Die Diskussion über die Torlinientechnik hat nach dem nicht gegebenen Treffer von Mats Hummels im DFB-Pokalfinale am vergangenen Sonnabend an Vehemenz zugenommen.

Frankfurt. Die Bayern machen gewaltigen Druck, der WM-Ausrüster wittert seine Chance, der oberste Fußball-Richter ist von der Einführung überzeugt: Die erneut entbrannte Debatte über die Torlinientechnik ist diesmal kein Strohfeuer und erhält immer neue Nahrung. Zum großen Nutznießer der Diskussion könnte GoalControl werden – auch dank dem Vorpreschen des Rekordmeisters.

Bayern München hat am Mittwoch mit einem offiziellen Schreiben an Ligachef Reinhard Rauball die Einführung der Torlinientechnik für die Bundesliga beantragt. Über der Antrag soll nach dem Willen der Bayern schon auf der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung der Klubs entschieden werden. Um das Kosten-Argument der Gegner aus dem Spiel zu nehmen, gilt der Antrag nur für die Eliteklasse – nicht für die 2. Liga.

„Wir haben diesen Antrag zur Einführung der Torlinien-Technologie zum frühesten möglichen Zeitpunkt – nur in der 1. Bundesliga – gestellt, weil wir den Fußball und vor allem die Schiedsrichter künftig besser schützen müssen“, sagte Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge.

Laut Rummenigge ist es „unerträglich, in welchem Maße die Unparteiischen, die nicht auf Wiederholung, Zeitlupen und sogar mathematische Berechnungen zurückgreifen können, öffentlich an den Pranger gestellt werden. Dies kann und sollte künftig verhindert werden.“

Der Vorstoß der Bayern ist Wasser auf die Mühlen von GoalControl. Der WM-Ausrüster macht sich wieder Hoffnungen auf eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL). „Es ist sicherlich klar, dass man sich freut, wenn neue Dinge entstehen und man vielleicht die Gespräche fortsetzen kann“, sagte Geschäftsführer Dirk Broichhausen dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Die Debatte über die Torlinientechnik war nach dem nicht anerkannten Treffer des Dortmunders Mats Hummels im DFB-Pokalfinale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund (2:0 n. V.) aufgekommen.

„Die Torlinientechnik kommt sicher“


Der DFB hatte daraufhin erklärt, dass er über eine Anwendung der Technik bei künftigen Endspielen nachdenken wird. Die DFL hatte eine erneute Abstimmung über das Thema in Aussicht gestellt. Erst vor zwei Monaten hatten sich die 36 deutschen Profiklubs mehrheitlich gegen die Einführung der technischen Hilfe für die Schiedsrichter ausgesprochen.

Die Ablehnung der Technik kann nach Ansicht von Hans E. Lorenz nicht das letzte Wort sein. „Die Torlinientechnik kommt so sicher wie das Amen in der Kirche“, sagte der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts bei Sky: „Sie kommt noch nicht in der nächsten Saison und vielleicht auch nicht in der übernächsten Saison. Aber der Fußball kann es sich nicht leisten, auf die technischen Errungenschaften im Interesse der sportlichen Fairness zu verzichten.“

Als Argumente führten die Gegner damals die hohen Kosten und die angeblich noch nicht ausgereifte Technik an. Dem widersprach Broichhausen, dessen Firma aus Würselen bei Aachen den Zuschlag des Weltverbandes Fifa für die WM-Endrunde in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli) erhalten hatte.

„Fakt ist, dass das System ausgereift ist. Es ist sehr intensiv getestet worden, es hat die Fifa-Zulassung – und die Fifa-Kriterien sind sehr streng“, äußerte der Geschäftsführer, nach dessen Angaben sich die Kosten für die Installation auf 250.000 Euro belaufen: „Das System ist sehr zuverlässig, sonst würde es nicht bei der größten Sport-Veranstaltung der Welt eingesetzt werden.“

HSV und Frankfurt bleiben beim „Nein“

CoalControl arbeitet mit jeweils sieben Kameras für jedes Tor und einem zentralen Auswertungssystem. Sollte der Ball im Tor sein, erhält der Schiedsrichter innerhalb einer Sekunde ein Signal (optisch und per Vibration) auf seine Armbanduhr.

Der HSV und Eintracht Frankfurt bleiben hingegen bei ihrer ablehnenden Haltung. „An den Argumenten gegen die Torlinientechnik ändert sich nichts. Es war doch von Anfang an klar, dass es in jeder Saison vier bis fünf strittige Entscheidungen geben wird“, sagte Frankfurts Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen. Auch der HSV halte an seinem Nein fest, erklärte Mediendirektor Jörn Wolf.