Wer hätte das gedacht? Aufsteiger Paderborn fährt als Tabellenführer nach München. Bayern-Trainer Guardiola hat aufgrund der zahlreichen verletzten Spieler Alarm geschlagen.

München. Die VIP-Tribüne in der Allianz Arena ist derzeit fast prominenter besetzt als der Kader von Pep Guardiola. Auch beim Spitzenspiel gegen Sensations-Tabellenführer SC Paderborn am Dienstagabend (20 Uhr/Sky) wird neben Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge wegen diverser Verletzungen vermutlich fast eine halbe Weltauswahl sitzen.

Dem deutschen Rekordmeister fehlen derzeit neben Superstar Franck Ribéry noch Weltmeister Bastian Schweinsteiger, die beiden Spanier Thiago und Javi Martínez sowie Holger Badstuber. Auch Arjen Robben ist angeschlagen. Sein Einsatz gegen Paderborn ist fraglich.

Grund genug für die Bayern, erneut Alarm zu schlagen und eine Reduzierung der Länderspiele zu fordern – zumal auch andere Spitzenklubs in Europa nach der Weltmeisterschaft in Brasilien vom Verletzungspech verfolgt werden. „Wir verlangen zu viel von den Spielern. Wir killen sie. Die großen Vereine verlieren Punkte, sie sind müde, brauchen Zeit“, sagte Trainer Pep Guardiola am Montag über die Schwierigkeiten, mit denen auch Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen oder Schalke 04 zu kämpfen hätten.

Klar, in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA hätten die Spieler auch viele Spiele, gab Guardiola zu. „Aber die haben auch fünf Monate Urlaub.“ Seine Weltmeister dagegen: „Zwei Wochen!“ Die Fans erwarteten „frische Beine, einen frischen Kopf“, doch das sei bei diesem Rhythmus unmöglich. „Die Spieler brauchen Luft zum Atmen“, äußerte Guardiola. Es klang wie ein Hilferuf.

„Belastung der Spieler am Limit“

Laut Rummenigge hat „die Belastung der Spieler ein gesundes Maß längst überschritten und ist am absoluten oberen Limit angelangt“. Dafür seien „die Dachverbände mit ihrer Flut von Länderspielen verantwortlich“, kritisierte er vor dem Paderborn-Spiel im Bayern-Magazin. Der Vorsitzende der Europäischen Klub-Vereinigung ECA forderte deshalb erneut die Fifa und Uefa auf, „dieser Entwicklung dringend Einhalt zu gebieten“. Er appelliere, „den Fußball zugunsten der Spieler zu verbessern und dieser Hatz ein Ende zu setzen“.

Während die Bundesliga mit einer Ausnahme nach der Wiedervereinigung bei 18 Vereinen geblieben sei und die Champions League die Zahl der Spiele sogar reduziert habe, würden die Verbände „sofort jede Lücke im Terminkalender mit neuen Länderspielen okkupieren“. Rummenigge bemühte die Statistik. Ein Franz Beckenbauer habe in seiner Karriere „rechnerisch 8,5 Spiele pro Jahr“ bestritten, ein Thomas Müller käme derzeit auf etwa 13, „und das Rad wird immer noch weiter gedreht“.

In der Tat: Künftig wird etwa die Europameisterschaft mit 24 Teams ausgetragen. Aus „Freundschaftsspielen wird der Nations Cup“, auch die Copa America 2016 werde „aufgeblasen“, monierte Rummenigge, der sich bei seiner Kritik breiter Unterstützung auch bei den (deutschen) Spitzenklubs sicher sein kann.

Den Preis für die „ausufernden Termine“ bezahlen laut Rummenigge nämlich Spieler – und Vereine. „Die Regenerationsphasen reichen längst nicht mehr aus“, betonte der 58-Jährige: „Es kann nicht angehen, dass wir irgendwann 40 Spieler unter Vertrag nehmen müssen, um einigermaßen qualitativ hochwertig durch die Saison zu kommen.“

Derzeit sind es 25 Profis inklusive Mehdi Benatia und Xabi Alonso, die eigens wegen der Verletzten-Misere nachgekauft wurden. Wie lange Ribéry noch fehlt, ist schwer einzuschätzen. Schweinsteiger und Badstuber fallen noch mehrere Wochen aus, Martínez kehrt frühestens zu Beginn 2015 zurück. Lediglich bei Thiago gibt es Hoffnung: Der Spanier hatte zuletzt wieder leicht trainieren können. Vielleicht wird schon bald ein Platz auf der Tribüne frei.