Die Sportlerin vom Eimsbütteler TV will sich bei der WM in Russland ihre erste Einzelmedaille sichern. Trajdos ist längst mehr als nur eine Hoffnungsträgerin für den Deutschen Judobund (DJB).

Hamburg. Wer ihre Auftaktgegnerin ist am Donnerstag um 7 Uhr deutscher Zeit (live auf ippon.org), danach will sich Martyna Trajdos erst kurz zuvor erkundigen. So hält sie es bei jedem Wettkampf, so will sie es auch bei dieser Judo-WM in Tscheljabinsk halten, obschon die Auslosung bereits seit Sonntag bekannt ist. „Sonst mache ich mir nur tagelang einen Kopf.“

Das Notizbuch, in dem Trajdos die Stärken und Schwächen ihrer Widersacherinnen in der Klasse bis 63 Kilogramm aufzeichnet, würde der Hamburgerin in diesem Fall wohl sowieso nicht weiterhelfen. Über Su Gyong Kim ist wenig bekannt, die Nordkoreanerin war seit der WM 2013 lediglich bei den Asienmeisterschaften am Start und wird deshalb nur auf Rang 47 geführt.

Trajdos, 25, vom Eimsbütteler Turnverband ist Siebte. Es ist der Platz, die sie auch 2013 in Rio belegte. Wenn ihr das auch in Tscheljabinsk gelänge, wäre sie zufrieden. „Aber ich traue mir mehr zu.“ Seit ihrem WM-Debüt vor einem Jahr sei sie deutlich stabiler geworden. Zum Beweis ließen sich die Grand-Prix-Ergebnisse der vergangenen zwei Monate heranführen: Platz zwei in Havanna (Kuba), je Platz drei in Budapest und Ulan-Bator (Mongolei). Sie fließen, anders als Trajdos’ Sieg in Qingdao (China) im vergangenen Oktober, bereits in die nationale Olympiaausscheidung für Rio de Janeiro ein.

Es müsste sich schon Dramatisches zutragen, damit es Trajdos 2016 nicht erstmals zu den Spielen schafft. Claudia Ahrens aus Potsdam belegt in der Weltrangliste als zweitbeste deutsche Halbmittelgewichtlerin den 47. Platz in der Weltrangliste. Sobald Trajdos an der Sporthochschule in Köln ihre letzte Klausur geschrieben und die Bachelorarbeit eingereicht hat, will sie sich diesem einen großen Ziel verschreiben.

Sie ist nach drei EM-Medaillen mit der Mannschaft längst mehr als eine Hoffnungsträgerin für den Deutschen Judobund (DJB). Das „Judo-Magazin“ hat ihr in seiner aktuellen Ausgabe ein Porträt gewidmet. Titel: „Der nächste Star?“ Von den vier Medaillengewinnern der Spiele 2012 in London ist nur Halbschwergewichtler Dimitri Peters aus Hannover in Russland dabei. Erst im Februar wurde Andreas Tölzer aus dem Nationalkader verabschiedet, der Schwergewichtler hatte bei seinen letzten drei WM-Starts je eine Medaille zur deutschen Bilanz beisteuern können.

Dass noch einmal fünf zusammenkommen wie in Rio 2013, hält DJB-Präsident Peter Frese für ausgeschlossen: „Gerade die Asiaten werden alles aufbieten, was sie haben. Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon ein wenig Angst, dass wir ohne Medaille nach Hause fahren.“ Wie ernst vor allem Gastgeber Russland die WM nimmt, konnte auch Trajdos in der Millionenstadt am Ural beobachten: „Überall sind Plakate, der Aufwand ist riesig. Es ist wahrscheinlich die teuerste WM aller Zeiten.“ Es könnte sich ausgezahlt haben, dass Staatspräsident Wladimir Putin einmal Leningrader Stadtmeister im Judo war.

Die ersten deutschen Hoffnungen haben sich bereits zerschlagen. Mehr als ein siebter Platz für Mareen Kräh (Spremberg) in der Klasse bis 52 Kilogramm sprang am Dienstag nicht heraus. Am Sonntag gibt es für alle eine zweite Chance. Deutschland ist als EM-Zweiter auch für den Mannschaftswettbewerb qualifiziert.