Hamburg.

Es bedarf nur weniger Minuten, um zu realisieren, dass Kevin Clark ein etwas anderer Profisportler ist. In Zeiten, in denen Athleten fast täglich mehr oder weniger sinnfreie Selfies in den sozialen Netzwerken posten und ihr Privatleben auf dem Präsentierteller offenlegen, verschwendet der Stürmer der Hamburg Freezers beim Termin mit dem Abendblatt keinen Gedanken daran, Impressionen von sich und seiner Frau Hayden an den Landungsbrücken bei Twitter, Facebook oder Instagram zu veröffentlichen. „Privat ist privat. Ich meide die sozialen Netzwerke. Mir ist klar, dass ich damit eher zu einer Minderheit gehöre“, sagt der 27-Jährige und zeigt sein verschmitztes Grinsen.

Dabei hätte die überragende Hauptrunde des Torschützenkönigs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) genügend Gelegenheiten geboten, sich selbst zu inszenieren. Zum zweiten Mal in Folge knackte der Kanadier die 30-Tore-Marke. Nach 30 Treffern in der Vorsaison für die Krefeld Pinguine setzte der Vollblutstürmer noch einen drauf. Für die Freezers erzielte er 32 Treffer in 52 Partien. So viele waren noch keinem Profi in der mehr als zwölfjährigen Geschichte der „Eisschränke“ gelungen. Da überrascht es nicht, dass Clark als Hoffnungsträger für die am Mittwoch (19.30 Uhr, O2 World) beginnende Play-off-Viertelfinalserie gegen die Düsseldorfer EG gilt.

„Als Sportler strebt man immer danach, der Beste zu sein, Lob und Anerkennung zu bekommen. Ich wollte jedem beweisen, dass ich keine Eintagsfliege in der DEL bin“, sagt Clark, der an diesem Sonnabend bei der „Gala des deutschen Eishockeys“ in Mannheim weilt. Nach Abendblatt-Informationen ist Clark einer der Kandidaten für die Auszeichnung als „Spieler des Jahres“ in der DEL.

Es ist dieser Ehrgeiz, gepaart mit einer großen Portion Demut, der Clark auf und neben dem Eis auszeichnet. Der Offensivspieler predigt fast schon gebetsmühlenartig, dass sein persönlicher Erfolg ganz eng mit dem der Mannschaft verknüpft ist. „Ich bin ein Mensch, der sich für andere freuen kann. Über eine Vorlage freue ich mich genauso wie über einen eigenen Treffer. Ein guter Stürmer ist in meinen Augen auch in der Rückwärtsbewegung verantwortungsbewusst“, sagt Clark, der mit 34 die meisten Vorlagen bei den Freezers lieferte.

Und dieses Verantwortungsbewusstsein demonstrierte der Kanadier schon als Teenager. Während die meisten seiner Freunde mit 18 Jahren den Sprung ins Profigeschäft wagten, entschied sich Clark zu warten. Dem Eishockeyprofi war es wichtig, zunächst an der Universität von Alaska seinen College-Abschluss im Bereich Business und Marketing zu schaffen. Viele Weggefährten von damals, so erzählt Clark, hegten aufgrund seiner 1,75 Meter Körpergröße Zweifel, dass er jemals Profi werden könnte.

„Meine Mutter dachte wohl insgeheim auch so. Meine Eltern und ich waren uns einig, dass es wichtig ist, ein Zeugnis in den Händen zu halten“, erzählt Clark. „Durch Verletzungen kann eine Karriere schnell beendet sein. Es fühlt sich einfach gut an zu wissen, dass man für ein Leben nach dem Sport vorbereitet ist. Erst mit 22 Jahren debütierte der Torjäger bei den Manitoba Moose in der unterklassigen American Hockey League (AHL) als Profi.

Der große Durchbruch in Nordamerika blieb ihm jedoch verwehrt. Zwar durfte der Stürmer in einigen NHL-Camps vorspielen, mehr als drei Testspiele für die Winnipeg Jets sprangen aber nicht heraus. Auch in der AHL war Clark immer nur eine Randfigur. Die Trainer setzten ihn zumeist in der dritten oder vierten Sturmformation ein. „Ich habe nur gegen die harten Jungs gespielt mit dem Auftrag, zu fighten und Checks zu fahren. Das bin aber nicht ich. Ich brauchte einen Neustart“, sagt er. Diesen in Deutschland zu wagen, das sei eine goldrichtige Entscheidung gewesen.

Mittlerweile ist Clark einer der begehrtesten Stürmer in Europa. Zuletzt gab es Gerüchte über einen möglichen Wechsel im Sommer zum schwedischen Topclub Lulea HF. Sogar ein Geheimtreffen soll es mit dem Sieger der Champions Hockey League gegeben haben. „Das stimmt nicht. Ich habe mit niemandem gesprochen. Ich besitze einen Vertrag bei den Freezers bis 2016. Mein Fokus liegt einzig und allein auf den Play-offs“, sagt Clark.