Der Boxweltmeister bringt sich und Bruder Vitali am Montagabend bei Bürgermeister Olaf Scholz ins Gespräch. Bei der Veranstaltung im Business Club Hamburg ging es auch um Leiden und Feiern des HSV.

Ottensen Es fehlte eigentlich nur die Einmarschmusik. Als Wladimir Klitschko und Olaf Scholz (SPD) am Montagabend bei der Hamburg Soirée zu den Gastgebern Christian Hinzpeter (Hinzpeter Wagner) und Jens Meyer-Odewald (Hamburger Abendblatt) aufs Podium stiegen, taten sie dies ohne die akustische Begleitung, die man von Boxkämpfen kennt. Die Stille war jedoch nur von kurzer Dauer, denn wenn ein Weltmeister auf einen Bürgermeister trifft, gibt es viel zu besprechen. Und nach 75 unterhaltsamen Minuten gestand Klitschko, dass das Frage-Antwort-Spiel ihn mehr gefordert habe als einige seiner Gegner im Ring.

Nachdem die Soirée seit ihrer Premiere im Jahr 2003 genau 21-mal im Hotel Vier Jahreszeiten stattgefunden hatte, mussten sich die Organisatoren zur 22. Ausgabe, erneut gefördert von der Sparda-Bank und guenstiger.de, auf eine neue Umgebung einstellen, da das Luxushotel an der Binnenalster ausgebucht war. Der Business Club Hamburg an der Elbchaussee in Ottensen war aber ein mehr als würdiger Ersatz.

Das Themenspektrum, das Hinzpeter und Meyer-Odewald vor 160 Gästen anrissen, reichte vom Leiden und Feiern des HSV bis zu einer möglichen zweiten Olympiabewerbung Hamburgs, für die Wladimir Klitschko sich und seinen Bruder Vitali am Montag als Botschafter ins Gespräch brachte. Es ging am Montagabend aber auch um die Vergleiche zwischen Boxen und Politik (Scholz: „Man kann Tugenden aus dem Boxen in die Politik übertragen, aber die wichtigste Eigenschaft ist in der Politik nicht, den anderen zu besiegen, sondern Kompromisse zu finden“). Und es ging um das Geschehen in der Ukraine.

Klitschko hielt einmal mehr einen flammenden Appell für den Anschluss seines Heimatlandes an die Europäische Union. An diesem Wochenende, wenn in der Ukraine die Präsidentschaftswahl ansteht, unterstützt er seinen Bruder, der in Kiew als Kandidat zur Bürgermeisterwahl antritt. „Vor allem hoffe ich, dass nach den Wahlen endlich Frieden eintritt und wir als Verbindung zwischen Russland und Westeuropa funktionieren können“, sagte er.

Am Nachmittag hatten sich Boxer und Bürgermeister zum ersten Gedankenaustausch getroffen. Im Beisein von rund 30 Gästen durfte sich Klitschko ins Goldene Buch der Stadt eintragen. „Das ist eine große Ehre für die Familie Klitschko und für mich persönlich, obwohl ich denke, dass Vitali diese Ehre mindestens genauso verdient hätte wie ich. Ich bin wahnsinnig stolz, meine Verbundenheit mit der Stadt auf diese Art dokumentieren zu dürfen“, sagte der 38-Jährige, der seinen Namenszug mit der rechten Schlaghand in die Mitte des weißen DIN-A3-Bogens setzte – ganz so wie seine härtesten Treffer.

Scholz würdigte bei der Zeremonie im Phoenixsaal des Rathauses nicht nur die sportlichen Leistungen des Ukrainers, der seit 1996 in Hamburg seinen Zweitwohnsitz hat, aber zum ersten Mal im Amtssitz des Bürgermeisters zu Gast war. „Auch Ihr soziales Engagement ist herausragend. Es ist wichtig, dass Sie sich für die Schwachen in der Gesellschaft einsetzen“, sagte Scholz. Zu den Gästen zählte auch eine Gruppe von Hamburger Schülern, die im Rahmen des Projektes „Boxschool“ durch Boxtraining soziale Kompetenz erlernen sollen. An die Jugendlichen gewandt sagte Klitschko: „Wenn ihr euch Ziele setzt und diese mit harter Arbeit verfolgt, dann habt ihr auch die Chance, euch in das Goldene Buch einzutragen.“

Der Weltmeister, der seine Titel der Verbände WBO, WBA und IBF zum nächsten Mal am 6. September in der Hamburger O2 World zu verteidigen plant, trug sich als erster Boxer in das Goldene Buch ein, das seit 1897 geführt wird und bislang rund 500 Einträge umfasst. Nicht einmal dem legendären, 2005 verstorbenen Max Schmeling war diese Ehre vergönnt. Weitere prominente Sportler, die sich verewigen durften, sind die Tennisstars Steffi Graf und Boris Becker, die Fußballgrößen Franz Beckenbauer und Günter Netzer sowie die Hamburger Olympiastarter der Sommerspiele 2012 in London.

Zum Abschluss eines fesselnden Abends, der spannender war als Klitschkos letzte Titelverteidigung, erhielt der an Kunst interessierte Doktor der Sportwissenschaft einen persönlichen Rundgang durch das Bucerius Kunst Forum geschenkt. Für den Bürgermeister gab es einen Bildband „Im Herzen der Stadt“, der für den begeisterten Ruderer Scholz schöne Aufnahmen der Wasserwege beinhaltet. Klitschko regte an, dass man Kiew von Hamburg aus per Schiff erreichen und die Beziehungen seiner Heimatstädte auch über das Wasser stärken könnte. Mit Klitschkos Kraft und der Technik des Bürgermeisters sollte die Strecke vielleicht gemeinsam im Ruderboot angegangen werden.