Buxtehude. Das Europapokalduell stand unter dem Eindruck der Terroranschläge. Am Wochenende müssen die Deutschen zum Rückspiel in Paris antreten.

Auf der Anzeigetafel der Halle Nord leuchtete 26:28, aber das interessierte Mathieu Marchand an diesem Sonntagabend nicht. „Es ist nicht dieses Spiel, an das wir uns erinnern werden“, sagte der Teammanager von Issy Paris Hand, „es ist die Solidarität, die wir hier erfahren durften.“ Marchand war unter den Zuschauern des Fußballländerspiels zwischen Frankreich und Deutschland am Freitagabend, als vor dem Stadion die Selbstmordattentäter ihre Sprengsätze zündeten. Zehn Minuten vor Spielende hatte er sich mit dem Fahrrad auf den Nachhauseweg gemacht, Nachrichten besorgter Freunde hatten ihn dazu veranlasst. Erst aus dem Fernsehen erfuhr er, wie nahe er der Katastrophe war.

Das Europapokalspiel beim Buxtehuder SV war für Marchand und seine Mannschaft das erste, 60-minütige Stück Normalität seit den schrecklichen Ereignissen in der Heimat. Die letzten Tränen verdrückten die Spielerinnen, als vor dem Anpfiff die Europahymne eingespielt wurde und Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt ihre Anteilnahme erst auf Deutsch und dann auf Französisch vortrug: „Wir stehen zusammen als Freunde und Verbündete. Ich bin sicher, dass der Sport eine Brücke schlagen kann, um zu einem normalen Leben zurückzukehren.“ Dann stürzten sich der deutsche und der französische Vizemeister mit einer Leidenschaft in dieses Hinspiel der dritten Runde, als könnten sie alle ihre Sorgen dadurch hinter sich lassen.

Mannschaft plant Stadtrundfahrt durch Paris

Das gelang natürlich nur bedingt. „Die Erinnerungen begleiten uns ständig“, sagte Issys Torhüterin Armelle Attingré, „ich konnte gar nicht mehr richtig schlafen. Wir haben irgendwie versucht, uns auf dieses Spiel zu konzentrieren.“ Das fiel auch den Buxtehuderinnen nicht leicht, für sie und die 1500 Zuschauer stand das Saisonhighlight im Zeichen der Trauer. „Die Vorfreude war gleich null“, sagte BSV-Manager Peter Prior. Trotzdem waren sie alle froh in Buxtehude, als sie am Sonnabendmittag hörten, dass sich ihre Gegnerinnen auf den Weg nach Hamburg gemacht hatten, wenn auch mit einer späteren Maschine als geplant, aufgrund der zeitraubenden Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen. „Wir können das Leben nicht stoppen“, sagte Issys Assistenztrainer Mathieu Vaillat, „die Situation ist nicht normal. Aber es ist gut, etwas Normales zu tun. Das ist die Waffe, die wir als Bürger haben.“

Am Sonnabend bricht der Buxtehuder SV zum Gegenbesuch auf, begleitet von 40 Fans. Das Rückspiel in Issy­les-Moulineaux, einem Pariser Vorort, wird am Sonntag um 16 Uhr angepfiffen. Für den Folgetag war eine Rundfahrt durch die französische Hauptstadt geplant. „Der Gedanke daran verursacht schon ein komisches Gefühl“, sagte Torhüterin Antje Lenz, die mit ihren 18 Paraden neben Jessica Oldenburg (acht Tore) die herausragende Spielerin ihrer Mannschaft war, „wir werden aber versuchen, das auszublenden und es so normal wie möglich anzugehen.“ Eine Absage käme für Trainer Dirk Leun nicht infrage: „Wenn wir uns unterkriegen lassen, hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht.“