Spielberg/Hamburg. Nach dem vermeintlichen Audi-Befehl zum Abdrängen des Meisterschaftsführenden Wehrlein werden in der DTM Konsequenzen gefordert.

Aufruhr in der DTM. Die Stimmung ist nach wie vor gereizt - auch am Tag nach dem vermeintlichen „Abschuss“ von Audi-Pilot Timo Scheider gegen den Meisterschaftsführenden Pascal Wehrlein (Mercedes). Der vermeintliche Befehl dazu verfolgten Zuschauer in der Übertragung in der ARD. Dort war Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich zu hören, wie er sagte: „Timo, schieb ihn raus“. Es folgte wenig später die Kollision.

Mercedes-Teamchef Ulrich Fritz bezeichnete den Funkspruch als „grob unsportlich“: „Das ist ein Verhalten, das wir von unseren Fahrern nicht tolerieren und auch nicht fordern werden.“ Der langjährige Mercedes-Motorsportchef und aktuelle ARD-Motorsportexperte Norbert Haug sagte: „Das ist schlecht für unseren Sport. Ein Rennergebnis wurde verfälscht - ein Vorgang, der am Saisonende womöglich das Endergebnis beeinflussen kann.“

„Absichtliche Kollision“

Die Schuldfrage ist für den Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) jedenfalls keine. „Nach Ansicht der Sportkommissare muss aufgrund der Telemetriedaten und der vorliegenden Videoaufnahmen davon ausgegangen werden, dass die Kollision absichtlich herbeigeführt wurde“, heißt es in der Begründung für Scheiders Rennausschluss am Sonntagabend. Auf Empfehlung der Rennkommissare in Spielberg wurde zudem eine Untersuchung in die Wege geleitet.

Das bedeutet nichts anderes als dass Ullrich nicht - wie er beteuerte - versehentlich Funkkontakt zu Scheider hatte. Ebenso ist demnach auch die Version des zweimaligen DTM-Champions Scheider infrage zu stellen, er habe „nichts registriert“ und sei letztlich unglücklich ins Heck von Mercedes-Pilot Robert Wickens gekracht, der in einer Kettenreaktion den sechstplatzierten Wehrlein in der letzten Runde ins Kiesbett beförderte.

Genugtuung bei Wehrlein

Wehrlein verspürte am Montag zumindest Genugtuung. „Die Sportkommissare haben es nach Auswertung der Videos und Daten als ABSICHT eingestuft“, schrieb der Formel-1-Testfahrer auf seiner offiziellen Facebook-Seite - um wenig später einen speziellen Gruß an Audi zu löschen und seinen Post damit zu entschärfen.

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Nachdem juristisch die Weichen gestellt sind, werden nun die Rufe nach Konsequenzen und einem klaren Wertekodex in der DTM laut. „Es gibt im Sport viel Wichtigeres als Pokale, Trophäen, Siege und gewonnene Meisterschaften. Nämlich Stil, Respekt vor dem Gegner, Ehrlichkeit, Sportlichkeit und auch Mut und Kraft, zweiter Sieger werden zu können“, sagte Haug.

„So etwas darf es in der DTM und im gesamten Motorsport nicht geben. Durch das DMSB-Urteil darf kein Anreiz entstehen“, sagte Mercedes-Teamchef Fritz und wies neben dem moralischen Aspekt auf einen weiteren Faktor hin: „Man darf nicht vergessen, dass wir hier Motorsport betreiben - und der ist nicht gerade ungefährlich.“

„Auf gar keinen Fall eine Anweisung an Timo“

Während Audi den Wertungsausschluss akzeptierte, steht Ullrich als erster Mann der Ingolstädter im Motorsport weiter im Fokus. „Der Funkspruch hat sich für mich nicht besonders emotional angehört“, sagte der frühere DTM-Star Manuel Reuter. Ullrich hatte die Äußerung auf seine Aufregung in dem fraglichen Moment zurückgeführt, sie sei „allein dem Adrenalin in diesem Moment geschuldet“ gewesen. Er funke während eines Rennens nicht mit den Fahrern und habe auch nicht gewusst, dass der Funk offen war. Sein Ausspruch sei deshalb „auf gar keinen Fall eine Anweisung an Timo“ gewesen.

Reuter, nach seiner Rennfahrerkarriere zunächst TV-Co-Kommentator und mittlerweile Sprecher der Fahrergewerkschaft, hat unabhängig von dem nun anstehenden juristischen Geplänkel noch eine ganz andere Sicht der Dinge: „Für die DTM ist das ohne Zweifel gut. Aber das steht auf einem anderen Blatt.“