Dass Interviews mit Fußballprofis unmittelbar nach dem Spielschluss inhaltlich häufig von der Realität abweichen, ist menschlich. Mit Adrenalin im Körper und kaum einer Minute Zeit, die Geschehnisse zu reflektieren, ist es schwer, fundierte Analysen in die Blöcke der Journalisten zu diktieren. Der Tenor, den die Spieler des FC St. Pauli aber nach dem erschreckend schwachen 0:0 gegen Erzgebirge Aue anschlugen, gibt Grund zur Sorge.

Es wäre ein Punkt gewesen, mit dem man leben könne, defensiv sei es ja auch ganz ordentlich gewesen, schließlich stand doch die Null. Und auch das Sturmproblem sei gar nicht so groß, es müsse nur mal wieder ein Ball reingehen. Abstiegskampf kann so einfach sein ...

Ist er aber nicht! Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Profis den Ernst der Lage elf Spiele vor Saisonende noch immer nicht begriffen haben. St. Pauli holte im Jahr 2015 gegen die direkten Abstiegskonkurrenten Sandhausen, Fürth, 1860 München und Aue zwei von möglichen zwölf Punkten. Die Bilanz eines Absteigers!

Doch es sind nicht nur die Punkte, die fehlen, sondern auch die Körpersprache. Das Spiel gegen Aue machte erneut deutlich, dass es an Führungsspielern fehlt, an denen sich verunsicherte Profis bei Rückschlägen aufrichten. Man kann St. Paulis Spielern nicht vorwerfen, dass sie sich ihrem Schicksal ergeben. Doch der absolute Wille, ein Spiel mit aller Macht zu gewinnen, ist kaum sichtbar. Ändert sich das nicht, müssen die Spieler am 24. Mai den Abstieg in Liga drei erklären.

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