Der Läufer Meb Keflezighi widmete seinen Triumph allen anwesenden Zuschauern. Vor einem Jahr starben im Zielbereich des ältesten Städtemarathons der Welt drei Menschen, mehr als 260 wurden verletzt.

Boston. Dieser Sieg hilft ein wenig, die Wunden zu heilen: Unter dem lautstarken Jubel seiner Landsleute hat Meb Keflezighi am Montag den 118. Boston-Marathon gewonnen und für den ersten US-Sieg seit 1983 beim ältesten Langstreckenlauf der Welt gesorgt. Dort, wo am 15. April 2013 zwei Bomben explodierten, drei Menschen starben und 264 verletzt und verstümmelt wurden, krönte Keflezighi in 2:08:37 Stunden ein grandioses Rennen. Bei den Frauen setzte sich die kenianische Titelverteidigerin Rita Jeptoo in dem neuen Streckenrekord von 2:18:57 Stunden durch.

„Ein phänomenaler Sieg. Es ging nicht um mich, sondern um die Leute hier. Ich habe alles für sie gegeben und sie haben mich auf den letzten Kilometern unglaublich unterstützt“, sagte Keflezighi sichtlich ergriffen. Im Vorjahr war er Zuschauer und hatte den Zielbereich gerade verlassen, als die Bomben explodierten. Seit jenem Tag, so Keflezighi, habe er dieses Rennen gewinnen wollen. Mit einer US-Fahne um die Schultern genoss er zwei Wochen vor seinem 39. Geburtstag den größten Triumph seiner Karriere. 2004 hatte er in Athen Olympia-Silber erlaufen und 2009 den New York-Marathon gewonnen. Doch dieser Sieg in Boston hat nicht nur für ihn eine größere Bedeutung.

Vor dem Start des 118. Boston-Marathon hielten Teilnehmer und Zuschauer im Vorort Hopkinton eine Schweigeminute für die drei Toten und 264 Verletzten des Anschlags ab. Anschließend begannen die Behindertensportler das Rennen, gefolgt von den Profis und der ersten Welle der Freizeitläufer. Am Dienstag vergangenen Woche hatte Boston am Jahrestag der Attacke bereits eine Gedenkfeier abgehalten.

2013 waren im Zielbereich auf der Boylston Street zwei Bomben explodiert. Rund 5600 Sportler der diesjährigen teilnehmer waren auch vor zwölf Monaten dabei, wurden aufgrund der Detonationen jedoch von der Polizei gestoppt und konnten den Lauf nicht beenden.

Vor dem Marathon-Highlight gab es nach Angaben des Gouverneurs des US-Bundesstaates Massachusetts keine spezifischen Drohungen gegen das Rennen. Gouverneur Deval Patrick sagte dem US-Sender CBS am Sonntag (Ortszeit), dies sei kein Grund dafür, ein Jahr nach den Bombenanschlägen im Ziel in der Wachsamkeit nachzulassen. „Wir sind sehr gut vorbereitet, und wir versichern den Menschen so gut wir können, dass dies ein spaßiger und sicherer Tag sein wird“, betonte Patrick. Es werde zwar erheblich mehr Präsenz von Sicherheitskräften geben, man wolle aber kein Rennen durch eine militarisierte Zone.

Attentäter wartet noch auf seinen Prozess

Am 15. April 2013 hatten die aus einer tschetschenischen Familie stammenden Brüder Tamerlan und Dschochar Zarnajew zwei Sprengsätze im Zielbereich des Bostoner Marathons gezündet. Bei dem Attentat starben drei Menschen, rund 260 weitere wurden verletzt. Mehrere der Verwundeten verloren Arme und Beine. Auf ihrer Flucht erschoss das Brüderpaar außerdem einen Polizisten.

Der 26-jährige Tamerlan Zarnajew war wenige Tage nach dem Anschlag bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei getötet worden, sein jüngerer Bruder Dschochar wurde schwer verletzt festgenommen. Der mittlerweile 20-Jährige sitzt im Bundesgefängnis Fort Devens in Massachusetts ein und wartet auf seinen Prozess, der am 3. November beginnen soll. Das US-Justizministerium strebt für ihn die Todesstrafe an. Die Ermittler glauben, dass das Brüderpaar von radikalislamischem Gedankengut beeinflusst gewesen war.