Hamburg . Huub Stevens bewahrt Stuttgart vor dem Abstieg. Für ihn kommt Alexander Zorninger. Tränen in Freiburg und Paderborn

Am Sonnabend war Huub Stevens nach dem 2:1-Sieg in Paderborn noch der gefeierte Retter des VfB Stuttgart Zwei Tage später war seine Mission Geschichte. Am Montag gab der Club bekannt, dass Alexander Zorninger den Verein nächste Saison trainieren wird. Der frühere Trainer von Zweitligist RB Leipzig unterschreibt in Kürze einen Vertrag bis 2018. Der 47-Jährige vertrete eine Spielidee, die zur künftigen Spielkonzeption des VfB passe, meinte Sportvorstand Robin Dutt, „daher ist er ein Kandidat, der zu unserem Aufbruch passt.“

Dutt kritisierte in einem Rundumschlag Vorgänger Fredi Bobic und stellte eine lange Mängelliste auf. „Wir sind noch mal von der Schippe gesprungen. Das heißt nicht, dass wir die Intensivstation als VfB Stuttgart schon verlassen haben.“ Seine Bestandsanalyse verband Dutt mit wenig schmeichelhaften Worten für die bisherigen Verantwortlichen auf allen Vereinsebenen. „Wir haben zu viele Spieler im Kader, für die es keinen Markt gibt“, sagte Dutt und stellte klar: „Es wird beim VfB Stuttgart bei der Kaderplanung keine One-Man-Show mehr geben.“ Der Umbruch nach dem Fast-Abstieg brauche aber Zeit.

Der 50-Jährige bemängelte auch das Scouting, das ohne klare Vorgaben stattgefunden habe. Künftig soll es eine einheitliche Spielkonzeption aller VfB-Mannschaften geben, die mit neuen Jugendtrainern umgesetzt werde. „Irgendwann haben wir vergessen, den Nachwuchs mitzunehmen. Es gibt hier kein gelebtes Spielkonzept, es ist keine Handschrift zu erkennen.“ Präsident Wahler, seit fast zwei Jahren im Amt, räumte ein, es habe an Strategie und „sportlichem Konzept“ gefehlt. Neuer Teammanager wird Ex-Profi Günther Schäfer. Guido Buchwald, Weltmeister von 1990 und wie Schäfer ein alter VfB-ler, wird den Verein im Scouting in Asien unterstützen.

Unweit der feiernden Stuttgarter vergossen die Paderborner am Sonnabend Tränen. Doch die positive Reaktion der Fans spendete dem als größten Außenseiter in die Saison gestarteten Club Trost. „Das ist Wahnsinn. Da wird ein Absteiger gefeiert. Das hat man auch nicht alle Tage“, kommentierte der sichtlich bewegte Mittelfeldspieler Mario Vrancic. Noch ungeklärt ist die Trainerfrage. Gespräche mit André Breitenreiter sollen in naher Zukunft geführt werden.

Auch bei den Freiburgern war die Enttäuschung riesig. „Das wird eine schlimme, schlimme Woche. Weil du alles durchgehst ...“, sagte Trainer Christian Streich nach dem 1:2 in Hannover, ehe ein heftiges Schluchzen seine Ausführungen zum bitteren vierten Bundesliga-Abstieg des Sportclubs unterbrach.

Bemerkenswert hatte der langjährige SC-Trainer bis zu diesem Moment die Haltung bewahrt. Gefasst und zuversichtlich wirkte Streich, als er seine völlig aufgelösten Spieler in den Arm nahm. Am späten Abend empfingen rund 30 Fans den Absteiger bei seiner Ankunft am Schwarzwald-Stadion mit Applaus. Doch auch am nächsten Morgen blieben die Köpfe der Profis gesenkt. Mit blauen Müllsäcken für ihre Sportsachen verabschiedeten sie sich nach einer letzten Besprechung in den Urlaub oder zu ihren Nationalmannschaften. „Ich habe nur wenig geschlafen“, sagte Mittelfeldspieler Mike Frantz.

Torwart Roman Bürki, der seine rot unterlaufenen Augen am Vorabend noch hinter einem Trikot verborgen hatte, erklärte: „Wenn es eine Stadt nicht verdient hat, dann ist es Freiburg.“ Der Schweizer hat einen Vertrag für Liga zwei, steht nach einer starken Saison aber auf dem Wunschzettel anderer Vereine. „Im Moment gehe ich davon aus, dass ich mit dem SC Freiburg ins Training starte“, sagte er.

Zumindest Sportvorstand Jochen Saier versuchte etwas Zuversicht auszustrahlen. „Wir werden jetzt alles dransetzen, wieder eine gute Mannschaft zusammenzustellen und natürlich den Wiederaufstieg anzupeilen“, kündigte er an. Ein großer Umbruch sei allerdings unvermeidbar, prognostizierte Streich. „Das ist nicht so wie in anderen Vereinen, wo dann irgendwelche Leute kommen und die Millionen hineinschütten“, sagte er.

An der Mission Wiederaufstieg wird Streich aller Voraussicht nach wieder mitwirken. Entrüstet reagierte er auf Fragen, ob er den Club womöglich vorzeitig verlasse. „Ich habe dem Verein so viel zu verdanken. Wie sollte ich jetzt hingehen und sagen: Ich höre auf. Das ist unglaublich“, kommentierte der Coach, der beim SC einen langfristigen Vertrag hat.

Auf die offizielle Cheftrainer-Zusage wartet in Berlin noch Pal Dardai, der Hertha BSC zum Klassenerhalt führte. Ebenfalls offen ist die Trainersituation in Hannover. Dort machte sich die Entscheidung, in den letzten fünf Spielen auf Michael Frontzeck zu setzen, am Ende zwar noch bezahlt. Dennoch verweigerte 96-Boss Martin Kind eine klare Aussage zur Zukunft des Fußball-Lehrers: „Er ist Ansprechpartner Nummer eins. Dabei bleibt es.“ Frontzeck signalisiert Interesse an einem Verbleib: „Mir hat das Spaß gemacht. Ob es weitergeht, müssen wir sehen.“