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So überlegen der WM-Triumph, so spartanisch die Siegesfeier: Skisprung-Weltmeister Severin Freund gönnte sich nach seinem Wahnsinnswettkampf von Falun eine Flasche Bier im Kreise der Teamkollegen, lauschte der kurzen Rede von Bundestrainer Werner Schuster – und fiel dann völlig erschöpft ins Bett. „Wir sind hier noch lange nicht fertig“, sagte der 26-Jährige und träumte schon von der nächsten Medaille.

Am Sonnabend winkt in der Tat Historisches: Im Teamwettbewerb (17 Uhr/ZDF und Eurosport) kann Freund sein drittes Gold in Falun gewinnen, es wäre seine vierte Medaille innerhalb von nur acht Tagen. Mit dreimal Gold und einmal Silber würde der seit Wochen überragende Freund zudem den WM-Rekord des Österreichers Thomas Morgenstern aus dem Jahr 2011 einstellen. „Unser Team ist stark genug, um eine Medaille zu holen. Welche, wird sicher spannend“, sagte Freund, der schon vor dem Wettkampf der große Gewinner der WM ist. Stolze 14 Jahre nach Martin Schmitts Triumph 2001 in Lahti darf sich wieder ein deutscher Skispringer Weltmeister nennen. „Das war ein wichtiger und großer Schritt in meiner Karriere“, sagte der Teamolympiasieger aus Rastbüchl.

Bis vor zwei Jahren verfolgte Freund noch das Image des ewigen Vierten, doch damit ist nun Schluss. Wer innerhalb eines Jahres Teamgold bei Olympia in Sotschi holt, Skiflug-Weltmeister in Harrachov wird und dann als Krönung bei der WM absahnt, gehört zweifellos in die Kategorie eines Sven Hannawald, Schmitt oder Jens Weißflog. „Sotschi und Harrachov waren Schlüsselerlebnisse. Diese Erfolge haben es mir leichter gemacht“, sagte Freund im Rückblick.

Die überragende Leistung des DSV-Adlers erkannten auch dessen Vorgänger neidlos an. „Eine Medaille konnte man schon erwarten. Aber dass es Gold wird, konnte man nicht vorhersehen“, sagte Weißflog und bezeichnete die Vorstellung des Wahl-Münchners als „phänomenal“. Hannawald gratulierte: „Es gibt keinen Weltmeister, der es so verdient hat wie Severin Freund. Überragend.“ Unglaubliche 22,3 Punkte Vorsprung hatte Freund auf den Österreicher Gregor Schlierenzauer, ein wenig gerührt war da auch Schuster. „Ich bin in solchen Momenten demütig und dankbar, dass ich so etwas erleben darf“, sagte der Coach, der seit seinem Amtsantritt im Jahr 2008 das deutsche Skispringen wieder auf Vordermann gebracht hat. „Falun ist nicht in einer Woche entschieden worden. Das war das Produkt jahrelanger Arbeit“, sagte Schuster. Harte Arbeit, die sich endlich auszahlte. „Diese Sportart gibt mir neben Medaillen und Erfolgen so viel, dass ich um keine Minute trauere, die hineingeflossen ist“, sagte Freund und wirkte zufrieden wie nie. WM-Gold sei indes nie seine oberste Priorität gewesen, betonte der Student: „Meiner Meinung nach ist der Gesamtweltcup das Größte, was man gewinnen kann.“

Die Chance dazu bietet sich noch in diesem Winter, zuvor aber wartet der letzte Wettkampf in Falun. Und eine vierte WM-Medaille wäre nun auch nicht so schlecht: „Ich gebe zu: Die würde ich gerne noch mitnehmen.“

Eric Frenzel will dagegen die Rückschläge einer bislang unbefriedigenden WM standhaft weglächeln. „Ich bin einer, der mit solchen Situationen ganz gelassen umgeht“, sagte der Kombinations-Olympiasieger nach Platz neun im letzten Einzelwettkampf von Falun: „Ich weiß, dass so etwas immer schnell kommen kann, aber auch wieder geht. Damit muss man leben.“

Der überragende Kombinierer der Saison spielt in Schweden nur eine Nebenrolle. Sechs der letzten neun Weltcuprennen vor der WM hatte Frenzel gewonnen, der dritte Gesamtsieg ist ihm praktisch nicht mehr zu nehmen. Anzeichen von Müdigkeit waren vor der Abreise nach Falun nicht spürbar, die unmittelbare Vorbereitung lief vor allem läuferisch nach Wunsch. Und dennoch: „Vielleicht bin ich nicht auf dem Niveau, wo ich hätte sein können“, sagte Frenzel.

Sicher: Es ist nicht so, dass die Titelkämpfe in Schweden für den 26-Jährigen ein völliges Desaster wären. Zum historischen Triumph im Teamwettbewerb, dem ersten seit Olympia 1988, trug das Energiewunder aus Sachsen einen fulminanten zweiten Laufabschnitt bei. Im Kampf um die Einzelmedaillen stand Frenzel in beiden Entscheidungen aber auf verlorenem Posten – ein vierter und ein neunter Rang sind für den Dominator schlechthin mehr als gefühlte Niederlagen. „Mehr war bei diesen beiden Wettbewerben einfach nicht drin, die Beine waren zu schwer“, sagte Frenzel.

Eine letzte Medaillenchance hat der Oberwiesenthaler an diesem Sonnabend (10 und 16 Uhr) im Teamsprint von der Großschanze. Für diesen nominierte Bundestrainer Schuster ihn an der Seite von Doppelweltmeister Johannes Rydzek (Oberstdorf) anstelle von Tino Edelmann (Zella-Mehlis) oder Fabian Rießle (Breitnau).