Rückstand, Überzahl, Spiel gedreht, Ausgleich kassiert und dann doch noch der Siegtreffer in der Nachspielzeit – bei Schalke gegen Sporting Lissabon war alles enthalten. Die verrückte Achterbahnfahrt endet mit drei Punkten für Königsblau.

Gelsenkirchen. Unter dem neuen Trainer Roberto Di Matteo hat sich der FC Schalke 04 zum ersten Saisonsieg in der Champions League gezittert. Der Fußball-Bundesligist aus Gelsenkirchen kam am Dienstag gegen Sporting Lissabon zu einem glücklichen 4:3 (1:1)-Erfolg in der Nachspielzeit. Der eingewechselte Eric Maxim Choupo-Moting machte mit einem unberechtigten Handelfmeter (90.+3) den schmeichelhaften Sieg perfekt. Zuvor trafen Chinedu Obasi (34. Minute), Klaas-Jan Huntelaar (51.) und Benedikt Höwedes (60.). „Am Ende hatten wir sehr viel Glück, normalerweise gewinnst du das nicht mehr“, sagte Huntelaar im TV-Sender Sky. „Wir haben uns vorher gesagt, dass heute nur die drei Punkte zählen. Umso erleichterter sind wir“, betonte Höwedes.

„Die Zuschauer hatten heute mehr Spaß als ich als Trainer“, sagte Di Matteo nach der turbulenten Partie. „Auf der einen Seite freue ich mich, dass wir gewonnen haben, auf der anderen Seite musst du das anders nach Hause bringen, wenn du 3:1 führst“, erklärte Manager Horst Heldt im TV-Sender Sky. Denn Nani (16.) und Adrien Silva (64./Foulelfmeter/78.) hatten das zwischenzeitliche 3:3 für die Gäste herausgeschossen, die von der 33. Minute an wegen einer Gelb-Roten Karte gegen Maurício in Unterzahl spielen mussten.

Vor dem Siegtreffer sprang Adrien Silva der Ball an den Kopf und nicht an den Arm, wie fälschlicherweise vom russischen Schiedsrichter Sergej Karrasew entschieden. Den Schalkern war's egal: Mit dem Last-Minute-Erfolg verbesserten sie mit nun fünf Punkten ihre Ausgangslage im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale der Königsklasse enorm.

Bei seiner Rückkehr auf die Champions-League-Bühne veränderte Di Matteo die Schalker Startelf im Vergleich zum 2:0-Bundesliga-Sieg gegen Hertha BSC nur moderat. Choupo-Moting erhielt zunächst eine Pause, für ihn spielte Obasi von Beginn an. Marco Höger kam im defensiven Mittelfeld zum Einsatz, dafür rückte Dennis Aogo auf die linke Abwehrseite. Christian Fuchs saß nur auf der Bank.

Obasi wird zum Di-Matteo-Coup


Und Aogo war auch gleich an zwei entscheidenden Szenen beteiligt. Zunächst köpfte er vor dem 0:1 bei einer Flanke den Ball unbedrängt ins Aus. Joao Mario trat den Eckball flach und langsam in die Mitte, wo die Schalker Hintermannschaft pennte. Nani schaltete am schnellsten und schoss einen leicht abgefälschten Kullerball dem Schalker Schlussmann Ralf Fährmann durch die Beine ins Tor.

Im Gegenzug verfehlte Julian Draxler mit einer Direktabnahme nur knapp das Tor (17.). Die Schalker bemühten sich um Struktur im Spielaufbau, agierten aber zeitweise zu verhalten und unkonzentriert. Doch nach dem Platzverweis für Maurício, der nach einem ungestümen Einsatz gegen Höger zurecht Gelb-Rot sah, trat Aogo den Freistoß in den Strafraum, wo Obasi per Kopf erfolgreich war.

Wie schon Fährmann zuvor machte diesmal auch Sporting-Schlussmann Rui Patricio keine gute Figur und ließ den Ball über seine Hände ins Netz rollen. „Ich freue mich total für ihn“, sagte der verletzte Schalke-Torwart Fabian Giefer zur Pause im TV-Sender Sky über den nigerianischen Nationalspieler, der nach dem Ausgleich sofort auf Di Matteo zustürmte und dem früheren Chelsea-Coach in die Arme sprang.

Choupo-Moting verhindert gefühlte Niederlage


Der Champions-League-Sieger von 2012 hatte nach dem bislang wenig berauschenden Auftritt der Königsblauen in der Königsklasse mit zwei Punkten aus den ersten beiden Partien die Vergleiche mit Lissabon als „vielleicht entscheidend“ eingestuft. Realistisch betrachtet kämpfen die Schalker um den zweiten Platz in der Gruppe hinter dem FC Chelsea – und entsprechend motiviert starteten sie in die zweiten 45 Minuten.

Choupo-Moting kam nun für den angeschlagenen Kevin-Prince Boateng. In Überzahl entfachten die Gastgeber nun mehr Druck und wurden schon früh belohnt. Draxler passte auf Obasi, der direkt auf Huntelaar weiterleitete. Der Niederländer zögerte nicht lange und schloss unhaltbar mit seinem 44. Europapokaltor im 67. Einsatz ab.

Als Höwedes wenig später per Kopf auf 3:1 erhöhte, schien eine Vorentscheidung gefallen. Aber nur drei Minuten nach seiner Torvorlage für Höwedes trat der 19 Jahre alte Kaan Ayhan im eigenen Strafraum André Carrillo auf den Fuß – und Adrien Silva verkürzte per Strafstoß auf 3:2. Ein Durcheinander in der Schalker Abwehr ermöglichte dem Mittelfeldspieler sogar das 3:3. Als sich alle schon mit dem bitteren Remis abgefunden hatten, pfiff der Unparteiische zum Schrecken der Portugiesen Elfmeter – und Choupo-Moting verwandelte.