Die Sache kommt einem irgendwie bekannt vor. Vor zehn Tagen hatte Hannovers Präsident Martin Kind erklärt, er wolle unbedingt mit Tayfun Korkut als Trainer die Saison beenden. Doch nach dem desolaten 0:4 in Leverkusen durfte der 96-Coach am ansonsten trainingsfreien Montag nicht mehr die von ihm selbst verordnete Strafeinheit leiten. Die Angst vor dem Abstieg ließ Kind – getreu dem Adenauer-Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ – sein Treuebekenntnis über Bord werfen. Am Montagabend gaben die Niedersachsen die Verpflichtung des ehemaligen St.Pauli-Trainers Michael Frontzeck bis zum Saisonende bekannt.

Ähnlich wie Kind hatte sich auch der HSV-Vorsitzende Dietmar Beiersdorfer kurz vor der Verpflichtung von Bruno Labbadia („Es gibt kein Gedankenspiel für einen Trainerwechsel“) geäußert. Die Liste könnte beliebig fortgeführt werden. Die Öffentlichkeit an der Nase herumzuführen ist längst Alltag in der Bundesliga. Dass die Glaubwürdigkeit der Handlungsträger dabei massiv leidet, ist diesen egal. Lügen gehören zum Business.

Das zu beklagen wäre prinzipiell richtig, macht aber keinen Sinn. Fußball ist nun mal keine Planwirtschaft, wo Fünf-Jahres-Strategien nur einfach abgearbeitet werden können, sondern Tagesgeschäft. Aussagen werden taktisch eingesetzt, um einen (letzten) Reiz zu setzen, um eine Wende zu initiieren. Die Aufgabe der Vorgesetzten ist sogar, ihren leitenden Angestellten so lange wie möglich zu stützen. Alternativen wie das Einfordern einer bestimmten Punktezahl oder das Setzen von Fristen haben noch nie zum Erfolg geführt. Sicher, schweigen können hätte Kind in den vergangenen Tagen, aber das ist genau das, was die nach Nachrichten gierende Öffentlichkeit am wenigsten mag.