Hamburg/Lingen (Ems). Beim peinlichen Pokalaus gegen die Mannschaft der HSG Nordhorn-Lingen war nur auf die etablierten Kräfte Verlass.

Da war diese Szene in der Verlängerung des Pokalspiels bei der HSG Nordhorn-Lingen am Sonntagabend. Die HSV-Handballer hatten sich gerade ein Tor eingefangen, und nun suchten sie nach einer schnellen und einfachen Möglichkeit, selbst eines zu werfen. Sie fanden diese Möglichkeit, mehrmals tat sich zwischen den Deckungsspielern des Zweitligisten eine Lücke auf, die nur so dazu einlud hindurchzuschlüpfen – doch mehrmals schlugen die Hamburger Rückraumspieler diese Einladung aus, was selbst die einheimischen Zuschauer in der Lingener EmslandArena verwundert aufstöhnen ließ.

Angst? „Ich mag dieses Wort nicht“, sagte Trainer Michael Biegler später, als er auf die Szene zu sprechen kam. Angst könne man um seine Liebsten haben – nicht aber davor, das Tor nicht zu treffen. Nennen wir es also das Bemühen, Fehler zu vermeiden. Wohin das führt, weiß Biegler: „Wenn man bloß keinen Fehler machen will, macht man schon den ersten.“ Das war ein Grund, warum der HSV bei der ersten Pflichtübung das erste Ziel der Saison abschreiben musste: den Einzug ins Final Four am 30. April/1. Mai in der heimischen Barclaycard-Arena. Andererseits war auch die Chancenverwertung mangelhaft. Es prägte schon die Vorbereitung und war zuletzt beim Vorbereitungsturnier um den Heide-Cup zu besichtigen, als der HSV deshalb alle drei Spiele verlor, weil er vor dem gegnerischen Tor zittrige Hände bekam. Biegler: „Wir versäumen es, uns für unsere Deckungsarbeit zu belohnen.“

Die neuen Spieler im Rückraumwaren bislang noch keine Verstärkung

Woher aber soll dann das Selbstbewusstsein kommen, sich die Würfe zu nehmen, die zu nehmen sind? Ilija Brozovic hat es da noch am einfachsten. Er ist Kreisläufer und hat als solcher keine Wahl: Wird er angespielt, hat er den Ball in der Regel aufs Tor zu werfen. Punkt. Das hat er gegen Nordhorn-Lingen siebenmal getan, sechsmal mit Erfolg. Daran gab es nichts auszusetzen.

Die Neuen im Rückraum aber blieben den Nachweis schuldig, dass sie für den HSV die Verstärkung sind, als die sie angepriesen wurden. Der Halbrechte Dener Jaanimaa warf zweimal erfolglos aufs Tor und leistete sich in der Verlängerung einen schmerzhaften Ballverlust. Die meiste Spielzeit verbrachte er deshalb auf der Bank. Dem Halblinken Drasko Nenadic war zwar der Wille anzumerken, allerdings fehlte es seinen Gewaltwürfen an Präzision. Allan Damgaard wiederum leistete sich zu viele technische Fehler, als dass sich seine Nebenleute an ihm als neuem Spielmacher hätten aufrichten können.

Nein, dieser neue HSV war am Sonntag noch ganz der alte: Torwart Johannes Bitter (16 Paraden) und Torjäger Hans Lindberg (neun Tore), die Leistungsträger des vergangenen Erfolgsjahrzehnts, waren die auffälligsten und auch besten Spieler. Gut nur, dass auch Kapitän Pascal Hens rechtzeitig vor dem Bundesliga-Auftakt seine Verletzungen ausgestanden hat. Am Sonntag (17.15 Uhr) geht es dann zum Aufsteiger SC DHfK Leipzig, der nach der 24:26-Niederlage beim Heimturnier gegen die Füchse Berlin ebenfalls zu den Enttäuschten der ersten Pokalrunde gehört. Der Mut, zur Lücke zu gehen, sollte bis dahin zurück sein.