Melbourne. Nach dem Wechsel zu Ferrari ist Sebastian Vettel wie verwandelt. Akribisch arbeitet er daran, den Rückstand auf Mercedes zu verkürzen.

Sebastian Vettel spürt die Magie. Seinen neuen roten Pullover und die neue rote Kappe trägt der Formel-1-Star voller Stolz. „Es steckt sehr viel Geschichte in dem Team, es ist eine große Ehre und etwas ganz Besonderes, für Ferrari zu fahren“, sagte Vettel bei seinem ersten großen Auftritt in Australien als neuer Pilot der Scuderia. Und die Augen des Heppenheimers schienen bei diesen Worten wirklich zu leuchten: „Ich kann es kaum abwarten, ins Auto zu steigen.“

Seinen ersten Ferrari-Boliden taufte Vettel auf den schlichten Namen „Eva“ – mit ihr will er es ab sofort krachen lassen. „Mein Ingenieur heißt mit Nachnamen Adami, bei der Namensfindung wurde viel gelacht“, sagte Vettel bestens gelaunt vor seinem mit Spannung erwarteten Debüt. Und etwas göttlicher Beistand kann auf dem Weg zurück auf den Thron ja sicher auch nicht schaden.

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Mercedes-Pilot Nico Rosberg
Mercedes-Pilot Nico Rosberg © Getty Images | Mark Thompson
Vorjahres-Sieger Lewis Hamilton fährt für Mercedes
Vorjahres-Sieger Lewis Hamilton fährt für Mercedes © Getty Images | Stuart C. Wilson
Sebastian Vettel fährt seine erste Saison im Ferrari
Sebastian Vettel fährt seine erste Saison im Ferrari © dpa | Maja Hitij
Vettels Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen
Vettels Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen © Getty Images | Mark Thompson
Fernando Alonso fährt bereits das zweite Mal in seiner Karriere für McLaren
Fernando Alonso fährt bereits das zweite Mal in seiner Karriere für McLaren © Getty Images | Mark Thompson
Mit Alonso und Jenson Button geht McLaren ähnlich wie Ferrari mit zwei ehemaligen Weltmeistern an den Start
Mit Alonso und Jenson Button geht McLaren ähnlich wie Ferrari mit zwei ehemaligen Weltmeistern an den Start © Getty Images | Mark Thompson
Der Australier Daniel Ricciardo geht erneut für Red Bull an den Start
Der Australier Daniel Ricciardo geht erneut für Red Bull an den Start © Getty Images | Mark Thompson
Der Russe Daniil Kvyat fährt ebenfalls für Red Bull
Der Russe Daniil Kvyat fährt ebenfalls für Red Bull © Getty Images | Mark Thompson
Der Finne Valtteri Bottas geht im Williams an den Start
Der Finne Valtteri Bottas geht im Williams an den Start © Getty Images | Mark Thompson
Sein Teamkollege ist Felipe Massa, der zu Williams gewechselt ist
Sein Teamkollege ist Felipe Massa, der zu Williams gewechselt ist © Getty Images | Mark Thompson
Der deutsche Rennfahrer Nico Hülkenberg versucht sein Glück im Force India
Der deutsche Rennfahrer Nico Hülkenberg versucht sein Glück im Force India © Getty Images | Mark Thompson
Der Mexikaner Sergio Perez komplettiert das Force-India-Team
Der Mexikaner Sergio Perez komplettiert das Force-India-Team © Getty Images | Mark Thompson
Der erst 17-jährige Belgier Max Verstappen steht vor seinem Debüt in der Formel 1. Er fährt im Toro Rosso
Der erst 17-jährige Belgier Max Verstappen steht vor seinem Debüt in der Formel 1. Er fährt im Toro Rosso © Getty Images | Mark Thompson
Auch sein Teamkollege Carlos Sainz aus Spanien fährt seine erste Formel-1-Saison
Auch sein Teamkollege Carlos Sainz aus Spanien fährt seine erste Formel-1-Saison © Getty Images | Mark Thompson
Der oftmals als „Crashpilot“ kritisierte Venezolaner Pastor Maldonado geht erneut im Lotus an den Start
Der oftmals als „Crashpilot“ kritisierte Venezolaner Pastor Maldonado geht erneut im Lotus an den Start © Getty Images | Mark Thompson
An seiner Seite fährt Romain Grosjean
An seiner Seite fährt Romain Grosjean © Getty Images | Mark Thompson
Marcus Ericsson geht im Sauber-Team an den Start. Es ist seine Premiere in der Formel 1
Marcus Ericsson geht im Sauber-Team an den Start. Es ist seine Premiere in der Formel 1 © Getty Images | Mark Thompson
Sein Teamkollege ist der ebenfalls noch Formel-1-unerfahrene Felipe Nasr aus Brasilien
Sein Teamkollege ist der ebenfalls noch Formel-1-unerfahrene Felipe Nasr aus Brasilien © Getty Images | Mark Thompson
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Vettel wirkt vor seiner Ferrari-Premiere beim ersten Rennen der Saison in Melbourne (Sonntag, 6 Uhr/RTL und Sky) wie verwandelt. In den vergangenen Monaten bei Red Bull war der 27-Jährige meist lustlos und genervt – jetzt hat der kesse Hesse wieder den Schalk im Nacken. Bei der offiziellen Pressekonferenz neckte er sich immer wieder mit Weltmeister Lewis Hamilton. Der Mercedes-Pilot ist der Mann, den Vettel schlagen will. „Wenn die Möglichkeit kommt, müssen wir da sein“, sagte er. Wie zum Zeichen des Aufbruchs zeigte sich Vettel in Melbourne mit neuer schnittiger Frisur.

Herausforderung treibt Vettel an

Auf den Hoffnungsträger wartet eine gewaltige Aufgabe. Der entthronte Champion soll, nein, er muss Ferrari zurück an die Spitze führen. Seit 2007 warten die stolzen Italiener auf einen Fahrer-Titel, 2014 konnte der ruhmreichste aller Rennställe nicht einen einzigen Grand Prix gewinnen, erstmals seit 21 Jahren. Kurz: Ferrari liegt am Boden. Vettel, der Retter, wurde geholt, das schleunigst zu ändern – wie damals sein Idol Michael Schumacher.

Doch die gigantische Herausforderung scheint Vettel nur noch mehr anzutreiben. „Es wartet viel Arbeit auf uns. Schließlich wollen wir Ferrari zurück an die Spitze führen“, sagte er. Dafür paukt Vettel seit Wochen Italienisch. Er besuchte die Ferrari-Fabrik, so oft es ging. Saß stundenlang im Simulator. Saugte den Mythos der Marke auf. Aß im legendären Ristorante Montana in Maranello zu Abend. Stand andächtig im alten Büro von Enzo Ferrari.

Doch jetzt wird es ernst. Bei aller Begeisterung muss Vettel ab sofort liefern. Die Jagd auf Mercedes und Weltmeister Hamilton beginnt. Der Druck steigt. Angst zu versagen? „Nein“, sagte Vettel. Und für einen Moment verschwand das Grinsen aus dem Gesicht und wich einem entschlossenen Blick.

„Er verbindet Ruhe mit Weisheit"

Vom Erfolg seiner Ferrari-Mission wird Vettels Vermächtnis innerhalb der Formel 1 abhängen. Kann er wie Schumacher, der zwischen 2000 und 2004 fünf WM-Titel in Serie holte, eine Ära prägen? Seine Vorgesetzten scheinen nicht daran zu zweifeln. „Er verbindet Ruhe mit Weisheit. Das sind seltene Qualitäten für einen jungen Menschen“, sagte Ferrari-Boss Sergio Marchionne. Und Teamchef Maurizio Arrivabene meinte unlängst, Vettel erinnere ihn in seinem Fleiß an „einen anderen Deutschen“.

Seine Sprecherin Britta Roeske hat Vettel mitgenommen zu Ferrari. Seit Juli 2010 ist die gebürtige Essenerin bei Vettel angestellt. Als Physiotherapeut jettet wie im Vorjahr der Finne Antti Konstas mit dem Hessen um die Welt. In Sachen Helm vertraut Vettel weiter Peter Bürger. Beim Team-Umfeld ist logischerweise fast alles neu für Vettel. Über Teamchef Arrivabene – kein typischer Rennsportler, eher ein Manager und PR-Experte – wacht Fiat-Chef Marchionne. Dieser gilt als knallharter Manager. Vettels neuer erster Ansprechpartner während der Formel-1-Rennen ist Renningenieur und Auto-Namenspate Riccardo Adami. Allerdings kennt er diesen: Sie arbeiteten 2009 bereits bei Toro Rosso zusammen.

Teamkollege Kimi Räikkönen und Vettel gelten als gute Kumpels. Der Heppenheimer schätzt die ehrliche Art von Räikkönen, kennt ihn auch in der weniger wortlosen Version, wenn es nicht in der Öffentlichkeit um die Formel 1 geht. Beide waren schon mal so etwas wie Nachbarn in der Schweiz. Auf die Frage, wie sich Vettel bislang als Teamkollege mache, antwortete Räikkönen am Donnerstag schmunzelnd: „Bis jetzt ist es okay.“

Natürlich würden sie auch auf der Strecke versuchen sich zu schlagen, meinte Vettel später bei der offiziellen Pressekonferenz zum Auftaktrennen auf dem Albert Park Circuit. Bedenken, dass die Freundschaft der beiden leiden könnte, hat Vettel nicht. „Wenn es etwas geben wird, reden wir drüber und schaffen es aus der Welt. Wir sind ja alt genug.“

Hamilton erwartet erneut brisantes Duell mit Rosberg

Und der Weltmeister? Lewis Hamilton dachte beim traditionellen Saisoneröffnungsfrühstück eher an seinen Teamkollegen Nico Rosberg. „Ich rechne mit einer Saison genauso wie die vergangene“, sagte der zweimalige Champion. „Es war ein großartiger Kampf, ich bin sicher, dass es so weitergeht“, pflichtete Rosberg bei.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bestätigte einen Tag vor dem ersten Freien Training in Australien noch einmal, dass beide Piloten vom Rennstall nicht eingebremst werden. Und auch Rosberg erzählte: „Wir saßen gestern zusammen und haben noch mal die ganze Herangehensweise in unserem Kampf diskutiert. Wer wann was machen darf und so weiter.“ Mögliche Aussetzer der vermutlich wieder überlegenen Silberpfeile sind die Chance der Konkurrenz.