Box-Weltmeister Felix Sturm siegt nach 14 Monaten Ring-Pause. Im Interview mit dem Abendblatt spricht er über den Kampf und die Zukunft.

Köln. Nach seinem erfolgreichen Comeback zeigte sich WBA-Mittelgewichts-Superchampion Felix Sturm , 31, zufrieden, aber auch selbstkritisch.

Hamburger Abendblatt: Herr Sturm, mehr als 18.000 Fans in der Arena und 5,27 Millionen vor den TV-Schirmen. Hätten Sie mit einem solchen Interesse gerechnet?

Felix Sturm: Ich freue mich sehr, dass meine Fans mich trotz der langen Pause von 14 Monaten nicht vergessen haben. Es sind sogar noch ein paar mehr geworden. Ich denke, mein Team und ich haben hier ein Event auf die Beine gestellt, das uns so niemand zugetraut hätte und das uns in dieser Form auch niemand nachmacht.

Haben Sie nach der langen Pause vor Ihrem Comeback Nervosität gespürt?

Ich war schon nervös, und ich denke, dass man mir das auch in den ersten Runden angesehen hat. Es war unglaublich, in die volle Arena einzumarschieren, und das muss man erst einmal verarbeiten. Aber ich muss auch zugeben, dass mir die Euphorie um meine Person großen Spaß gemacht hat. Es gab Tage, da haben wir 800 Tickets verkauft. Noch am Morgen vor dem Kampf kamen ganze Busladungen mit Fans, die noch in die Halle wollten. Das hat mich unglaublich motiviert.

Haben Sie den Druck verspürt, jetzt als freier Mann zu boxen und überzeugen zu müssen?

Natürlich, davon kann man sich nicht völlig frei machen. Aber ich wollte diesen Druck ja haben, deshalb habe ich ihn auch als positiv empfunden. Für die erste Veranstaltung in Eigenregie, denke ich, war es auch eine gute Leistung.

Was hat Ihnen gefehlt, bei wieviel Prozent waren Sie heute?

Ich denke, das waren 70, vielleicht 75 Prozent Sturm. Ich muss mich noch besser bewegen, muss tiefer stehen und die Rechte öfter und härter bringen. Einiges wollte ich zu gut machen und bin darüber verkrampft. Es war nicht alles perfekt, das wird im zweiten Kampf bestimmt schon besser. Aber ich habe auch schon gemerkt, dass mein neuer Trainer Fritz Sdunek mir weiterhilft. Ein Manko war früher, dass ich meine eigene Marschroute hatte und manchmal nicht konzentriert genug war. Diesmal habe ich alles umgesetzt, was die Ecke verlangt hat.

Ihr Gegner Giovanni Lorenzo hat sich über das Urteil beklagt und sieht sich als Sieger. Verstehen Sie ihn?

Er muss doch nur in den Spiegel schauen, dann weiß er, dass er verloren hat. Ich denke, dass es an dem Urteil nichts zu deuten gibt. Es wurde viel geredet im Vorfeld, und Lorenzo war ein starker Gegner. Ich hätte mir sicherlich auch einen schwächeren holen und den vorzeitig besiegen können. Aber ich will Herausforderungen, will die Besten boxen.

Wie geht es jetzt weiter? Wann und gegen wen stehen Sie wieder im Ring?

Ich habe in den 14 Monaten Pause viel Energie aufgestaut, und deshalb will ich schon im Dezember wieder boxen. Wir haben Angebote von mehreren großen Hallen. Zum Gegner kann ich noch nichts sagen. Wir setzen uns in den nächsten Tagen mit Sat.1 und allen anderen Partnern hin und gucken, was möglich ist.

Wann steht für Sie die nächste Pflichtverteidigung an?

Als Superchampion habe ich meines Wissens zwei Jahre Zeit für eine Pflichtverteidigung. Mein Ziel ist es sowieso, die Titel im Mittelgewicht zu vereinigen. Da gibt es einige interessante Gegner. Jetzt müssen wir sehen, mit wem wir uns einigen können.

Klar ist, dass Sie Ihre Zukunft in Deutschland sehen. Vor allem Köln soll Ihr neues Wohnzimmer werden.

Ja, wenn man sieht, was für eine Euphorie in dieser Stadt herrscht, dann wäre ich doch blöd, das nicht zu nutzen. Köln ist meine Heimat, und ich möchte hier mindestens einmal im Jahr boxen. Aber wenn es ein ordentliches Angebot gibt, gehe ich natürlich auch wieder in die USA.