Markus Deibler schwimmt bei der WM in Doha über 100 Meter Lagen zum Titel und bleibt dabei fünf Hundertstelsekunden unter der vorherigen Bestmarke von Olympiasieger Ryan Lochte. Hamburger wollen Deibler heute am Flughafen empfangen.

Doha. Markus Deibler lächelte selbst bei der Siegerehrung noch ungläubig. Als aber die deutsche Hymne erklang, wich das Grinsen nicht mehr aus seinem Gesicht. Bei der Rekordjagd der internationalen Schwimmelite mit insgesamt 23 Weltbestzeiten war dem Hamburger zum Abschluss der Kurzbahn-WM in Doha (Katar) auf der 25-Meter-Bahn der ganz große Coup gelungen. Nicht nur für Chefbundestrainer Henning Lambertz war Deiblers Sieg über 100 Meter Lagen „einfach unfassbar“.

Deibler schwamm in 50,66 Sekunden als erster deutscher Kurzbahn-Weltmeister über diese Distanz fünf Hundertstelsekunden schneller als Olympiasieger Ryan Lochte (USA) bei seiner bisherigen Bestmarke im Jahr 2012. „Damit hatte ich nie gerechnet. Ein geiler Erfolg, und Erfolg macht Spaß und motiviert für die kommende Zeit“, sagte der 24-Jährige nach seinem Triumph über die versammelte Weltelite. Deibler steigerte zugleich seinen erst am Vortag im Halbfinale aufgestellten deutschen Rekord um 0,8 Sekunden. „Mein Ziel war eine Medaille und noch mal deutscher Rekord“, sagte Deibler. „Jetzt ist es Gold und Weltrekord.“ Er siegte vor dem Russen Wladimir Morosow und Lochte. Platz zwei vor vier Jahren in Dubai war bislang der größte WM-Erfolg Deiblers.

„Das hat er gut gemacht“, meinte seine Trainerin Petra Wolfram, „dass er hier schnell schwimmen wird, war mir klar, dass er so schnell schwimmen kann, nicht.“ Zum Feiern blieb jedoch keine Zeit. Die Dopingkontrolle ließ ihn noch mehr als eine Stunde in der Halle verharren, und schon in den Nacht zum Montag startete um halb zwei der Flieger zurück nach Deutschland. Planmäßige Ankunftszeit am Montagmorgen in Hamburg-Fuhlsbüttel: 10.05 Uhr. Hamburgs Olympiastützpunktleiterin Ingrid Unkelbach trommelte noch in der Nacht ein kleines Empfangskomitee zusammen.

Lange Zeit im Schatten des Bruders

Markus Deibler, Besitzer einer Eisdiele auf St. Pauli, stand lange Zeit im Schatten seines Bruders Steffen, 27, seit 2009 Kurzbahn-Weltrekordler über 50 Meter Schmetterling. In Doha war dieser jedoch nicht in Bestform, eine Erkältung hatte in der Vorwoche seine Vorbereitung gestört. Markus Deibler wiederum hatten diesmal keine Krankheiten zurückgeworfen – wie sonst so oft in seiner Karriere. Der Grund mag sein, dass ihm sein Körper keine Grenzen setzt. Er kann sich bis zur totalen Erschöpfung verausgaben. Oft konnte er nach entscheidenden Rennen kaum noch einen Schritt gehen und musste sich zehn Minuten hinlegen, um wieder zu Kräften zu kommen. Trainerin Wolfram hat es jedoch geschafft, seinen Körper über die Jahre immer besser an die Anstrengungen zu gewöhnen.

Was der Erfolg von Doha für die weitere Laufbahn von Markus Deibler bedeutet, ist schwer abzuschätzen. 100 Meter Lagen werden bei Olympia nicht geschwommen, dort geht es im 50-Meter-Becken über die doppelte Distanz. In Doha hatte Deibler die 200 Meter Lagen nicht schwimmen dürfen, weil er bei den deutschen Meisterschaften vor zwei Wochen zwar im Endlauf einen neuen deutschen Rekord aufgestellt hatte, im Vorlauf jedoch deutlich unter der dafür geforderten WM-Norm geblieben war. Bundestrainer Lambertz blieb hart, nominierte Deibler nicht für diese Strecke. Vielleicht machte ihn diese unpopuläre Entscheidung jetzt zum Weltmeister und Weltrekordler. „200 Meter Lagen sind eine andere Disziplin“, sagt Wolfram, „aber dieser Erfolg wird Markus sicherlich einen zusätzlichen Schub geben.“

Lambertz, 44, zog eine insgesamt positive Bilanz der Titelkämpfe: „Die Weltspitze entwickelt sich kontinuierlich weiter, wir aber auch.“ Silber durch Marco Koch (Darmstadt) über 200 Meter Brust, Bronze für Franziska Hentke (Magdeburg) über 200 Meter Schmetterling und für Dorothea Brandt (Essen) über 50 Meter Freistil, dazu ein Dutzend Finalteilnahmen – „das kann sich doch sehen lassen“. Das deutsche Team war ohne erklärtes Medaillenziel nach Katar gereist.

Der Bundestrainer setzt beim Neuaufbau anders als seine Vorgänger primär auf die wichtigere – olympische – Langbahn und nimmt dafür auch Einbußen im 25-Meter-Becken in Kauf. Daher war für Lambertz auch eine andere Zahl wichtiger: Gut 50 Prozent des DSV-Teams steigerte seine Zeiten von den deutschen Meisterschaften in Wuppertal, teils mit persönlichen Bestmarken. Markus Deibler verbesserte sich von allen am deutlichsten.

Erfolgreichste Nation in Katar war diesmal der nächste Olympia-Gastgeber Brasilien (7-1-2) vor Ungarn (6-3-2) und den Niederlanden (5-1-6). Deutschland (1-1-2) landete auf Platz 14 des Medaillenspiegels.