Hamburg . Serbischer Club Nikola Tesla sollte mit dem albanischen Verein Klub Kosova in einer Liga spielen. Verbandsgericht hebt Entscheidung auf.

Erleichterung, das war das Gefühl, das den Gemütszustand der Verantwortlichen des FK Nikola Tesla am Mittwochabend am besten beschrieb. Vor dem Verbandsgericht des Hamburger Fußball-Verbands (HFV) war dem Einspruch des serbischen Vereins gegen die Einteilung in die Landesliga Hansa stattgegeben worden. Das Ziel, für das Cheftrainer Marc Zippel und der Vorstand wochenlang gekämpft hatten, war erreicht worden.

Nach dem Aufstieg aus der Bezirksliga wuchs in dem Verein aus Bahrenfeld, der seine Heimspiele an der Sternschanze austrägt, die Angst vor diesem Horrorszenario: Einteilung in die Landesliga Hansa, wo der albanische Klub Kosova aus Wilhelmsburg beheimatet ist. Zwischen Serben und Albanern herrscht seit dem Kosovokrieg 1999 tiefer Hass, bis heute wird die mehrheitlich von Albanern bewohnte Region von der serbischen Regierung nicht als unabhängig anerkannt.

Um die vom Krieg traumatisierten Rivalen nicht an ihrem Zufluchtsort Hamburg aufeinandertreffen zu lassen, bat Nikola Tesla um die Einteilung in die Hammonia-Staffel der zweigleisigen Landesliga, in die der Club auch aus geografischen Gründen eher passen würde. Der Wunsch wurde vom Klub Kosova ausdrücklich unterstützt, die Vereinsoberen pflegen einen guten Kontakt. Auch die Spieler – beide Teams bestehen aus einem Vielvölkergemisch, das mehrheitlich serbisch respektive albanisch geprägt ist – kommen miteinander aus. Das Problem seien Trittbrettfahrer aus beiden Lagern, die das Fußballspiel für Propagandazwecke missbrauchen könnten. „Wir hätten für die Sicherheit nicht garantieren können“, sagte Zippel.

KOMMENTAR: EIN SIEG DER MENSCHLICHKEIT

Der Spielausschuss des HFV lehnte die Bitte jedoch ab, teilte Nikola Tesla am 16. Juni der Hansa-Staffel zu und ließ sich auch in einer Berufungsverhandlung am 30. Juni nicht von diesem Urteil abbringen. Begründung: Sport solle zur Integration beitragen und Brücken bauen, man könne nicht aufgrund politischer oder ethnischer Konflikte die selbst verordneten Grundsätze zur Ligeneinteilung missachten. Man habe in Hamburg schließlich regelmäßig Duelle verfeindeter Volksgruppen wie Kurden und Türken oder Serben und Kroaten. Von dieser Meinung wollte Joachim Dipner, Vorsitzender des Spielausschusses, auch vorm Verbandsgericht in der HFV-Zentrale in Jenfeld nicht abweichen.

Mit einer emotionalen Rede schaffte es Zippel jedoch, das Gericht um den Vorsitzenden Thomas Zeißing von Teslas Standpunkt zu überzeugen. „Es gibt keinen vergleichbaren Konflikt wie den zwischen Serben und Albanern. Wir haben Angst, dass es Tote geben wird, wenn wir gegeneinander spielen müssen, denn es ist beiderseits nicht steuerbar. Es geht hier um Menschen, und wir werden nicht hinnehmen, dass hier unverantwortlich nur anhand von Paragrafen gehandelt wird“, sagte der 47-Jährige. Den wichtigsten Satz sagte allerdings Beisitzer Mike Gielow, der als Polizeibeamter Erfahrungen mit Serben und Albanern gesammelt hat. „Ich weiß, dass das Konfliktpotenzial dort viel höher ist als anderswo, Herr Zippel übertreibt nicht“, sagte er.

Das saß. Nach insgesamt 75 Minuten Verhandlungszeit erklärte Zeißing, der HFV-Spielausschuss habe angesichts des drohenden Gewaltpotenzials keinerlei Ermessensspielraum und müsse deshalb dem Wunsch Nikola Teslas entsprechen. „Integration ist ein hehres Ziel. Aber wir dürfen nicht sehenden Auges in die Gefahr hineinlaufen“, sagte der Vorsitzende. Dipner, der nach dem Urteilsspruch wortlos davonfuhr, und seine Spielausschusskollegen entschieden am Donnerstag, dass anstelle Teslas nun der – auch geografisch viel besser passende – TSV Sasel in der Hansa-Staffel antreten wird.

Die Verantwortlichen des TSV Sasel wollen sich mit dieser Entscheidung jedoch nicht abfinden und haben Protest angekündigt.