Hannover. Der Deutsche Handballbund hat einen neuen Präsidenten. Andreas Michelmann übernimmt den Posten. Wie reagiert die Opposition?

Strahlende Sieger sehen anders aus. „Ich bin froh über die Wahl“, sagte Andreas Michelmann, dabei hob der neu(nt)e Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB) weder seine von Haus aus etwas tonlose Stimme noch verzog er seine stoische Miene. Zu großer Euphorie besteht auch wahrlich kein Anlass, das weiß der Berufspolitiker Michelmann sehr genau. 73 von 119 Delegierten stimmten am Sonnabend in Hannover für den Oberbürgermeister von Aschersleben - das ist noch nicht mal eine Zweidrittel-Mehrheit.

Dass die 46 Nein-Sager Michelmanns Arbeit in den kommenden zwei Jahren mit Argusaugen beobachten werden, daran ließ unter anderem Hans Artschwager keinen Zweifel. Der Präsident des mächtigen Landesverbandes Württemberg ließ es sich nicht nehmen, unmittelbar vor der Wahl noch einmal ein Loblied auf Michelmanns Vorgänger Bernhard Bauer zu singen und zum wiederholten Mal auf das Misstrauen der Landesverbände in die Arbeit des Präsidiums hinzuweisen. „Die Landesverbände sind der Leuchtturm, die Basis, aber eine anständige Kommunikation seitens der Verbandsspitze gibt es nicht“, sagte Artschwager.

„Ein direktes Gespräch ist durch nichts zu ersetzen“

Genau da will Michelmann ansetzen. „Ein direktes Gespräch ist durch nichts zu ersetzen“, sagte der 55-Jährige. Und ja, es habe in den vergangenen Wochen und Monaten „in einem sehr unruhigen Sommer“ vor allem an der internen Kommunikation gefehlt. Die externe klappte dafür ausgezeichnet, der medial bis ins Detail diskutierte Antrag des LV Wüttemberg auf Abwahl der Vizepräsidenten hatte den Dampfer DHB in sehr unruhiges Fahrwasser geführt. „Für ein einstimmiges Votum waren diese Auseinandersetzungen einfach zu heftig“, sagte Michelmann, der außerdem darauf hinwies, dass er 1994 mit 39 Prozent als OB von Aschersleben angetreten war: „Heute sind es 76 Prozent.“

Mit Bob Hanning hat Andreas Michelmann übrigens keine Probleme. Seinen Vizepräsidenten Leistungssport, mit dem der im März überraschend zurückgetretene Bernhard Bauer um keinen Preis mehr zusammenarbeiten wollte, schätzt Michelmann als „einen Mann des offenen Wortes“. Keinesfalls wolle er, wie es Bauer nach eigener Aussage bisweilen getan hat, „nachzählen, wie oft Bob Hanning in einem Interview das Wort ‘ich’ benutzt“.

Hanning selbst, am Tag der Präsidentenwahl von Bauer im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung noch einmal heftig attackiert, blieb wie immer in den vergangenen Monaten äußerlich gelassen. Er habe einen Machtkampf „weder gewollt noch geführt“, sagte der Manager des Bundesligisten Füchse Berlin, der bis 2020 Vizepräsident des DHB bleiben: „Ich habe dieses Amt nicht angetreten, um neue Freunde zu gewinnen“, sagte Hanning kühl: „Aber wenn man alte Zöpfe abschneidet und etwas bewegen will, findet das eben nicht jeder gut.“

Konzentration auf Frauen-WM

Einer war jedenfalls sichtbar froh darüber, dass der trotz des anhaltenden Mitgliederschwundes noch immer größte Handballverband der Welt einen neuen Präsidenten hat. Mark Schober, als Generalsekretär einziger Hauptamtler im Präsidium, hatte die Geschäfte nach Bauers Rücktritt interimsmäßig geführt und kann sich nun wieder „mehr den Sachaufgaben“ widmen. Die gibt es reichlich: Unter anderem ist man bei der Planung der Frauen-WM 2017 im eigenen Land in den letzten Wochen und Monaten ein bisschen in Verzug geraten.

Am Montag also geht der DHB mit seinem neuen Präsidenten und neuer Zuversicht in die Zukunft. Die ist zunächst auf zwei Jahre angelegt, dann finden auf dem ordentlichen Bundestag im Herbst 2017 erneut Wahlen statt. Ob er denn die Hoffnung habe, bis dahin in Ruhe arbeiten zu können, wurde Michelmann in Hannover gefragt: „Das würde mich sehr überraschen.“