Frankfurt/Hamburg. HSV-Anwalt: Gründe für befristete Arbeitsverträge bei Profifußballern sind gegeben

Das brisante Gerichtsurteil zur Befristung von Verträgen im Profisport hat den deutschen Fußball aufgeschreckt. Vereine befürchten, ihre Spieler nicht mehr wie bisher mit einem Zwei- oder Dreijahresvertrag nach dem anderen ausstatten zu können, sondern sie stattdessen bis zur Rente bezahlen zu müssen. Diese Sorge teile er „voll und ganz“, sagte der für Rechtsfragen zuständige DFB-Vizepräsident Rainer Koch dem Fernsehsender Sport1. Doch Clubs und Verbände setzen darauf, dass das Arbeitsgerichtsurteil im Fall des früheren Bundesliga-Torwarts Heinz Müller einfach von der nächsten Instanz gekippt wird. „Für mich steht außer Frage, dass das allgemeine Arbeitsrecht im Fußball so nicht gelten kann“, erklärte Koch.

Das Arbeitsgericht Mainz hatte am Dienstag entschieden, dass die Befristung von Arbeitsverträgen auch im Profisport nur dann zulässig ist, wenn sie eine Gesamtdauer von zwei Jahren nicht überschreitet oder wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt – etwa das ausdrückliche Einverständnis eines Spielers oder „die Eigenart der Arbeitsleistung“, wie es im Gesetz heißt. „Es gibt durchaus Juristen, die diese Einschätzung teilen. Wir haben die Liga schon vor Jahren auf diese Problematik hingewiesen“, sagte Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VdV.

Die Fußballbranche hält dagegen. Ihr Argument: Der Profisport sei so speziell, dass allein darin schon ein sachlicher Grund für befristete Verträge liege. Diese Ansicht teilt auch Fachanwalt für Arbeitsrecht Johan-Michel Menke von der Kanzlei Heuking, die den HSV in den Vertragsstreitigkeiten um die ehemaligen Angestellten Mirko Slomka und Oliver Kreuzer vertritt. „Das Mainzer Urteil kann so keinen Bestand haben, da mehrere Landesarbeitsgerichte und auch das Bundesarbeitsgericht abweichende Entscheidungen getroffen haben.“ Zwar verlange das Gesetz bei Verträgen mit mehr als zwei Jahren Laufzeit einen Grund für die Befristung. „Solche Gründe können sich aber aus den Eigenarten des professionellen Fußballsports wie den Transferperioden, Anpassung der Mannschaft aus sportlichen Gesichtspunkten oder dem Abwechslungsbedürfnis des Publikums ergeben. Auch der Wunsch des Spielers, zum Beispiel im Hinblick auf seine Karriereplanung kann ein solcher Grund sein“, erklärt Menke.

Als Ausweg aus diesem Grundsatzstreit fordert die Vereinigung der Vertragsfußballspieler erneut einen Tarifvertrag für Profifußballer. „Rechtssicherheit kann man nur durch einen Tarifvertrag schaffen. Der Fußball kann kein Interesse daran haben, dauerhaft in einer solchen Unsicherheit zu leben“, meinte Baranowsky. Ein solcher Tarifvertrag könne die Befristung von Verträgen verbindlich regeln – ganz im Sinne des bisherigen Systems, aber ohne Rechtsunsicherheit. „Sollte das Urteil von Mainz rechtskräftig werden, wäre das alles andere als praxistauglich“, argumentiert der VdV-Geschäftsführer. „Wie soll das dann funktionieren? Welche Kündigungsgründe gibt es für Fußballer mit einem unbefristeten Vertrag? Von einem Tarifvertrag dagegen würden Spieler, Clubs und Verbände gleichermaßen profitieren.“

Der Fall Müller zeigt allerdings deutlich, dass es unter den Profifußballern unterschiedliche Interessen gibt. Junge, aufstrebende Spieler profitieren von befristeten Verträgen, weil sie ihnen regelmäßige Vereinswechsel, mögliche Karrieresprünge und stetig steigende Verdienstmöglichkeiten eröffnen. Ältere Spieler, die wie der frühere Mainzer Torwart im Jahr 2012 kurz vor dem Karriereende stehen, haben dagegen ein Interesse an einer möglichst langfristigen Bindung. Der damals 34-Jährige unterschrieb 2012 noch einmal einen Vertrag über zwei Jahre und klagte später erfolgreich auf „Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis“. Sollte dieses Urteil rechtskräftig werden, stünde er wieder bei Mainz 05 unter Vertrag – obwohl er seine Karriere schon 2014 beendet hat.