbare Zeit vorbei sind.

Fitzek versichert, dass die Situation mit der im Frühjahr 2014, als der Verein kurz vor der Insolvenz und dem Lizenzentzug stand, nicht zu vergleichen sei. Fragt sich nur, ob das im nächsten Frühjahr noch gilt. Der Lizenzantrag muss bis 1. März bei der Bundesliga eingereicht werden. Er hat nach aktuellem Stand nur Aussicht auf Erfolg, wenn Andreas Rudolph für die zu erwartende Deckungslücke ein weiteres Mal eine Patronatserklärung abgibt. Die einzig vorstellbare Alternative wäre, dass sich weitere Investoren finden. Nach dem Ausstieg der AOK ist Rudolphs GHD GesundHeits GmbH Deutschland als einziger Hauptsponsor verblieben. Mit einem handballaffinen ausländischen Energieversorger soll der HSV dem Vernehmen nach in losen Gesprächen gewesen sein.

Unabhängig davon sieht Fitzek im Spieleretat Einsparpotenzial in sechsstelliger Höhe. Den Aufwand im Bereich Marketing und Sponsoring würde er gern intensivieren: „Wir brauchen mehr Leute.“ Die nötigen Mittel müsste wohl wieder Andreas Rudolph bereitstellen. Der habe sich bei dem Treffen am vergangenen Donnerstag, das auf seinen Wunsch erfolgt sei, klar zum Verein bekannt. Was hoffen lässt: Zuletzt hatte Andreas Rudolph wieder mehr Nähe zum Team des neuen Trainers Michael Biegler gesucht. Noch immer segnet er jede wichtige Entscheidung im Club ab. Zur Situation wollte er sich auch nicht äußern, war dabei aber weit wortkarger als sein Bruder: „Ich weiß nichts, auf Wiederhören!“