Echte Liebe, womit Borussia Dortmund immer wirbt, ist das nicht. Gündogan verlängert erneut nur um ein Jahr. Ärger ist programmiert.

Normalerweise löst die Vertragsverlängerung eines von internationalen Top-Clubs umworbenen Nationalspielers und Leistungsträgers frenetischen Jubel bei den Fans aus. Doch als Ilkay Gündogan am Mittwochnachmittag seine Vertragsverlängerung bei Borussia Dortmund bekannt gab, fielen die Reaktionen der BVB-Fans unterschiedlich aus.

„Echte Liebe ist das nicht“, kommentierte Alexander Grün bei Twitter und trifft damit den Tenor vieler Anhänger des Revierclubs. Der Slogan „Echte Liebe“ hat sich in Dortmund etabliert und wird von Fans, Verantwortlichen und den meisten Spielern eindrucksvoll zelebriert. Der BVB sei leidenschaftlicher als alle anderen Vereine, so die simple Idee hinter dem Motto.

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Der Autor ist Sportreporter beim Abendblatt
Der Autor ist Sportreporter beim Abendblatt © HA | Andreas Laible

Doch Ilkay Gündogan ist nicht erst seit seiner Vertragsverlängerung auf dem besten Weg, die für die Identifikation in Dortmund so wichtigen Werte wie Leidenschaft und Treue mit Füßen zu treten. Dass sich der 24-Jährige zum zweiten Mal in Folge nur ein weiteres Jahr an den BVB bindet, ist keinesfalls aus „Echter Liebe“, sondern vielmehr aus beidseitigen taktischen Gründen geschehen.

Gündogan hat seinen Marktwert überschätzt

Gündogan war eigentlich schon weg. Der Mittelfeldspieler wollte sich trotz Kontrakts bis 2016 neu orientieren und Dortmund erhoffte sich eine üppige Ablösesumme. Er werde seinen Vertrag nicht verlängern, verkündete der Nationalspieler erst im April. Keine drei Monate später sieht plötzlich alles anders – fast alles.

Denn ein Vereinswechsel platzte, weil Gündogan sich verzockte. Nach vier Jahren in Dortmund sollte es ein europäischer Spitzenclub werden. Trotz Verhandlungen mit Bayern München und Barcelona kam ein Transfer aufgrund seiner zu hohen Gehaltsforderungen nicht zustande. Womöglich hat der Sechser seinen Marktwert überschätzt – und ruderte nun mit der Vertragsverlängerung beim BVB zurück.

Von Dankbarkeit ist nichts zu spüren

Es ist keine zwei Jahre her, da stand Gündogan kurz vor dem Karriereende. Nach anhaltenden Rückenproblemen war es lange Zeit nicht klar, ob der dynamische Sechser, der damals schon von Barcelona umworben wurde, jemals wieder auf den Fußballplatz zurückkehren könnte.

Inmitten dieser Zeit verlängerte er seinen Dortmunder Kontrakt gerade mal um ein Jahr bis 2016. Schon damals war allen Beteiligten klar: Gündogan werde nicht bis Vertragsende beim BVB bleiben. Die Vertragsverlängerung geschah nur, damit Dortmund im Sommer 2015 eine Ablösesumme kassieren kann. Von Dankbarkeit für die Unterstützung des gesamten Vereins in dieser schwierigen Phase war nichts zu spüren.

430 Tage nach seiner schweren Verletzung feierte Gündogan schließlich sein Comeback. Doch anstatt sich zunächst einmal um seine alte Form zu bemühen, kokettierte er im Nu erneut mit einem Wechsel. Ein Bewerbungsschreiben für Barca, Bayern oder Real Madrid war seine Saison allerdings nicht. Gündogans Spritzigkeit, Zweikampfstärke und Perfektion im Spielaufbau, die ihn vor seiner langwierigen Verletzung auszeichnete, ist noch nicht wieder die alte. Das war allerdings auch nicht zu erwarten.

Weiterer Ärger ist programmiert

Durch Gündogans abermalige Verlängerung um ein Jahr ist das Wechseltheater keinesfalls beendet, sondern nur aufgeschoben. Im Sommer wird der Poker in die nächste Runde gehen. Erneut wird Barca oder ein anderer Spitzenclub der Traum Gündogans sein.

Der elfmalige Nationalspieler hat nun zwölf Monate Zeit, um seinen Marktwert realistisch einzuschätzen. Vor allem aber muss er sich in dieser Zeit wieder in die Herzen der Dortmunder Fans spielen, die sein Hickhack nicht ohne Weiteres toleriert haben. Gündogans Empfang vor der Südtribüne am ersten Spieltag gegen Gladbach könnte ungemütlich werden.