Kaltern. Fußball-Weltmeister von 1990 um Lothar Matthäus feiern in Südtirol den 25. Jahrestag des Erfolgs von Rom. Torschütze Brehme fehlt.
Bei „Un'estate italiana“ hielt Wolfgang Niersbach nicht mehr still. Der DFB-Präsident stand von seinem Stuhl auf und klatschte begeistert mit, als eine Live-Band am Mittwochabend beim feierlichen 25-Jahre-Jubiläum den WM-Song von 1990 anstimmte. Die früheren Weggefährten treffen, alte Geschichten ausgraben, sich hochleben lassen: Das war der Plan der deutschen Ex-Weltmeister um Teamchef Franz Beckenbauer, die ein Vierteljahrhundert nach ihrem Final-Coup von Rom beim Gala-Dinner am Kalterer See in Erinnerungen schwelgten. „Es ist wunderschön, dass sich der Kreis immer wieder schließt“, meinte Stefan Reuter zum Wiedersehen der Helden von einst.
Dass an den tapferen Titel-Recken vom Sommer 1990 die Zeit nicht ganz spurlos vorübergegangen ist und mancher Bauch fülliger sowie manches Haar lichter geworden ist, verschwiegen die Protagonisten von einst - 15 der 22 WM-Spieler folgten der Einladung nach Südtirol - elegant.
90er Weltmeister feiern noch einmal
Ex-Pressechef Niersbach war im Hotel Seeleiten an der bekannten Südtiroler Weinstraße entzückt, „diese Gemeinschaft wieder zu erleben“, Beckenbauer erinnerte, dass der Titel mit jenem Kader von einst nicht zu vermeiden war. Weltmeister-Kapitän Lothar Matthäus schließlich lobte den Zusammenhalt der damaligen Truppe. „Da war kein einziger Stinkstiefel dabei“, meinte der Rekordnationalspieler.
Doch ausgerechnet Final-Held Andreas Brehme war 25 Jahre später nicht bei der Feier dabei. Während Spieler wie Jürgen Klinsmann (mit dem US-Team beim Gold Cup) oder Karl-Heinz Riedle (mit dem BVB in Asien) entschuldigt fehlten, tauchte Brehme nicht auf. „Bei einigen kann man verstehen, dass sie nicht da sind, aber bei Andi nicht“, sagte Matthäus der „Bild“ (Donnerstag). „Wir fühlen uns im Stich gelassen.“ Am 8. Juli 1990 war Brehme nach seinem Elfmetertor noch der strahlende Held.
Auch dieser Aspekt ist Teil der WM-Story von „Italia Novanta“, dass nämlich längst nicht alle Akteure auch nach ihrer Karriere an den schillernden Erfolg anknüpfen konnten - Bundesliga-Manager wie Rudi Völler oder Stefan Reuter sind da sogar die große Ausnahme. Pierre Littbarski erinnerte in der „FAZ“ daran, dass Weltmeister im Fußball nicht zwangsläufig Weltmeister im Leben sind und „aus einem Weltmeisterbonus auch schnell ein Weltmeistermalus werden kann“. Mit dem Ruhm und den Erwartungen fertig zu werden ist nicht so einfach.
Daran wollten die Jubilare am Grillbuffet mit erlesenen heimischen Spezialitäten wie Hirschfilet, Saltimbocca vom Lammrücken, gebratenem Wolfsbarsch oder Tagliolini an Speck-Pfifferlingsauce aber freilich nicht erinnern. Lieber wurden Geschichten ausgepackt wie jene vom Training in Kaltern, wo die Fußballer ihrem Masseur Adi Katzenmeier einen Hasen im Koffer versteckten. Als ein WM-Film gezeigt wurde, gab es spontan Szenenapplaus für das Solo von Matthäus gegen Jugoslawien.
Den größten Lacher erntete Beckenbauer für den im Video eingespielten Satz über die angeblich „auf Jahre hinaus“ unschlagbaren Deutschen - die dann doch 24 Jahre auf den nächsten WM-Titel warten mussten. Als Matthäus und Niersbach alte Adidas-Trainingsjacken in blau und türkis sowie weiß-schwarz-rot überstreiften, war die Stimmung nicht minder heiter. „Wir waren auf jeden Fall die bestangezogene Mannschaft des Turnier“, witzelte Matthäus, ehe er um 21.56 Uhr von einer Südtirolerin im Dirndl den WM-Pokal von 1990 überreicht bekam.
In Erinnerung an die Titel-Sause von vor 25 Jahren wurden Zigarren angezündet, Handyfotos mit der goldenen Trophäe wurden reichlich geschossen - ehe nach einer kurzen Zeitreise in die Vergangenheit für die zum Teil angegrauten Ex-Profis das normale Leben weiterging. DFB-Chef Niersbach war dann auch der einzige, der bei „Un'estate italiana“ kurz mitklatschte - sich aber schnell wieder hinsetzte.
(dpa)