Bayern Münchens Dortmunder Neuzugang Robert Lewandowski ist vor dem Duell mit der Borussia in Bestform. Der BVB dagegen sucht in der Liga nach wie vor einen Weg aus der Krise. Laut Gardiola bleiben die Dortmunder aber der große Konkurrent.

München/Dortmund Vergangene Woche, als sich der Dortmunder Tross auf dreitägiger Dienstreise in Istanbul befand, da traf Robert Lewandowski auch in der Champions League erstmals. Die Bilder aus dem Olympiastadion in Rom flimmerten live hinüber in den Orient, wo sich hochrangige Vereinsangestellte, treue Freunde des Clubs und adrette Spielerfrauen einen netten Abend im Kreise der viel beschworenen BVB-Familie machten. Draußen schwappten seichte Wellen gegen die kleine Party-Plattform mitten im Bosporus, Europa zur Linken, Asien zur Rechten. Drinnen im Restaurant glühte der Holzkohlengrill.

Lewandowski, 26, nahm zusammen mit Mario Götze, 22, und dem Rest des FC Bayern München den AS Rom, immerhin italienischer Vizemeister und aktueller Tabellenzweiter der Seria A, mit 7:1 auseinander. Wer wollte, konnte das auf dem Fernseher sehen, der da an der Wand hing. Aber kaum einer wollte wirklich. Man ist ja kein Masochist.

Lewandowski und Götze wurden schließlich in Dortmund zu denen, die sie heute sind. Aber sie sind nicht mehr da. Während Götze schon einige Duelle mit seinem alten Verein hinter sich hat, kommt es für den polnischen Torjäger, der im Sommer die Seiten wechselte, am Sonnabend (18.30 Uhr: Sky live) zum ersten Wiedersehen mit den alten Kollegen in einem ernsthaften Fußballspiel. Für Marco Reus, 25, wiederum könnte es ein Treffen mit seinen künftigen Mitstreitern werden, was den Nationalstürmer jetzt veranlasste, in sozialen Netzwerken mitzuteilen, „dass im Moment andere Menschen sich weitaus mehr Gedanken über meine Zukunft machen, als ich das tue“. Was auch heißen könnte: Reus hat die Angelegenheit seinen Beratern übergeben.

Es ist ein sehr ernsthaftes Spiel für Borussia Dortmund, den deutschen Meister von 2011 und 2012 und Vizemeister der vergangenen zwei Spielzeiten. Die luxuriösen Sorgen von einst, wer aus der Begegnung der beiden Liga-Promis als die wahre Nummer eins im Lande hervorgeht, sind derzeit Vergangenheit: Die Borussia könnte im Falle einer Niederlage theoretisch sogar auf den letzten Tabellenplatz abrutschen.

Der kausale Zusammenhang zwischen der sportlichen Schieflage von Schwarz-Gelb und dem Weggang seines Top-Torjägers lässt sich nicht lückenlos nachweisen. Die Dortmunder Macher pochen mit einigem Recht darauf, dass das Hauptproblem derzeit die erschreckenden Fehlleistungen in der Defensive sind. Aber natürlich fehlt auch einer wie Lewandowski. Als er ging, bezeichnete BVB-Boss Hans-Joachim Watzke den Polen als „einen der drei besten Stürmer der Welt“. Er würde wohl jeder Mannschaft der Welt fehlen.

In Dortmund versuchen sie, die Last des Toreschießens zu verteilen: Ciro Immobile, Adrian Ramos und Pierre-Emerick Aubameyang besetzten wechselweise die Sturmspitze. Sie erzielten zusammen 19 Tore in 14 Saisonspielen (Lewandowski: sechs in 13 Spielen). Das Problem: Immer steht da jemand anderes, mal der wuselige Immobile, mal der Raumgleiter Aubameyang, mal der kopfballstarke Ramos. Lewandowski war immer da. Wuselig, schnell, kopfballstark. Ein Fixpunkt. Nie verletzt. Immer gefährlich. Fast schon ein bisschen unheimlich.

Der Stürmer benötigte einige Wochen, um sich in München einzuleben. Fußballerisch, menschlich. Noch immer ist ein Teil seiner Gedanken in Dortmund: Nach jedem Spiel seiner Bayern informiert er sich als Erstes über das Ergebnis der Borussia. Doch mittlerweile ist er angekommen im riesigen blau-weiß-roten Erfolgsland. Er trifft in der Meisterschaft, trifft im Pokal, trifft in der Champions League. Er ist der, den Münchens Trainer Pep Guardiola suchte, weil er einfach alles mitbringt: Wucht, Eleganz, Willen. „Ich sehe in ihm mehr als den Torschützen, ich sehe sein Zusammenspiel mit der Mannschaft, wie er sich ohne Ball bewegt, wie er sich beim Pressing einbringt. Das hat er in den letzten Spielen überragend gemacht“, schwärmt der spanische Starcoach, der sonst nur dosiert schwärmt.

Pünktlich zum Duell mit dem alten Club scheint Lewandowski in Hochform zu sein, was unterschiedliche Reaktionen in Westfalen hervorruft. „Er ist ein sehr guter Stürmer, schwer zu verteidigen“, sagt Lukasz Piszczek, einst BVB-Mitspieler und noch immer Nationalmannschaftskollege, „dafür gibt es kein Rezept wie für eine Suppe. Aber wir kriegen das schon hin.“ Und Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hofft, dass seine einstige Entdeckung seinen Teil dazu beiträgt. „Auch ein Robert Lewandowski schießt nicht alle Bälle ins Tor. Das war hier zumindest so. Und vielleicht ist ja Sonnabend wieder so ein Tag.“ Vielleicht.

Für das Spiel FC Bayern gegen Dortmund hat die DFL Fernsehlizenzen in 208 Länder vergeben, die dem Weltfußballverband Fifa angeschlossen sind. Allein in Nordkorea werden vom Bundesligaklassiker keine Bewegtbilder zu sehen sein.