Daviscup-Teamchef Patrik Kühnen spricht über die Vorbereitung auf Außenseiter Südafrika. Am Freitag geht es in Stuttgart los.

Hamburg. Heute Mittag wird Daviscup-Teamchef Patrik Kühnen, 44, bekannt geben, mit welcher Aufstellung die deutschen Tennisprofis an diesem Wochenende am Stuttgarter Weissenhof in das Relegationsspiel gegen Südafrika gehen. Im Interview erklärt der Saarländer, warum er vor dem krassen Außenseiter warnt.

Abendblatt:

Herr Kühnen, wie sind Sie nach Stuttgart gereist?

Patrik Kühnen:

Mit der Bahn.

Und wie war es am Bahnhof?

Kühnen:

Alles okay, warum fragen Sie?

Weil man als Außenstehender das Gefühl hat, dass sich in Stuttgart niemand für etwas anderes interessiert als den Protest gegen den Bahnhofsneubau. Sie fürchten nicht, unter Ausschluss der Öffentlichkeit antreten zu müssen?

Kühnen:

Nein, im Gegenteil, wir werden hier sehr gut wahrgenommen. Stuttgart hat ein sehr fachkundiges Publikum, ich bin sicher, dass die Zuschauer dafür sorgen werden, dass der Heimvorteil zum Tragen kommt.

Glauben Sie wirklich, dass der Heimvorteil entscheidend ist? Nach der verletzungsbedingten Absage seines Topspielers Kevin Anderson muss Ihr südafrikanischer Kollege John-Laffnie de Jager im Einzel auf die Nummer 159 und die 205 der Weltrangliste, Itzak van der Merwe und Rik de Voest, setzen.

Kühnen:

Natürlich sind wir der klare Favorit, diese Rolle nehmen wir an. Dennoch warne ich davor, den Gegner zu unterschätzen. Wir haben im vergangenen Sommer in Spanien bewiesen, dass Außenseiter dem großen Favoriten Paroli bieten können. Auch Südafrika hat das Ziel, im kommenden Jahr in der Weltgruppe zu spielen, und dafür werden die Spieler alles tun. Und mit Jeff Coetzee und Wesley Moodie haben sie ein Weltklasse-Doppel.

Ist es bei einem Gegner wie Südafrika die größte Kunst des Teamchefs, die Spieler dahin zu bringen, dass sie die Aufgabe mit höchster Konzentration angehen und nicht überheblich sind?

Kühnen:

Ich kann von den Spielern, die hier sind, nur sagen, dass sie sich seit Sonntag mit genau der Konzentration vorbereiten, die wir vor allen Daviscup-Partien an den Tag legen. Etwas anderes würde ich auch nicht akzeptieren. Die Spieler wissen um die Bedeutung der Partie, und so treten sie auch auf.

Südafrikaner spielen den Großteil ihrer Turniere auf Hartplätzen, van der Merwe hat in diesem Jahr noch kein Sandplatzturnier gespielt. War das der Hauptgrund dafür, dass Sie sich für Sand als Belag entschieden haben?

Kühnen:

Es ist immer ein Abwägen aller Faktoren, das die Wahl des Belags letztlich ausmacht. Natürlich haben wir darüber gesprochen, wo die Südafrikaner ihre Schwächen haben, aber wir denken zuallererst an unsere eigenen Stärken. Und da wir mit Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer Spieler haben, die auf Sand in diesem Jahr großartige Leistungen gezeigt haben, haben wir die Entscheidung im Konsens für Sand getroffen.

Ist es für die Spieler schwierig, sich von Hartplatz auf Sand umzustellen?

Kühnen:

Die Spieler sind den Belagwechsel mehrfach im Jahr gewohnt, als Profi muss man damit klarkommen. Aber natürlich dauert das ein paar Tage. Deshalb haben wir unser Training darauf abgestellt. Und Stand heute kann ich sagen, dass wir absolut im Plan sind.

Van der Merwe spielt fast nur Challenger-Turniere, auch de Voest ist keiner, der im Blickpunkt steht. Was wissen Sie über die Gegner, und wie wichtig ist es, dass Ihre Spieler etwas über ihre Kontrahenten wissen?

Kühnen:

Ich kenne jeden südafrikanischen Spieler, mir sagten die Namen auch schon etwas, bevor ich mich über sie schlau gemacht habe. Aber ich muss zugeben, dass ich van der Merwe auch noch nie spielen sehen hatte. Ich habe jetzt einige Trainingseinheiten beobachtet und kann sie deshalb ganz gut einschätzen. Auch meine Spieler haben die Gegner beobachtet, und natürlich ist es wichtig für sie zu wissen, was da auf sie zukommt. Wir wollen zwar unsere Linie durchziehen, aber es darf nie so sein, dass der Gegner einen überraschen kann.

Sie haben in der Vergangenheit gern ein junges Talent als fünften Spieler ins Aufgebot geholt, der als Trainingspartner diente und erste Daviscup-Luft schnuppern sollte. Warum ist diesmal niemand dabei?

Kühnen:

Weil es nicht in die Planungen der anderen Spieler passte, was ich auch verstehen kann. Die spielen in dieser Woche alle Turniere und bereiten sich schon auf die Hartplatz-Hallensaison vor. Da ist der Wechsel auf Sand kontraproduktiv.

Die Hamburger Tobias Kamke und Julian Reister galten als Kandidaten. Wie schätzen Sie deren Entwicklung ein?

Kühnen:

Beide waren aus genannten Gründen diesmal kein Thema, werden aber ihre Erfahrungen im Daviscup-Team machen, wenn sie so weiterspielen wie in den vergangenen Monaten.