Huub Stevens trainierte insgesamt sieben Jahre Schalke 04. Nun droht dem Stuttgart-Coach der erste Abstieg seiner Trainerlaufbahn. Beim Duell mit seiner alten Liebe will er deshalb seine „Gefühle ausschließen“.

Stuttgart. Der Bart grau und kratzig, die Laune eine Mischung aus Patzigkeit und Angriffslust: Vor dem Wiedersehen mit seiner „alten Liebe“ Schalke 04 hatte Trainer Huub Stevens vom abstiegsbedrohten Bundesligisten VfB Stuttgart so gar nichts von einem Charmeur. „Wenn ich sage, dass die Jahre, die ich da gearbeitet habe, nichts mit mir gemacht haben, dann lüge ich“, betonte der Niederländer zwar mit Blick auf das Duell mit den Knappen am Sonntag (17.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de), „aber diese Gefühle musst du ausschließen – wie die für die Kinder daheim in der Ferne, egal ob du Vater oder Opa bist.“

Mitgefühl für die um den Wiedereinzug in die Champions League kämpfenden Gelsenkirchner kann sich der Schalker „Jahrhunderttrainer“ gar nicht leisten. „Die Arbeit hier“, sagte er am Freitag, „verlangt mir alles ab.“ Der VfB liegt vor dem 31. Spieltag auf Platz 15 der Tabelle, die Angst im Umfeld vor dem zweiten Abstieg nach 1975 ist groß.

Der HSV auf Relegationsplatz 16 ist nur einen Punkt schlechter, einen weiteren Zähler dahinter folgt der 1. FC Nürnberg, und selbst Schlusslicht Eintracht Braunschweig ist nur zwei Punkte entfernt. „Es wird immer enger und enger“, sagte Stevens im Fachmagazin kicker. Für Gefühle habe er deshalb „keine Zeit“.

Zumal Schalke, zweitbeste Rückrundenmannschaft hinter Meister Bayern München, seit sieben Spielen nicht verloren hat. Nach Stuttgart reisen die Königsblauen aber traditionell ungern. Der VfB gewann gegen keinen Bundesligisten öfter (41-mal, davon 29-mal zu Hause) und verlor nur eines der vergangenen zwölf Heimspiele gegen S04, das dabei neun Mal kein Tor schoss. „Sie haben ihre Qualitäten“, sagte der 60 Jahre alte Stevens, „aber wir auch – und die sind gefragt.“

VfB bangt vor den Schlussminuten


Der Bundesliga-Rekordtrainer der Schalker (239 Spiele, 365 Punkte, Uefa-Cup-Sieger 1997) zeigte indes Verständnis dafür, dass seine Mannschaft in dieser Spielzeit immer wieder Punkte in der Schlussphase verlor. „Aber was will man tun? Will man in den letzten Minuten Holz vor das Tor stapeln, damit keiner mehr reingeht?“, fragte er. Sportvorstand Fredi Bobic forderte, die Mannschaft möge es diesmal doch bitte „über 90 Minuten hinbekommen“. Versuchen muss sie es ohne Moritz Leitner (Knieprobleme) und Rani Khedira (Muskelfaserriss).

Schalke kommt mit zwei ehemaligen Stuttgartern in leitender Funktion. Jens Keller (43), in Stuttgart geboren, spielte viele Jahre bei den Schwaben und war Ende 2010 für kurze Zeit Cheftrainer des VfB. „Für mich ist es ein ganz besonderes Spiel. Es ist der Verein, bei dem ich groß geworden bin“, sagte Keller ehrlich.

Und Manager Horst Heldt, der am 16. Dezember 2012 Stevens' zweite Amtszeit auf Schalke beendet hatte, war einst Profi am Neckar sowie 2007 als Sportdirektor am letzten von bislang fünf Meistertiteln beteiligt. „Das war eine tolle Zeit. Ich drücke dem VfB ganz fest die Daumen“, sagte Heldt. Das Verhältnis zu Stevens sei trotz der Trennung vor rund eineinhalb Jahren intakt. Der sagte dazu: „Ich habe keine Probleme mit Horst.“ Aber Gefühle? Bloß nicht!