Hockeyherren des Hamburger Traditionsclubs gewinnen die Feldmeisterschaft und schaffen damit ein historisches Triple

Hamburg. Christoph Bechmann stand auf dem Kunstrasen am Wesselblek und suchte nach einem passenden Rahmen für die Bilder, die seine Gedanken malten. Um ihn herum sprangen und purzelten schwarz-gelb gekleidete Menschen durcheinander, und das Wort, das die meisten von ihnen benutzten, um ihre Gefühle zu beschreiben, lautete: „Unfassbar!“ Es dauerte deshalb eine Weile, bis der Cheftrainer der Hockeyherren des Harvestehuder THC geschafft hatte, das zu analysieren, was am Sonntagnachmittag über den Hamburger Traditionsclub hereingebrochen war. „Es ist brutal, was wir erreicht haben“, sagte der 42-Jährige, „und ich denke, dass das so schnell auch nicht wieder erreicht werden wird“.

Die historische Dimension, die der 5:1-Sieg des HTHC im Finale der deutschen Feldmeisterschaft gegen Titelverteidiger Rot-Weiß Köln hat, wurde deutlich, als Welthockeyspieler Tobias Hauke seine Gedanken schweifen ließ. „Als ich im Sommer 2010 aus Köln zum HTHC zurückkehrte, war mein Ziel, mit meinem Heimatverein einmal einen Titel zu gewinnen. Jetzt haben wir innerhalb von 16 Monaten die vier wichtigsten Titel geholt, die man im Clubhockey gewinnen kann. Davon hätte ich nicht einmal zu träumen gewagt“, sagte der Mittelfeldmotor, der zum besten Spieler der Endrunde gewählt wurde.

Tatsächlich hatte der Triumphzug gegen Köln, herausgeschossen durch Tore von Moritz Polk (35.), der das 0:1 durch Trompertz egalisierte, Tobias Lietz (46., Ecke), Tobias Brockmann (61./66.) und Michael Körper (70.), nicht nur den ersten Feldtitel seit 2000 ermöglicht. Er bedeutete zugleich nach den Europapokalsiegen in der Halle und auf dem Feld das Triple, das nie zuvor ein deutsches Team gewonnen hat.

Den Ursprung dieses Erfolgs verortete Bechmann im Gewinn der deutschen Hallenmeisterschaft in der Vorsaison. „Bis dahin hatte diese Mannschaft in entscheidenden Spielen immer versagt. Mit dem Gewinn der Hallenmeisterschaft haben die Spieler das Bewusstsein bekommen, dass sie siegen können“, sagte der Coach. Dass sich die Mannschaft auch vom Rückschlag des Verpassens der diesjährigen Hallenendrunde erholte; dass sie es schaffte, nach dem EHL-Sieg am Ostermontag die Konzentration hoch zu halten und erneut auf den Punkt die Leistung abzurufen, die nötig war, um sich als Hauptrundenvierter gegen bärenstarke Konkurrenz wie Köln und den Lokalrivalen und Endrundengastgeber Uhlenhorster HC, den man in einem dramatischen Halbfinale 7:5 im Siebenmeterschießen geschlagen hatte, zu behaupten – daran hat Bechmann enormen Anteil. Mit seinem Motivationsgeschick hat er sein Team emotional im Griff, dank der Hilfe eines Psychologen sind die Spieler auch mental in Topform.

Besonders beeindruckend ist der Teamgeist, der sich nicht nur im Schlachtruf vor den Spielen ausdrückt („Wir sind ein Team!“), sondern der dafür sorgt, dass die Mannschaft, unterstützt von ihren lautstarken Fans, einen enormen Siegeswillen ausstrahlt, mit dem sie am Sonntag die Kölner überrannte. „Wir waren hungriger auf den Titel, das war der Unterschied“, sagte Torhüter Tobias Walter, der zum besten Keeper der Endrunde gewählt wurde. Hauke kündigte an, dass dieser Titelhunger trotz der überragenden Saison längst nicht gestillt ist. „Wir wollen dieses Gefühl noch oft erleben“, sagte er.

HTHC-Präsident Cito Aufenacker dachte im Überschwang der Gefühle auch schon an die Konsequenzen. „Wir müssen es schaffen, nachhaltig von diesem Erfolg zu profitieren. Wenn wir es jetzt potenziellen Sponsoren nicht klarmachen können, dass der HTHC ein Qualitätsprodukt ist, wann sonst?“ Finanziell bringt der Meistertitel gar nichts ein, er weckt im negativen Fall sogar eher Begehrlichkeiten, die der Verein nicht erfüllen kann. So haben die schwedischen Björkman-Brüder Johan und Joakim gut dotierte Angebote vom Lokalrivalen Club an der Alster, bei denen der HTHC nicht mithalten kann.

Bechmann, der in drei Wochen bereits mit der athletischen Vorbereitung auf die neue Saison beginnen will, den Spielern aber für diese Woche jegliche Freiheiten für die anstehende Dauerparty ausstellte, sieht das ganz pragmatisch: „Die beiden müssen sich entscheiden, ob sie Geld oder Titel wollen.“ Die Verhandlungsbasis hat sich am Sonntag auf keinen Fall verschlechtert.