Hamburg. Joachim Löw wird in der Handelskammer mit der Goldenen Sportpyramide ausgezeichnet – Preisgeld geht an Flüchtlingsstiftung von Schauspieler Til Schweiger

Käme er auf die Idee, eine politische Partie zu gründen, beispielsweise die „Liberal-ökologische Wählergemeinschaft“, die Fünf-Prozent-Hürde bei der kommenden Bundestagswahl würde er wohl mit Leichtigkeit nehmen. Die Deutschen hören bei Joachim Löw ganz besonders aufmerksam zu, nicht nur, wenn er über Fußball spricht. Vertrauenswürdig und beliebt war der seit 2006 amtierende Bundestrainer schon immer, aber spätestens mit dem Gewinn des WM-Titels 2014 haben Löws Sätze fast schon gesetzgebende Wirkung.

Wer so erfolgreich arbeitet, kann sich über einen Mangel an Auszeichnungen nicht beklagen: Bundesverdienstkreuz am Bande (2010), Silbernes Lorbeerblatt (2010, 2014), Fußballtrainer des Jahres (2014), Fifa-Trainer des Jahres (2014), Welt-Nationaltrainer (2014), Deutscher Medienpreis (2015). In seinem Heimatort spielt der FC Schönau 08 im „Jogi-Löw-Stadion“.

Die in der Handelskammer von der Deutschen Sporthilfe verliehene Goldene Sportpyramide reihte sich aber nicht einfach so in diese Sammlung ein, schließlich geht es bei dieser 2000 ins Leben gerufenen Ehrung nicht nur um die Anerkennung beruflicher Leistungen, sondern, genauso um das gesellschaftliche Engagement. „Der Sport kreiert magische Momente, moderne Helden und Vorbilder, er führt Menschen zusammen“, sagte der parlamentarische Staatssekretär des Innern Ole Schröder in Vertretung des erkrankten Innenministers Thomas de Maizière, und Laudator Ola Källenius (Vorstand Mercedes) hob hervor: „Löw steht für Teamgeist, für Integration, das Thema Respekt und gegen Rassismus, er ist ein hervorragender Botschafter für die ganze Nation. Für das Bild Deutschlands im Ausland.“

Warum das so ist, stellte Löw auch am Sonnabend gekonnt unter Beweis, indem er die Benefiz-Gala nutzte, um ein flammendes Plädoyer für Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen zu halten: „Lassen Sie uns denen, die zu uns kommen, mit dem notwendigen Respekt und ohne Vorurteile begegnen. 2006 beim Sommermärchen haben wir Fans aus der ganzen Welt willkommen geheißen und uns als sehr offenes und gastfreundliches Land präsentiert. Jetzt sollte im Land des Weltmeisters auch die Willkommenskultur weltmeisterlich sein.“ Tosender Applaus der 600 geladenen Gäste.

Mit den 25.000 Euro, die Löw mit seinem Preis erhält, will er die Til-Schweiger-Stiftung für Flüchtlingshilfe unterstützen. Das Geld soll in ein Sportprojekt mit Flüchtlingskindern in Osnabrück fließen.

Natürlich war es kein Zufall, dass die Goldene Sportpyramide 2015 erstmals in Hamburg verliehen wurde, schließlich gilt es, die Bewerbung Hamburgs für Olympische Spiele 2024 zu befeuern. „Es braucht einen langen Atem, um das Ziel zu erreichen“, sagte Schwimm-Olympiasieger Michael Groß, der wie die frühere Fechterin Anja Fichtel, die Tennis-Heroen Michael Stich und Boris Becker (schickte eine Videobotschaft) sowie Hans-Georg Aschenbach (Skispringen) in den Walk of Fame aufgenommen wurde. „Die Hamburger müssen ihr Herz in die Bewerbung legen, dann hat die Stadt viele Trümpfe in der Hand.“

Mahnend erinnerte Stich daran, in der Hamburger Kampagne darauf zu achten, die Sportler einzubeziehen: „Es ist schon wahnsinnig viel passiert, Hamburg hat ein tolles Konzept. Aber die Leidenschaft kann nur der Sport selbst transportieren, das schaffen weder die Politik noch die Wirtschaft.“ Ein weiser Rat, der beim Blick auf die Gästeliste gestützt wurde: Selbst bei dieser hochkarätigen Veranstaltung hielt sich die Zahl der anwesenden Sportler doch sehr in Grenzen.

Aber vielleicht reichte es an diesem Abend auch, auf Glamour en masse zu verzichten und voll auf die Strahlkraft Löws zu setzen. Schließlich wäre der 55-Jährige in einem Olympia-Botschafterteam automatisch gesetzt. „Hamburg ist eine Sportstadt, eine weltoffene Stadt, die in der Lage ist, diese Spiele hervorragend auszurichten. Ich bin Feuer und Flamme für Hamburg“, fand Löw (wenig überraschend) warme und lobende Worte für die Bewerbung der Hansestadt. Anja Fichtel wiederum stellte heraus, dass die Ausrichtung Olympischer Spiele enorm wichtig wäre für die Entwicklung des deutschen Sports: „Ich habe das Gefühl, wir hinken ein wenig hinterher. Wir brauchen neue Strukturen, neue Konzepte und frische, junge Leute, um Schwung reinzubringen. Da wäre Olympia ideal.“

Preisträger der Sportpyramide (ab 2000): Hans Günter Winkler, Rosi Mittermaier, Uwe Seeler, Manfred Germar, Roland Matthes, Max Schmeling, Ingrid Mickler-Becker, Franz Beckenbauer, Heiner Brand, Stefanie Graf, Uli Hoeneß, Katarina Witt, Heide Ecker-Rosendahl, Henry Maske, Willy Bogner, Jochen Schümann, Joachim Löw.