Hamburg. Turnierdirektor verspricht Hamburgs Tennisfans einen hoch motivierten Spanier. Nach Haas-Absage nur drei Deutsche im Hauptfeld.

Es gibt ja Menschen, die ein Leben lang darum kämpfen, von ihrem Angebeteten erhört zu werden – und die trotzdem nie zum Zuge kommen. Dass Beharrlichkeit aber auch zum Ziel führen kann, das hat Michael Stich in der vergangenen Woche erfahren. „Seit zwei Jahren baggern wir nun an Rafael Nadal herum. Jetzt haben wir es endlich geschafft“, sagte der Direktor des Herrentennisturniers am Hamburger Rothenbaum, als er am Montagmorgen in der Golden-Slam-Bar im Bauch des Centre-Courts die Nachricht der Woche verkündete.

Rafael Nadal, der auf Weltranglistenplatz zehn abgerutschte spanische Sandplatzkönig, wird in der kommenden Woche das traditionsreiche Hamburger Tennisevent beehren. In der vergangenen Woche hatte Stich nach zähen Verhandlungen mit Nadals Manager Carlos Costa Einigkeit über einen Start des 29 Jahre alten Mallorquiners erlangt, doch erst nach Abschluss aller Verträge wurde die Nachricht nun offiziell verkündet. „Es gibt weltweit drei Spieler, die das Publikum anziehen. Roger Federer, Novak Djokovic und Nadal. Ich freue mich unheimlich, dass wir den Hamburgern einen solchen Spitzenspieler bieten können“, sagte Stich, „man weiß ja nicht, wie oft es diese Gelegenheit noch geben wird.“

Das stimmt leider. Die Verletzungssorgen des chronisch angeschlagenen Spaniers, der vor allem mit seinen Knien immer wieder Probleme hat, sind angesichts seines kraftraubenden Spiels über die Jahre angewachsen. 141 Wochen stand er an der Spitze der Weltrangliste, zuletzt gab es allerdings sogar Gerüchte um ein nahendes Karriereende, zu zermürbt und mental angeknockt wirkte Nadal von den schweren Grand-Slam-Niederlagen der Saison. Bei den French Open in Paris, wo er als neunmaliger Champion als Rekordsieger geführt wird, unterlag er im Viertelfinale Djokovic in drei Sätzen. In Wimbledon verlor er gar in der zweiten Runde gegen den Deutschen Dustin Brown.

Nadal braucht dringend Punkte

Diese Niederlage war für Hamburg indes ein Glücksfall, denn Nadal braucht dringend Punkte, um in der Weltrangliste nicht zu weit abzurutschen. Die 500 Zähler, die der Rothenbaum-Sieger erhält, würden ihm guttun. Zudem dürfte auch die Antrittsprämie, die die veranstaltende Agentur HSE zahlt, eine Entscheidungshilfe dargestellt haben. Wie hoch diese ist, wollte Stich am Montag naturgemäß nicht sagen. „Wir gehen ein gewisses Risiko ein, das aber nicht unkalkulierbar ist“, sagte er. Hauptsponsor Bet-at-home habe bei der Finanzierung geholfen, zudem erhoffe man sich einen deutlichen Schub im ohnehin gut laufenden Ticketverkauf (Karten: 040 – 23 880 4444). Klar scheint, dass die Summe niedriger ist als die 500.000 Euro, die Nadal im Juni erhielt, als er beim Rasenturnier in Stuttgart siegte.

Dass ihm der dritte Titelgewinn des Jahres – Ende Februar triumphierte er in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires – in der kommenden Woche leicht von der Hand gehen wird, ist allerdings längst nicht sicher. Topgesetzt ist sein Landsmann, der Weltranglistensiebte David Ferrer. Mit Nicolas Almagro, Roberto Bautista Agut und Tommy Robredo sind drei weitere starke Spanier am Start, außerdem erhielt das Toptalent Jaume Munar, 18, French-Open-Finalist von 2014, eine Wildcard, die sich Nadal als weitere Teilnahmebedingung erbeten hatte.

Die anderen beiden Freitickets gingen an die deutschen Profis Alexander Zverev, 18, aus Hamburg, der im vergangenen Jahr sensationell das Halbfinale erreicht hatte, und den lange verletzten Bayreuther Davis­cupspieler Florian Mayer. Dritter Deutscher im Hauptfeld ist Philipp Kohlschreiber (Augsburg). Dagegen fanden die Lokalmatadoren Tobias Kamke, 2014 im Viertelfinale an Zverev gescheitert, und Julian Reister in diesem Jahr keine Berücksichtigung. „Sie haben sich in den vergangenen Wochen wahrlich nicht aufgedrängt“, sagte Stich, der die Wildcards für die Qualifikation an Maximilian Marterer (Nürnberg) und den Koblenzer Jan Choinski vergab. Im Doppel soll Alexander Zverev mit seinem Bruder Mischa, 27, voraussichtlich eine Chance erhalten. Die zweite Wildcard erhielten Kohlschreiber und der Kölner Philipp Petzschner.

Nadal war schon dreimal am Rothenbaum

Verzichten müssen Hamburgs Tennisfans auf Tommy Haas. Die vagen Hoffnungen, der 37-Jährige könnte sich trotz seiner Schulterprobleme als Aktiver vom Rothenbaum verabschieden, haben sich nicht erfüllt. „Wir wollen Tommy gern einen würdigen Abschied ermöglichen, aber in diesem Jahr passt eine Rückkehr auf Sand nicht in seinen Plan. Schauen wir, was 2016 möglich ist“, sagte Stich, der die Absage des Lokalmatadoren angesichts der Einigung mit Nadal relativ entspannt hinnehmen konnte.

Dreimal schlug der Spanier, der am Freitag in Hamburg erwartet wird, bislang am Rothenbaum auf. 2003 scheiterte er im Achtelfinale, 2007 unterlag er Federer im Finale, ein Jahr darauf revanchierte er sich im Endspiel am Schweizer. Es war das letzte Jahr, bevor Stich die Geschäfte übernahm. Damals war Hamburg noch Teil der Mastersserie, die Topspieler waren teilnahmeverpflichtet. Nun gilt es in der kommenden Woche, aus der Zweckehe zwischen Hamburg und Nadal eine echte Liebesbeziehung zu machen.