Kein Land ist so hockeyverrückt wie Indien. Valentin Altenburg aus Hamburg wird dies nun selbst erfahren. Der Junioren-Nationalcoach hat als einziger Deutscher in der indischen Hockeyprofiliga angeheuert.

Hamburg. Wenn einer eine Reise tut, dann kann er nachher nicht nur was erzählen, sondern muss vorher viel bedenken. Valentin Altenburg hat das in den vergangenen Tagen erlebt.

Der 33-Jährige, der am Sonntagabend über Frankfurt am Main nach Mumbai flog, um in der am 22. Januar beginnenden Saison 2015 in der indischen Profiliga HIL das Team von Dabang Mumbai zu coachen, musste vor allem seinen Arbeitgeber von der Dringlichkeit seines Nebenjobs überzeugen.

Altenburg ist beim Deutschen Hockey-Bund (DHB) als Bundestrainer für den gesamten männlichen Nachwuchs angestellt. Im DHB sind sie grundsätzlich uneins darüber, ob man den Nationalspielern ein Engagement in Indien erlauben soll. In den Premierenspielzeiten 2013 und 2014 waren mit Moritz Fürste und Nico Jacobi vom Uhlenhorster HC immerhin zwei Hamburger am Start, die mit ihren Teams Ranchi Rhinos (Fürste, 2013) und Delhi Waveriders sogar den Titel gewinnen konnten.

In diesem Jahr ist Altenburg der einzige Deutsche, der auf dem hockeyverrückten Subkontinent arbeitet. Neben den deutschen Auswahlspielern erhielten auch die niederländischen Topstars ein Verbot, in der auf fünf Wochen begrenzten HIL aufzulaufen. Grund: Die Vorbereitung der Nationalteams auf die im Juni anstehende Olympiaqualifikation in Argentinien solle nicht gestört werden.

Wichtig zu wissen, wie sich die indische Liga entwickelt

„Für den DHB ist es sehr wichtig zu wissen, in welche Richtung sich die indische Liga entwickelt. Vielleicht können die Gagen, die dort bezahlt werden, unseren Nationalspielern sogar helfen, ihre Karrieren zu verlängern“, sagt Altenburg, „deshalb ist es gut, wenn ich einen tiefen Einblick bekomme.“ Tatsächlich können die ausländischen Spieler – für jedes der sechs Teams sind 14 einheimische und zehn internationale Akteure vorgesehen – in Indien Summen verdienen, von denen sie in Europa nur träumen. Fürste, 30, strich pro Saison 84.000 Dollar ein. Der Belgier Tom Boon, 24, neuer Topstar in Altenburgs Team, wird sogar mit 103.000 Dollar entlohnt. In Deutschland bekommen selbst Auswahlspieler nur eine Aufwandsentschädigung.

Für Altenburg ist das Abenteuer Indien jedoch auch aus fachlicher Sicht höchst interessant. Da der Vorgängerclub Mumbai Magicians 2013 und 2014 mit Platz fünf und sechs weit hinter den Erwartungen zurückblieb, wurde die Franchise aufgelöst. Nun ist die Yes-Bank als Lizenznehmer dabei, man hat sich in Dabang (Furchtlos) Mumbai umbenannt und das komplette Personal ausgetauscht. „Eine Mannschaft von null neu aufzubauen und verschiedene Charaktere zu formen, das ist eine spannende Herausforderung“, sagt Altenburg, der im November bei der Spielerauktion in Delhi erstmals in Indien war.

Dort reizte er sein Budget von 750.000 Dollar komplett aus und hat nun neben den 14 vor allem aus dem Nachwuchs rekrutierten Indern vier Australier, zwei Iren sowie je einen Briten, Niederländer und Tschechen im Team. Gesprochen wird Englisch, das Trainerteam besteht jedoch – bis auf Videoanalyst Jens Hillmann – nur aus Indern, die als Dolmetscher zur Verfügung stehen.

Weil im Januar und Februar keine Lehrgänge anstehen, kann Altenburg seine organisatorischen Aufgaben für den DHB aus Mumbai über das Internet erledigen. Eine Hochgeschwindigkeits-WLAN-Verbindung hat er sich vertraglich zusichern lassen. Er wird sie auch benötigen, um mit der Familie Kontakt zu halten.

Ehefrau Lisa spielt nicht nur mit dem Uhlenhorster HC Ende Januar um die deutsche Hallenmeisterschaft, sondern auch mit der Nationalmannschaft Anfang Februar in Leipzig um die Hallen-WM. Tochter Sophie (19 Monate) wird von Familienmitgliedern und Teamkolleginnen betreut, wenn Lisa trainieren muss. Valentin Altenburg hat an alles gedacht. Jetzt muss nur noch die Reise ein Erfolg werden.