Die Niederlage von Atlético im Champions-League-Finale ging auch auf die Kappe von Diego Simeone. Mit dem Einsatz des nicht gesunden Stürmers Diego Costa ging der Coach ein zu hohes Risiko. Und wurde bitter bestraft.

Lissabon. Der späte Ausgleichstreffer von Sergio Ramos traf Diego Simeone tief ins Herz. 92 Minuten lang war der Coach von Atlético Madrid an der Außenlinie auf- und abmarschiert, hatte dirigiert, angetrieben und gejubelt. Den Champions-League-Titel gegen den Stadtrivalen Real so dicht vor Augen stand Simeone in Lissabon noch in der 89. Minute vor den eigenen Anhängern und animierte sie mit beiden Armen, mehr Lärm zu machen. Schließlich stand die Krönung einer außergewöhnlichen Saison für den frisch gekürten spanischen Meister unmittelbar bevor.

Dann kam Ramos und köpfte in der dritten Minute der Nachspielzeit zum 1:1 ein, was die Verlängerung bedeutete – und für Atlético das Ende aller Königsklassenträume. Denn in der Zusatzschicht ging dem Außenseiter endgültig die Puste aus, nachdem er sich bereits zuvor nur noch mit viel Mühe in Richtung Ziellinie zu schleppen schien.

Die Atlético-Helden waren müde. Auch Simeone konnte ihnen nicht mehr helfen – weil er bereits vor dem Finale den womöglich spielentscheidenden Fehler begangen hatte. Den Argentinier, von Mittelfeldspieler Tiago im Vorfeld noch als „Gott“ bezeichnet, hatte dieses Mal sein Gespür verlassen, auf das er sich in Atléticos erster Meistersaison seit 18 Jahren zuvor immer hatte verlassen können.

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Dieses Mal verpokerte sich der verehrte Coach. Er hatte seinem Toptorjäger Diego Costa vertraut und ihm geglaubt, dass er nach seiner Oberschenkelverletzung rechtzeitig fit sein würde. Aber bereits in der neunten Minute humpelte der Superstürmer wieder vom Platz, es ging nicht. Keine neue Verletzung, sondern schlicht die Erkenntnis, doch nicht gesund gewesen zu sein.

Simeone musste also früh wechseln und hatte in der Schlussphase, als sein Team wie ein angeschlagener Boxer in den Seilen hing, nicht mehr die Möglichkeit, einen frischen Spieler zu bringen. Oder durch eine Einwechslung etwas Zeit zu schinden. „Es war meine Verantwortung, ihn zu bringen und deshalb auch mein Fehler“, sagte Simeone. „Ich entschuldige mich dafür.“

Dass er sich in den letzten Sekunden der Verlängerung auch noch einen heftigen Disput mit Reals Raphael Varane lieferte und nach seinem ungestümen Platzsturm auf die Tribüne verbannt wurde, versetzte Simeones glorifizierten Bild weitere Kratzer. Die spanischen Journalisten hielten trotzdem zu ihm. Als der Atlético-Coach die Pressekonferenz verließ, gab es lauten Applaus.

Statistik zum Spiel:

Real: Casillas – Carvajal, Ramos, Varane, Coentrao (59. Marcelo) – Khedira (59. Isco) – Modric, Di Maria – Bale, Benzema (79. Morata), Ronaldo. – Trainer: Ancelotti

Atletico: Courtois – Juanfran, Miranda, Godin, Filipe Luis (83. Alderweireld) – Tiago, Gabi – Garcia (66. Sosa), Koke – Costa (9. Adrian), Villa. – Trainer: Simeone

Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande)

Tore: 0:1 Godin (36.), 1:1 Ramos (90.+3), 2:1 Bale (110.), 3:1 Marcelo (118.), 4:1 Ronaldo (120., Foulelfmeter)

Zuschauer: 60.976 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Ramos (3), Khedira, Marcelo (2), Ronaldo, Varane (2) – Garcia (4), Miranda (2), Villa, Juanfran (5), Koke (3), Gabi (4), Godin (2)

Torschüsse: 21:11

Ecken: 9:9

Ballbesitz: 61:39 %