Der gebürtige Hamburger und Tennisprofi Tommy Haas kehrt an den Rothenbaum zurück. Ein Gespräch über die Gründe für seine dritte Rückkehr zum Hamburger Tennisturnier.

Hamburg. Auch in diesem Sommer können die Tennisfans am Hamburger Rothenbaum Altmeister Tommy Haas bewundern. Der 35-Jährige, der derzeit an Nummer zwölf der Weltrangliste geführt wird und am Mittwoch nach Redaktionsschluss beim Mastersturnier im kalifornischen Indian Wells den Schweizer Topstar Roger Federer herausforderte, hat zum dritten Mal in Folge für das ATP-Turnier der 500er-Serie zugesagt, das in diesem Jahr vom 12. bis 20. Juli ausgetragen wird. Warum die Zusage für Haas eine Herzensangelegenheit ist, verrät der gebürtige Hamburger im Abendblatt-Gespräch.

Hamburger Abendblatt: Herr Haas, früher passte der Rothenbaum nicht in Ihre Turnierplanung, nun kommen Sie das dritte Mal in Folge her. Woher kommt dieser Stimmungsumschwung?

Tommy Haas: Ich habe das Turnier viele Jahre ausgelassen, weil ich mich nach Wimbledon auf die Hartplatzsaison konzentrieren wollte. Aber als ich 2012 nach sechs Jahren Pause zurückkam, da habe ich gespürt, wie viel mir der Rothenbaum bedeutet. 1997 stand ich hier in meinem ersten großen Halbfinale, ich war als Kind hier und habe den Stars zugeschaut. Mir liegt dieses Turnier einfach am Herzen. Wenn man mehr als 30 Wochen im Jahr unterwegs ist und wie ich seine Heimat mittlerweile in den USA hat, dann ist es einfach schön, an die Plätze zurückzukehren, an denen man aufgewachsen ist. Und das Turnier bietet mir die Möglichkeit dazu.

Bei Ihrer Rückkehr 2012 wurden Sie von den Fans frenetisch gefeiert und erreichten das Finale. Im Vorjahr hat Ihnen Roger Federer ein wenig die Schau gestohlen und auch die Gunst des Publikums, und Sie schieden im Viertelfinale aus. Hat Sie das gewurmt?

Haas: Ich habe das überhaupt nicht so empfunden. Die Fans haben mich in Hamburg immer super unterstützt. Ich habe mich gefreut, dass Roger dabei war, das war für das Turnier sehr wichtig, und er hat sich die Gunst des Publikums absolut verdient. Ich bin im Vorjahr im Viertelfinale an Fabio Fognini gescheitert, weil er einfach besser war. Er ist einer, der bald in die Top Ten vorstoßen wird, ein super Sandplatzspieler. Natürlich hätte ich gern mehr Matches gespielt, aber das war nicht möglich, und das zeigt, dass Hamburg noch immer ein Topturnier ist.

Verstehen Sie sich eigentlich auch als Botschafter für Ihre Geburtsstadt? Können Sie helfen, in diesem Jahr einen Rafael Nadal nach Hamburg zu locken?

Haas: Das ist sehr schwierig, weil die absoluten Topspieler einen sehr engen Plan haben und die Punkte, die es bei 500er-Turnieren wie Hamburg zu gewinnen gibt, auch nicht unbedingt brauchen. Ich kenne auch die wirtschaftlichen Hintergründe nicht, ob sich die Organisatoren einen Nadal leisten könnten. Aber wenn es eine Chance gibt und ich helfen kann, dann tue ich es selbstverständlich gern.

Dürfen sich die Mieter an der Weidenallee 45, wo Sie einst aufwuchsen, denn in diesem Jahr auf den Besuch freuen, den Sie schon 2012 angekündigt hatten?

Haas: Das hoffe ich. Vorgenommen habe ich es mir schon länger, weil es mich interessiert, wie es da jetzt aussieht. Wenn ich in der Vorwoche in Stuttgart nicht allzu weit komme und dann in Hamburg ein paar Tage mehr Zeit habe, werde ich dort vorbeischauen.

Müssten Sie mit Ihren Verletzungsproblemen nicht viel mehr darauf achten, Ihren Terminkalender so abzustimmen, dass Sie sich mehr erholen und nur dort spielen, wo es sportlich Sinn macht?

Haas: Erstens spüre ich, dass ich mittlerweile lieber auf Sand spiele als früher, weil es meinen Hüften und den Beinen gut tut. Und ich habe ja auch gezeigt, dass ich auch auf Sand gute Spieler schlagen kann. Und zweitens will ich auf meine alten Tage gerne da spielen, wo mein Herz mich hinführt und nicht der Kopf.

Das heißt, man macht im Alter die Planung nicht mehr unbedingt nach Vernunft, sondern nach Leidenschaft?

Haas: Es spielt tatsächlich eine große Rolle, Sentimentalitäten zuzulassen. Ich weiß ja selbst nicht, wie lange ich noch spielen kann, über 2014 hinaus habe ich noch keine Pläne. Deshalb ist es mir wichtig, die deutschen Turniere zu spielen. Ich habe in diesem Jahr für alle deutschen Turniere gemeldet, und bis auf Düsseldorf bin ich mir sicher, dass ich auch spielen werde, sofern die Gesundheit es zulässt. Ich habe auch in Zagreb und Rotterdam gespielt, einfach weil ich dort noch nie war und diese Erfahrung gern noch mitnehmen wollte. Und nicht zuletzt ist es mir auch sehr wichtig, im Daviscup anzutreten. Deshalb habe ich alles getan, um gegen Spanien wenigstens für das Doppel fit zu werden, und deshalb habe ich auch bereits für das Viertelfinale Anfang April in Frankreich gemeldet.

Bei der Partie gegen Spanien kam es Anfang Februar in Frankfurt am Main zum Eklat, weil weder Sie noch Philipp Kohlschreiber oder Florian Mayer sich imstande sahen, zum bedeutungslosen dritten Einzel anzutreten, nachdem es bereits 3:0 stand. Die Fans waren stinksauer, der Sieg geriet in den Hintergrund. Wie denken Sie heute darüber?

Haas: Für mich steht der Sieg immer noch im Vordergrund. Wir waren alle schon angeschlagen nach Frankfurt gekommen, und als es 3:0 stand und wir alle total platt waren, stand fest, dass keiner von uns ein bedeutungsloses Match spielen wollte oder konnte. Ich habe das früher oft getan, weil Nicolas Kiefer, der uns jetzt als TV-Experte kritisiert hat, sich geweigert hat, solche Spiele zu spielen. Aber mit meiner kaputten Schulter war das nicht möglich.

Aber verstehen Sie den Ärger der Fans, die sich auf Topduelle zwischen Ihnen und Rafael Nadal gefreut hatten und plötzlich gar nichts zu sehen bekamen?

Haas: Ich verstehe das und gebe zu, dass wir leider unterschätzt haben, dass es die Fans so treffen würde. Das tut uns im Nachhinein auch leid, wir müssen daraus lernen. Aber ich denke auch, dass die Daviscup-Regeln dringend geändert werden müssen. Warum darf man nicht fünf oder sechs Spieler nominieren? Es waren ja andere da wie zum Beispiel André Begemann, die heiß gewesen wären zu spielen, aber die durften nicht. Das ist angesichts der hohen Belastungen, die alle Profis haben, einfach nicht mehr zeitgemäß.

Der Daviscup war für Sie immer wichtig, Sie haben stets gern für Deutschland gespielt. Träumen Sie insgeheim davon, ihn in diesem Jahr endlich zu gewinnen?

Haas: Das wäre schon ein Traum, aber wir haben mit Frankreich auswärts ein sehr schweres Los, und es sind noch andere starke Nationen im Wettbewerb. Aber wenn bei uns alle gesund sind, haben wir eine gute Mannschaft, die es schaffen kann. Und der Zusammenhalt im Team ist gut.

Wenn Sie sich einen Titel für 2014 aussuchen dürften, welcher wäre es?

Haas: Oh, das ist gemein, da gäbe es einige. Wenn ich realistisch bleibe, dann wird ein Grand-Slam-Sieg nicht zu schaffen sein, denn die Belastung von drei Gewinnsätzen mit stundenlangen Matches auf Topniveau ist für meine Schulter sehr hart. Aber ein Mastersturnier zu gewinnen, das wäre schon toll. Letztlich wünsche ich mir aber eigentlich nur, gesund zu bleiben und noch ein paar gute Matches zu spielen.

Wie geht es der Schulter? Zuletzt mussten Sie mehrfach Matches aufgeben.

Haas: Es ist okay, mit Medikamenten und viel Behandlung sind die Schmerzen auszuhalten. Ich kenne meinen Körper mittlerweile gut genug, um einschätzen zu können, wie weit ich gehen kann. Und wenn es nicht mehr geht, gebe ich auf, auch wenn es schwerfällt. Ich trainiere mittlerweile auch nicht mehr wochenlang, sondern spiele lieber Turniere und entscheide dann, wie lange ich es durchhalten kann. Ich bin ein Kämpfer, aber ich mache nichts mehr, was mir dauerhaft schaden könnte.