Am letzten Tag des Sommerschlussverkaufs gaben einige Bundesligisten Millionen aus. Vereine sprechen von Wettbewerbsverzerrung.
Es wurde hier und da ein bisschen knapp, aber am Ende wurden alle Transfers problemlos abgewickelt: Ganz im Gegensatz zu Manchester United und Real Madrid, die den Wechsel von Torhüter David De Gea zu den Königlichen glatt verhunzten, weil sie die notwendigen Unterlagen angeblich 28 Minuten zu spät verschickten, brachten die 18 Bundesligisten ihre Deals fristgerecht unter Dach und Fach. Und so ist nun in Kevin Großkreutz auch ein zweiter Weltmeister nach Lukas Podolski bei Galatasaray Istanbul gelandet.
Ehe ab Montag, 18.00 Uhr, dann nichts mehr ging, wurden im Sommerschlussverkauf nochmal scheinbar spontan Millionenbeträge locker gemacht: Mindestens 35 Millionen zahlt der VfL Wolfsburg für Julian Draxler an Schalke 04 versprochen, Bayer Leverkusen gab zu den 10 Millionen für Kevin Kampl schnell noch 12 Millionen für Javier „Chicharito“ Hernandez aus, der FC Augsburg zahlt 5 Millionen für Ja-Cheol Koo, der HSV 3 Millionen für Aaron Hunt. Wer hat, der hat.
Stuttgart wehrt sich gegen den Trend
Insgesamt gab die Liga 412 Millionen Euro aus. Bemerkenswert in der hektischen Schlussphase allerdings: Horst Heldt wurde seine Draxler-Millionen nicht los. Der VfB Stuttgart legte sich quer und gab den umworbenen Filip Kostic trotz eines Angebots von angeblich weit jenseits der 15 Millionen einfach nicht her. Eine Entscheidung gegen den Trend: Sonst bekommen Spieler, die unzufrieden sind und wechseln wollen, ihren Willen. VfB-Sportvorstand Robin Dutt aber sah keine Chance, den Verlust von Kostic kurzfristig aufzufangen.
Dutt verweigerte sich damit auch einem Trend, den Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke anprangert. Es sei „grauenvoll“, betonte er, was in der Schlussphase dieser Transferperiode passiert sei. Die „ganz großen und reichen Klubs“ würden mit ihren Millionen kurz vor Transferschluss „alles durcheinanderwürfeln“. Heißt: Die Saisonvorbereitung ist für die Katz. Daher forderte Watzke bei Sky: „Wir müssen das Transferfenster zurückschieben auf den 1. August.“ HSV-Sportdirektor Peter Knäbel unterstützt Watzkes Forderung. „Die Ansicht ist nachvollziehbar und wäre auch wünschenswert.“
Club-Bosse wollen kleineres Transferfenster
Derzeit läuft die erste Phase für internationale Transfers laut Fifa-Reglement von 1. Juli bis 31. August - in England einen Tag länger. Für die Bundesliga bedeutet das in dieser Saison: Ab dem vierten Spieltag in eineinhalb Wochen sehen die Kader zum Teil noch mal ein bisschen anders aus als vorher. „Es wäre auf jeden Fall fairer“, sagt auch Eintracht Frankfurts Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen, „wenn das Transferfenster mit dem ersten Spieltag schließt.“
Auch andere Manager wie Max Eberl (Borussia Mönchengladbach) oder Stefan Reuter (FC Augsburg) schlossen sich der Meinung von Watzke oder Bruchhagen an - auch wenn gerade Reuter nach dem Verkauf von Rahman Abdul Baba an den FC Chelsea (bis zu 30 Millionen) auch ein Profiteur der Transferperiode war. „Grundsätzlich“, sagte er Bild, „finde ich die Idee gut, das Fenster früher zu schließen.“ 87 Prozent der Leser von Bild fanden das in einer Blitzumfrage auch.
Bundesliga erhält 220 Millionen aus England
Die rund 412 Millionen Euro, die die 18 Bundesligisten an Ablösen und Leihgebühren für neues Personal ausgaben, ist nicht mal die Hälfte der 1,1 Milliarden, mit denen die 20 englischen Erstligisten vor ihrem eigenen „deadline day“ am Dienstag um sich warfen. Auch Spaniens Primera Division (570 Millionen) und Italiens Serie A (600) gaben deutlich mehr aus als die Clubs der Bundesliga.
In diesem Jahr zahlten englische Clubs 220 Millionen Euro für 16 Spieler aus der Bundesliga. Im kommenden Jahr könnte es freilich noch etwas turbulenter zugehen als diesmal. Dann erhalten die 20 Premier-League-Klubs pro Jahr 3,2 Milliarden Euro aus dem Verkauf der TV-Rechte. Der Wechsel von De Gea zu Real dürfte bis dahin abgeschlossen sein. Ab 1. Januar (und bis 31. Januar) darf wieder gewechselt werden.
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sid/HA