Die Entertainerin liegt nach zwei Durchgängen 50 Sekunden hinter der Spitze

Sotschi. Dreimal, erzählte Vanessa Mae, 35, und lächelte, dreimal sei sie fast auf die Nase gefallen. Aber am Ende ist ja alles gut gegangen: „Ich bin ins Ziel gekommen, das war die Hauptsache.“ Fast 50 Sekunden hinter der führenden Tina Maze und auf dem letzten Platz des olympischen Riesenslaloms, aber mal ehrlich: Wen stört das schon? Vanessa Mae jedenfalls nicht. Sechs Monate hat sie für diesen Moment trainiert – da ließ sich der zierliche Star des Wettbewerbs nicht einmal vom Dauerregen die gute Laune vermiesen.

Fröhlich stapfte die Frau, die als Geigerin mehr als zehn Millionen Alben in ihrer Karriere verkauft hat, nach ihrer Olympiapremiere aus dem Zielraum. „Es war cool“, versicherte Mae, die als 67. von 67 Frauen im Ziel immerhin eines schaffte: heil anzukommen. 15 Läuferinnen fielen allein im ersten Durchgang vorzeitig aus, sieben im zweiten. „Ich war froh, nicht verloren gegangen zu sein“, sagte sie. Ob sie denn keine Angst um ihre wertvollsten Werkzeuge, die Arme und Hände, hatte? „Ach“, antwortete sie, „heute kann man doch alles versichern lassen. Aber man muss das Leben genießen.“

Vanessa Mae wurde in Singapur als Tochter einer Chinesin und eines Thailänders geboren, sie wuchs in England auf. Um ihre Skifähigkeiten zu verbessern und die Teilnahme an den Spielen zu realisieren, zog sie vor einiger Zeit in die Schweiz nach Zermatt. Bei den Spielen in Sotschi startete sie unter dem Familiennamen ihres Vaters als Vanessa Vanakorn. Das Skifahren hatte sie mit vier Jahren gelernt, doch überstieg das Talent zum Geigespielen deutlich jenes zum Hangabfahren. Mit 13 Jahren schaffte sie es ins „Guinnessbuch der Rekorde“: Nie nahm ein jüngeres Kind als Solistin Beethovens und Tschaikowskis Violinkonzerte auf.

Mae wurde zum Weltstar und fühlt sich nun als Olympiateilnehmerin seltsam klein: „Das hier ist eine einmalige Chance im Leben. Vom Künstler zum Sportler zu werden ist eine beinahe surreale Erfahrung.“ Eine Skiverletzung hat sie übrigens auch hinter sich: 2009 fiel sie aus einem Lift und brach sich den Ellenbogen.

Im Januar profitierte sie von einer Regelung des Ski-Weltverbands FIS. Nationen, die keinen Athleten in den Top 500 der Weltrangliste haben, dürfen je einen Mann und eine Frau pro Disziplin zu den olympischen Skiwettkämpfen entsenden. Die erforderlichen Punkte sammelte sie auf den letzten Drücker und durfte nun in Sotschi starten. Als Letzte. Aber glücklich.