Hamburg. Institut bietet Höhentraining für Ausdauersportler an. Trainingsraum ist der einzige seiner Art in Norddeutschland.

Von null auf 2500 Meter Höhe ist es nur ein kleiner Schritt, über die Schwelle von Raum Nummer 17 des Lans Medicum am Stephansplatz. Hinter der Tür mit der Aufschrift „Hypoxie“ sieht es aus wie in jedem modernen Fitnessstudio: Es gibt ein Fahrrad- und ein Ruderergometer, zwei Laufbänder, einen Crosstrainer, eine Fahrradrolle. Auf einer Leinwand läuft ein Nachrichtensender. Wer sich in der Tür geirrt hat, wird sie wieder zumachen und sich nichts denken. „Aber viele, die eintreten, meinen sofort etwas zu spüren“, sagt Mareike Schumacher und deutet auf einen kleinen Bildschirm an der Wand.

Nur er verrät das Geheimnis von Raum Nummer 17, hoch über dem Foyer des alten Postgebäudes: Es ist ein Höhentrainingsraum, der einzige seiner Art in Norddeutschland. Er kommt ohne Schleusen oder Atemmasken aus. Über einen Kompressor im Keller wird Außenluft angesaugt, verdünnt und dann eingeleitet. Je nach der Höhe, die simuliert werden soll, wird der Sauerstoffanteil, der auf Meeresspiegelhöhe 21 Prozent beträgt, reduziert, für 2500 Meter Höhe etwa auf rund 15 Prozent.

„Unsere Eingangshöhe“, sagt Schumacher. Dann bittet die Sportwissenschaftlerin aufs Ergometer, stellt 50 Watt ein und nimmt eine erste Probe: Puls 86, Laktat 1,4, alles fühlt sich so weit normal an. Für heute hat Schumacher eine Ausnahme gemacht. Wer bei Lans Medicum Höhentraining machen will, muss sich einem sportmedizinischen Check unterziehen. In den Höhenraum geht es erst beim zweiten Termin – wenn sichergestellt ist, dass kein Risiko besteht. In der Regel besteht ein Training aus zwölf Terminen à 90 Minuten, verteilt auf vier bis sechs Wochen. Kosten: 60 Euro pro Einheit, zuzüglich 180 Euro für die Eingangsuntersuchung. Einen Sonderpreis gibt es für Teilnehmer der Vattenfall-Cyclassics, die am übernächsten Sonntag zum 20. Mal durch die Stadt rollen. Lans Medicum als sportmedizinischer Partner bei dem Radrennen eingestiegen, zudem unterstützt es das Profiteam von Bora-Argon 18 strategisch.

Schumacher steigert die Belastung auf 75, dann auf 100 Watt. Nach neun Minuten schlägt der Puls bei 116, der Laktatwert liegt bei 1,7. Die Beine fühlen sich noch leicht an, nur die Atmung wird kürzer. Ist das schon die Höhe?

Sie wird von Termin zu Termin gesteigert sukzessive auf 3200 Meter. Bis zu 4500 Meter Höhe können simuliert werden, was allerdings nur für Alpinisten interessant ist, die ihren Körper vor einer Tour an die dünne Luft gewöhnen wollen. Überhaupt ist die Zielgruppe des Höhentrainings vielfältig: ambitionierte Hobbysportler aus Ausdauerdisziplinen wie Triathlon oder Radsport, Ältere, die sich einem Leistungscheck unterziehen, Übergewichtige, die abnehmen, Sportler, die nach Verletzungen wieder Fuß fassen wollen. „Gerade in der Rehabilitationsphase ist das Höhentraining sehr effizient“, sagt der ärztliche Direktor und frühere HSV-Mannschaftsarzt Philip Catalá-Lehnen.

Schumacher steigert weiter: 125, 150 Watt. Nach einer Viertelstunde pocht das Herz mit Tempo 137, das Laktat ist auf 3,1 emporgeschnellt.

Jahr für Jahr versuchen Heerscharen von Ausdauersportlern, sich in Trainingslagern im Gebirge die positiven Effekte der Höhe zunutze zu machen: die verstärkte Bildung roter Blutkörperchen, die zu einer Leistungssteigerung führt. Die DDR hat für ihre Ausdauersportler im heutigen Bundesleistungszentrum in Kienbaum eine Unterdruckkammer eingerichtet. Der Sportartikelhersteller Nike hat im Rahmen seines Oregon-Projekts für Spitzenathleten wie den britischen Langstreckenläufer Mo Farah eine sauerstoffarme Umgebung geschaffen, in der Höhen bis zu 4000 Meter simuliert werden können. Viele Athleten schwören auf die Höhe, einige haben aber auch abgeschworen und berichten von Leistungslöchern, in die sie gefallen seien. Beim Lans Medicum hält man solche negativen Effekte für ausgeschlossen, weil die Erholung nach dem Training unter normalen Bedingungen stattfindet und nicht in dünner Luft.

Sportwissenschaftlerin Mareike Schumacher überwacht das Training im Höhenraum
Sportwissenschaftlerin Mareike Schumacher überwacht das Training im Höhenraum © Lans Medicum

„Wir beobachten bei unseren Kunden eine deutliche Ökonomisierung der Herzfrequenz“, sagt Schumacher. Das heißt, dass bei gleicher Belastung der Puls geringer ist und der Sauerstoffanteil im Blut steigt. Sie zündet die für heute letzte Stufe: 175 Watt. Puls 139, Laktat 3,5. Es wird anstrengend.

Der Hamburger Topschwimmer Jacob Heidtmann hat im Lans Medicum ein Jahr lang zweimal in der Woche je eine Stunde auf dem Laufband trainiert. Er sagt: „Ohne es wissenschaftlich belegen zu können, aber ich hatte das Gefühl, dass es etwas gebracht hat.“ Jedenfalls hätten sich die Ausdauerwerte in dieser Zeit signifikant verbessert, was allerdings auch aufs verstärkte Schwimmtraining zurückgeführt werden könnte.

Nach dem Training erholen sich Puls und Laktat schnell, aber eine gewisse Erschöpfung wird sich den ganzen Tag halten. Das muss die Höhe gewesen sein. Ganz bestimmt!