Hamburg. Bereits zum siebten Mal konnte der gebürtiger Stader das Deutsche Derby für sich entscheiden – Shimrano enttäuschte als Elfter

Beatrice Henke

Donner und Starkregen setzten erst eine halbe Stunde nach dem Rennen des Jahres ein. Mehr als 12.000 Zuschauer auf dem Horner Hippodrom konnten sich so auf ein anderes Phänomen konzentrieren: Wie ein Blitz preschte Nutan auf der Zielgeraden auf und davon und sicherte sich das 146. Deutsche Derby überlegen mit fünf Längen Vorsprung. Was für ein Rennen, was für eine Stimmung, was für ein Pferd – und was für ein Jockey!

Denn Andrasch Starke, Lokalmatador und Publikumsliebling, brillierte erneut mit einer taktischen Meisterleistung. Von den Anfeuerungsrufen der Besucher beflügelt, war er im entscheidenden Moment zur Stelle. Und wie: Es war ein bisschen so, als drücke der gebürtige Stader, der lange in Hanstedt in der Nordheide lebte, auf ein Gaspedal.

Auf den Plätzen liefen die Außenseiter Palace Prince mit Eddy Hardouin im Sattel, der für 65.000 Euro nachgenannt worden war, und Fair Mountain unter Eduardo Pedroza ein. Letzterer gehört der Hamburger Bankiersgattin Margrit Wetzel. Eine schöne Überraschung, die 78.000 Euro Preisgeld brachte. Der Stall Nizza, hinter dem der Freiburger Bankier Jürgen Imm steht, kassierte gar 390.000 Euro plus einen Großteil der Züchterprämie von 204.000 Euro.

Von Nutans Siegbörse stehen Andrasch Starke fünf Prozent zu, mithin knapp 20.000 Euro. Unbezahlbar ist der Ruhm, zum siebten Mal das bedeutendste deutsche Pferderennen gewonnen zu haben. Was das heißt, wird der zweijährige Henning erst später begreifen. Aufgeregt saß der Buttje bei der Siegerehrung auf dem Arm seines Vaters und staunte über das Geschehen. Zwei Schimmelreiter als Eskorte, Lorbeerkranz, Nationalhymne, ein Ehrenpreis aus der Hand des Finanzsenators Peter Tschentscher und Applaus satt waren der würdige Rahmen für einen Champion. Auch Ehefrau Vanessa und die neun Wochen alte Greta waren erstmals beim Wettstreit um das Blaue Band dabei.

„Horn ist wie mein Wohnzimmer“, sagte Starke nach der Zeremonie in seinem unverändert norddeutschen Idiom. „Als ich mich auf der Schlussgeraden umschaute, konnte ich den Vorsprung kaum glauben.“ Nach dem Einlauf stellte er sich in die Steigbügel und warf Luftküsse in Richtung Haupttribüne. Das kam dem Publikum bekannt vor: Einen Sonntag zuvor hatte Starke auf Lovelyn mit dem Hansa-Preis auch die zweitwichtigste Prüfung der Rennwoche gewonnen. Hier wie da waren Chuzpe und Bravour die Zauberworte.

In beiden Fällen hieß der Trainer Peter Schiergen, 50. Für den Kölner, der früher selbst erfolgreich im Derby ritt, war es der fünfte Sieg. Gestern schmeckte der Triumph besonders süß. Bei diesem guten Geschmack kamen Erinnerungen an das 144. Deutsche Derby vor zwei Jahren auf, als Lucky Speed seinem Namen alle Ehre machte. Der Trainer damals: Peter Schiergen. Der Jockey: Andrasch Starke.

Dieses Team hat das Zeug, aus guten Pferden Sieger zu machen. Solchen Männern gehört das Vertrauen des wettenden Volkes. Der neue Turfkönig Nutan war als 43:10-Mitfavorit in die Startbox gerückt. 27:10 Euro hätte Shimrano unter Adrie de Vries im gewinnenden Fall gezahlt, doch enttäuschte der Dreijährige als Elfter. Auch Hauptsponsor Albert Darboven hatte sich mehr ausgerechnet als Platz 14 für seinen Vollblüter Koffi Prince. Eingangs der Zielgeraden lag der Fuchs als Riesenaußenseiter noch in Führung, dann ging ihm die Puste aus. Auch der dritte Hamburger Teilnehmer hatte nicht den Hauch einer Chance: Shining Rules aus dem Stall Winterhude wurde 18. und damit Letzter.

„Es war eine fast perfekte Derbywoche“, bilanzierte Rennclub-Präsident Eugen-Andreas Wahler nach dem finalen Einlauf bei einem Glas Sekt im Waagegebäude. Auch am Sonnabend fiel der Besuch trotz der Hitze mit 5800 Zuschauern anständig aus. Den Hamburger Stuten-Preis (55.000 Euro) holte sich Gestüt Röttgens Anna Katharina mit Andreas Helfenbein im Sattel sicher vor der gleichfalls Dreijährigen Amona unter Alexander Pietsch. Andrasch Starke hatte in diesem Gruppe­rennen auf Winnemark – ausnahmsweise – keine Siegchance. 13 Siege an sieben Horner Renntagen machten ihn auch in dieser Beziehung zum Größten.

Am 3. Juli 2016 gibt es die nächste Chance, das Blaue Band zu gewinnen. Wie schon im weltmeisterlichen Vorjahr kommt es dann zu einer Terminkollision mit der Fußball-EM in Frankreich. Ausgerechnet während der Derbywoche gibt es ein volles Programm mit den Begegnungen des Achtel- und Viertelfinales. „Fest steht, dass wir dem Fußball weitestgehend aus dem Weg gehen werden“, sagte Eugen-Andreas Wahler.