Weder in Hockenheim noch am Nürburgring soll die Formel 1 Station machen. Das mögliche Aus für den Großen Preis von Deutschland erhitzt die Gemüter - Bernie Ecclestone versucht die Wogen zu glätten.

Jerez. Bernie Ecclestone pokert gerne und mit viel Risiko. Im Streit um den Großen Preis von Deutschland scheint der mächtige Formel-1-Boss sein Blatt allerdings überreizt zu haben. Am Montag verkündete der 84-Jährige in der Rhein-Zeitung erst das Aus für ein Rennen in Deutschland, am Dienstag ruderte er im Gespräch mit englischen Medien zurück. Bei Partnern und Medien sorgt das Hickhack für Verärgerung und Unverständnis.

„Wir haben keine Absage bekommen, insofern können wir das nicht bestätigen“, sagte Pietro Nuvoloni von der Betreiberfirma capricorn, die das Rennen am 19. Juli auf dem Nürburgring ausrichten will: „Es gab vor zwei Wochen ein Treffen in London, und beide Seiten haben vereinbart, bis zu einer Entscheidung nichts über den Stand der Verhandlungen zu verkünden. Wir halten uns völlig zurück.“

Ecclestone beklagt mangelndes Interesse

Als Begründung für eine mögliche Absage an den Nürburgring nannte Ecclestone das schwindende Publikumsinteresse: „Es ist eine Tatsache, dass die Besucherzahlen in den vergangenen Jahren so gering gewesen sind, dass es für die Vermarkter in Deutschland wirtschaftlich nicht machbar ist.“

Am Hockenheimring, wo das Rennen für 2016 terminiert ist, herrscht Schweigen. Ob die Strecke in der Kurpfalz bereits in diesem Jahr in die Bresche springen kann und will, falls dem Nürburgring endgültig abgesagt wird, ist unsicher. Auf SID-Anfrage wollte sich die Geschäftsführung nicht äußern. Das Rennen 2014 soll dem Hockenheimring aufgrund geringer Zuschauerzahlen ein Minus von 2,5 Millionen Euro eingebracht haben.

Damit brodelt es 40 Tage vor dem Saisonstart der Königsklasse weiter. Ende Januar hatte Ecclestone die Chancen auf ein Rennen in Deutschland noch mit „kleiner als 50 Prozent“ beziffert und damit den Druck auf capricorn erhöht. In der Pokerrunde läuft dem Betreiber nun die Zeit davon, die Grabenkämpfe lähmen den Ticketverkauf und die Vermarktung. Sollte ein Rennen in Deutschland doch stattfinden, egal, auf welcher Strecke, dürften die Zuschauerzahlen weiter dramatisch einbrechen.

Streit schadet der Formel 1

Aufgeben wollen die Macher am Nürburgring nicht, Zurückhaltung ist dennoch oberstes Gebot. „Es ist nicht unsere Aufgabe, Stärken und Schwächen der Formel 1 zu kommentieren“, sagte Nuvoloni: „Wir äußern uns erst, wenn es ein Ergebnis gibt.“ Allerdings wisse man, „dass die Formel 1 für die Region sehr wichtig ist“.

Durch den öffentlich ausgetragenen Streit leidet das einstige Premiumprodukt Formel 1 weiter. „Jetzt heißt es abwarten und hoffen, dass es zu einer positiven Entscheidung kommt“, sagte Sprecher Matthias Bolhöfer vom übertragenden Sender RTL dem SID: „Alles andere wäre sicherlich eine große Enttäuschung für alle Motorsportfans und auch für uns als TV-Sender.“ RTL hatte in der vergangenen Saison im Durchschnitt fast eine Million TV-Zuschauer weniger pro Rennen, die schlechteste Bilanz seit 20 Jahren.

Auch Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda glaubt weiter an ein Rennen in der Heimat der mehrmaligen Champions Michael Schumacher und Sebastian Vettel. „Ich hoffe, das ist alles nur Säbelrasseln. Für Deutschland und Mercedes wäre es eine Katastrophe, wenn es kein deutsches Rennen gibt, denn es gehört definitiv zu den Traditionsevents“, sagte der Österreicher der Sport Bild. Fällt das Rennen aus, wäre Deutschland zum ersten Mal seit 1960 ohne Formel-1-Rennen.