Las Vegas. Floyd Mayweathers Sieg im „Jahrhundert-Kampf“ gegen Manny Pacquiao bot nicht das Boxen, das viele erwartet hatten

Floyd Mayweather stand mit verschränkten Armen auf den Ringseilen und schüttelte verärgert den Kopf. Die Buhrufe und Pfiffe der Fans erwischten den selbstverliebten Boxprofi wie weitere Wirkungstreffer. Doch in der Tat hatte Mayweather bei seinem einstimmigen Punktsieg gegen Manny Pacquiao in Las Vegas kaum Glanz versprüht – vom viel zitierten „Kampf des Jahrhunderts“ konnte schon gar keine Rede sein.

Während Experten und Fans in aller Welt den Fight zu großen Teilen enttäuscht kommentierten, rechtfertigte sich Mayweather für seine unspektakuläre Darbietung. Ein anderer Kampf sei gegen einen Gegner von Pacquiaos Kaliber nicht möglich gewesen: „Ich musste alles geben, um zu gewinnen. Ich weiß jetzt, warum Manny so berüchtigt ist“, sagte der 38-Jährige nach seinem einstimmigen Punktsieg (116:112, 116:112, 118:110), der zu deutlich ausgefallen war. Der US-Amerikaner blieb im 48. Profikampf unbesiegt und hält nun im Weltergewicht die Titel der Verbände WBA, WBO und WBC.

Auch Pacquiao konnte wenig zum weltweit herbeigesehnten Spektakel beisteuern. Nach der dritten Runde schwächte ihn nach eigenen Angaben eine Verletzung in der rechten Schulter. Schon vor drei Wochen hatte der Philippiner über Schmerzen geklagt, in den letzten Tagen vor dem Kampf ging es aber wieder besser, so dass eine Absage nicht zur Diskussion stand. „Ich dachte, dass ich diesen Kampf gewonnen hätte“, sagte der 36-Jährige.

Die 16.500 Besucher, darunter zahllose Promis, verließen weitgehend ernüchtert die MGM Grand Garden Arena. Die Hollywood-Stars Clint Eastwood und Robert de Niro gehörten genauso dazu wie die früheren Basketball-Giganten Michael Jordan und Earvin „Magic“ Johnson oder das Tennis-Ehepaar Steffi Graf und Andre Agassi. Pop-Superstar Sting sagte: „Ich mag ja die Boxer beide. Aber das war heute kein Jahrhundert-Kampf.“

Der deutsche Weltmeistertrainer Ulli Wegner schimpfte sogar wie ein Rohrspatz. „Das war eine miserable Vorstellung, die Mayweather gezeigt hat. Der Kampf ließ viele Dinge offen, ich bin richtig enttäuscht“, sagte der 73-Jährige als Experte am Ring beim in Deutschland live übertragenden Pay-TV-Sender Sky, der in München zudem eine hochkarätige Talkrunde mit den Weltmeistern Arthur Abraham und Marco Huck sowie Ex-Champion Graciano Rocchigiani aufgeboten hatte. Rocchigiani sprach sogar von einem „langweiligen Scheißkampf“.

Zu einem Rückkampf wird es nicht mehr kommen, das hatte Mayweather im Vorfeld bereits ausgeschlossen. Der über alle Gewichtsklassen hinweg beste Boxer der Welt will im September noch einen Kampf machen und dann ungeschlagen von der Bühne abtreten. Damit hätte er den Weltrekord von Rocky Marciano geknackt, der 1955 nach 49 Kämpfen ohne Niederlage als Weltmeister Schluss gemacht hatte.

Insgesamt hält Mayweather, der bereits in fünf Gewichtsklassen Weltmeister war, aktuell fünf WM-Titel; die drei aus dem Weltergewicht und zwei aus dem Superweltergewicht. Diese will er allesamt zu Beginn der kommenden Woche niederlegen. „Ich möchte anderen Kämpfern eine Chance geben“, sagte der Champion gönnerhaft. Wahrscheinlicher ist, dass sich „Money“ nur von der Pflicht befreien will, in drei Monaten schon einen seiner vielen Titel verteidigen zu müssen.

Auch wenn Mayweather mit seinem abwartenden Defensivstil die Massen in der Spielermetropole nicht begeistern konnte, zeigte er durchaus eindrucksvolle Defensiv- und Konterqualitäten. Von Pacquiaos Schlägen (429) fanden nur 19 Prozent (81) ins Ziel. Der US-Amerikaner kam immerhin auf eine Trefferquote von 25 Prozent. 148 seiner 435 Schläge trafen ins Schwarze. Anerkennung erfuhr er dafür wenig: „Mayweather hat gar nichts riskiert, dadurch kam dieser langweilige Kampf zustande“, meinte Rocchigiani, und Ex-Champion Mike Tyson ätzte via Twitter: „Darauf haben wir fünf Jahre gewartet... #unbeeindruckt“.

Pacquiao kassierte im 64. Kampf seine sechste Niederlage und steht vor dem Ende seiner Karriere. Immerhin kassierte der Volksheld von den Philippinen, wo Hunderttausende Fans die Niederlage mit Bestürzung aufnahmen, rund 100 Millionen US-Dollar. Die Hälfte davon will er für gute Zwecke in seiner Heimat einsetzen. Mayweather verdiente die Rekordbörse von 150 Millionen. Zumindest finanziell durften sich also beide Seiten wie Sieger fühlen. Insgesamt soll der Kampf den Rekordumsatz von 400 Millionen Dollar eingespielt haben. Die Einnahmen durch das Pay-TV sollen 300 Millionen Dollar betragen, 74 Millionen wurden durch den Ticketverkauf in die Kassen gespült. Was das Geld betraf, hatte Las Vegas tatsächlich einen Jahrhundert-Kampf erlebt.