Bislang galt der FC St. Pauli als Platzhirsch in der Hamburger Tischfußballszene, doch jetzt machen die Rothosen dem Kiezclub diesen Status streitig.

Hamburg. Es gibt wenige Bereiche, in denen der FC St. Pauli besser aufgestellt ist als der große Stadtrivale Hamburger SV. Tischfußball ist einer davon. Doch mit der Kicker-Vorherrschaft in der Hansestadt könnte es für den Kiezclub bald schon vorbei sein.

Denn an diesem Sonnabend (10 Uhr, Ulzburger Straße 94) eröffnet der HSV in Norderstedt das nach eigenen Angaben größte Tischfußball-Leistungszentrum der Welt. An bis zu 20 Tischen können die Liebhaber des kleinen Hartgummiballs dann daddeln, was das Zeug hält.

Damit löst das „HSV Tischfußball Sportzentrum“, so der vorläufige Name des Projekts, das Kixx am Nobistor auf St. Pauli als weltgrößte Kickerhalle ab. Dort standen bislang 16 Felder zur Verfügung.

Aufgestellt werden die stilecht in blau-weiß-schwarz gehaltenen „Wuzzler“ in den alten Räumen der HSV-Kultkneipe Lindenhof auf dem Gelände des Nachwuchszentrums des Fußball-Bundesligisten.

„Wir wollen, dass Tischfußball als Sport anerkannt wird“, sagt Henning Ramcke über den originären Kneipenspaß. Im August baute der 35-Jährige die Abteilung im HSV auf und profitierte dabei von seiner Erfahrung ausgerechnet bei St. Pauli.

Unter dessen Flagge hatte der HSV-Fan 2009 ein Tischfußball-Team gegründet, nachdem er bei seinem Herzensverein mit seiner Idee noch abgeblitzt war. In der Folge wuchs die Kicker-Abteilung auf St. Pauli rasant, die Braun-Weißen übernahmen die Vorherrschaft an Hamburgs Tischen.

Als Ramcke im vergangenen Jahr einen erneuten Anlauf beim HSV unternahm, konnte er den Club endlich von seinem Konzept überzeugen. „Der HSV wird ja eher als konservativer Verein wahrgenommen, das soll sich jetzt ändern“, sagt Ramcke über den Pioniersport beim Bundesliga-Dino.

Tischfußball im Sportunterricht

Die Vorzüge des Tischfußballs bringt der Vater eines Sohnes auch der HSV-Patengrundschule an der Knauerstraße näher - im Sportunterricht. Durch Kickern werde schließlich Motorik und Koordination geschult.

Davon überzeugten sich in der neuen Abteilung auch schon die HSV-Profis Tolgay Arslan und Zhi-Gin Lam. Ob sich zum Eröffnungsturnier trotz Spiels gegen Nürnberg ebenfalls Fußballer aus dem Bundesligakader die Ehre geben, steht noch nicht fest. „Verletzte gibt es ja eigentlich genug“, sagt Ramcke.

Der Funktionär hofft ansonsten, vor allem auch Fans des HSV für seine Leidenschaft begeistern zu können: „Für die gab es am Nachwuchszentrum bisher eher wenige Angebote.“ Für eine Mitgliedschaft müssen Kicker-Interessenten die Raute allerdings nicht zwangsläufig im Herzen tragen.

„Es gibt auch eine Ecke mit grünen Tischen und eine mit gelben, da fühlen sich selbst Dortmund-Fans wohl“, scherzt Ramcke. Bespielt werden können die Felder für einen monatlichen Beitrag von sechs bis neun Euro. „So günstig gibt es das sonst nirgends“, sagt Ramcke.

Rivalität geringer als beim Fußball

Ausgestattet ist das neue Zentrum mit den derzeit besten Profitischen. Für besondere Momente kann sogar ein rund 3000 Euro teures Premium-Modell aufgebaut werden. Etwa, wenn der HSV auf St. Pauli trifft.

In seiner noch jungen Geschichte bekam es das HSV-Team in der 2. Hamburger Kickerliga zweimal mit dem Rivalen zu tun. Einem Sieg steht dabei eine Niederlage gegenüber.

Bald wird es wohl noch mehr Derbys geben, den bislang zehn HSV-Mannschaften sollen noch weitere folgen. „Im Moment boomt Tischfußball tierisch“, sagt Ramcke. Vor allem in Hamburg: Die Hansestadt stellt hinter dem Saarland den zweitgrößten deutschen Verband.

Böse über seinen Wechsel war Ramcke bei St. Pauli übrigens niemand, die wenigen Frotzeleien ertrug der HSV-Fan mit Fassung. „Das wird alles nicht so eng gesehen wie im richtigen Fußball“, sagt Ramcke über die Rivalität unter Tischkickerkollegen.

Info: Die Teilnahme am Eröffnungsturnier ist kostenlos. Start ist am Sonnabend, 15. März um 10 Uhr in den Räumen der ehemaligen Gaststätte Lindenhof auf dem Gelände des HSV-Nachwuchszentrum in Norderstedt (Ulzburger Straße 94). www.hsv-tischfussball.de