Hamburg. Der HSV Handball hat ein neues polnisches Duo: den Abwehrchef Piotr Grabarczyk und das Toptalent Maciej Majdzinski.

Die beiden polnischen HSV-Handballer Piotr Grabarczyk und Maciej Majdzinski hatten im Juli eine besondere Wohnsituation. Da lebte das 19-jährige Toptalent Maciej wie ein Sohn in der Familie des 32 Jahre alten neuen HSV-Abwehrchefs, zusammen mit Grabarczyks Töchtern Kaja, 3, und Iga, 1, und Ehefrau Katarzyna. „Grabar ist ein guter Vater“, erzählte Maciej schmunzelnd. Er als „guter Sohn“ habe mitgeholfen im Haushalt der Wohnung in Eppendorf. „Ich war auch der Babysitter für die Mädchen.“ Grabarczyk verriet: „Wir wollen mit Maciej noch in den Zoo. Wie heißt das? Hagenbeck?“

Inzwischen ist Majdzinski wieder ausgezogen bei seinem Ziehpapa, er weilt beim Lehrgang der polnischen U19-Nationalmannschaft in Warschau. Danach zieht der smarte Teenie mit dem keck hochgestylten Justin-Bieber-Haar in seine erste eigene kleine Wohnung. Ein besonderer Ansprechpartner wird sein 13 Jahre älterer Landsmann Grabarczyk aber bleiben bei seinem neuen Verein HSV in dem fremden Land: „Ich kannte ihn vorher nicht, aber jetzt passt er auf mich auf. Er ist ein sehr ehrlicher, netter Mensch.“

Grabarczyk ist ein ruhiger Mann, wenn man ihn abseits der Platte trifft und er zum Beispiel sehr sanft über seine Ehefrau spricht. Der Gentleman verrät nur das Alter seiner Mädchen, nicht aber das seiner Katarzyna. Denn: „Sie ist für immer jung“, sagt er.

Aber wehe, man begegnet „Grabar“ als Gegner auf dem Feld. Dieser Zerstörer mit dem Gardemaß von zwei Metern und 100 Kilogramm Gewicht wurde in der abgelaufenen Spielzeit 2014/15 zum zweitbesten Abwehrspieler der Champions League gewählt. Der Weltmeisterschaftsdritte von KS Kielce war der erste Neuzugang des HSV für die kommende Saison, der absolute Wunschspieler des neuen Trainers Michael Biegler. Seit 2012 ist Biegler auch Trainer der polnischen Nationalmannschaft. „Und seit der ersten Minute ist er mein Deckungschef, er hat die Aufgabe überragend angenommen“, sagt Biegler. „Wir bekommen international immer neben den Spaniern und Franzosen die wenigsten Gegentore. Das ist größtenteils sein Verdienst. Auf den kann ich mich immer verlassen. Auch wie er sich jetzt hier schon eingelebt hat: alles perfekt.“

HSV-Geschäftsführer Christian Fitzek hebt hervor, dass man den „sehr loyalen“ Grabarczyk nachts um drei aufwecken könne und er würde sofort für Biegler und den HSV auflaufen. „That’s my job, no problem“, sagt Grabarczyk auf Englisch. Noch trauen sich er und Majdzinski nicht, deutsch zu sprechen. Aber dann wiederholt der Riese Gra­barczyk auf Deutsch: „Meine Arbeit.“ Diese Vokabel kennt der neue pragmatische HSV-Vorarbeiter bereits.

Das „Hauptargument“ zum HSV zu wechseln sei Biegler gewesen. Er nennt ihn nicht „Beagle“, wie sonst fast alle, sondern „Michael“. Das klingt bei ihm noch respektvoller. „Er ist ein großartiger Mann und ein sehr guter Trainer“, sagt Grabarczyk. „Wir wollen beim HSV etwas zusammen aufbauen.“

Der Kreisläufer hörte auch vom langjährigen HSV-Halbrechten Krysztof Lijewski, mit dem er in Kielce aktiv war, welch großer Verein der HSV sei und wie viel Lebensqualität Hamburg biete: „Krysztof hat mir immer gesagt: Wenn du mal eine Chance hast, zu diesem Club zu gehen, dann musst du gehen!“ Auch die Stadt Hamburg hat es ihm und seiner Familie angetan. Allerdings: „Das ist eine riiiesige Stadt, wir brauchten vom ersten Tag an ein Navi.“

Youngster Majdzinski schwärmt ebenfalls von der Hansestadt. „That’s a super city“, formuliert er frisch. Auch bei ihm sei Biegler der Hauptgrund gewesen, nach seinem Abitur den Schritt von SMS Danzig in die Bundesliga zum HSV zu gehen. „Er hat mir gesagt, dass das eine große Chance für mich ist.“

Majdzinski ist überspielt und soll erst einmal nur auf hohem Niveau trainieren.

Der Linkshänder, der vor allem in der Rückraummitte, im rechten Rückraum, aber auch als Rechtsaußen eingesetzt werden kann, soll beim HSV behutsam aufgebaut werden und erst einmal nur trainieren. Er wurde bisher auch in keinem Testspiel eingesetzt. „Maciej ist total überspielt, er hat in Polen in vier Mannschaften gespielt. Deshalb mache ich mir über Spieleinsätze bei ihm im nächsten halben Jahr erst mal gar keine Sorgen“, sagt Biegler.

Der 54-Jährige schmeißt nicht mit Superlativen um sich, aber Majdzinski hält er für ein Ausnahmetalent. „Der Kleine macht einem richtig Spaß. Ich habe den Nachwuchsbereich ja auch sondiert. Das ist absolut der Topspieler, den die Polen in den nächsten Jahren haben werden.“ Biegler betont: „Er kann mehrere Positionen spielen, ist zudem Linkshänder, ist technisch versiert, hat ein Auge für seine Mitspieler und ist charakterlich einwandfrei.“

Die HSV-Anhänger können sich also freuen auf ein ambitioniertes Polen-Duo: für die Gegenwart auf den „Professor der Defensive“, wie Piotr Grabarczyk auch genannt wird. Und für die Zukunft auf das lernwillige Supertalent Maciej Majdzinski. Allerdings müsste für den Jungen mit dem Zungenbrecher-Namen schleunigst noch ein Spitzname her.

Der HSV tritt an diesem Wochenende beim hochkarätig besetzten Heide-Cup in Schneverdingen an. Heute um 20.15 Uhr trifft er auf KIF Kolding-Kopenhagen.